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SC Spelle-Venhaus: Auf einmal kommt der SV Meppen...

Niedersachsen-Meister hat sich seit 2011 empor gearbeitet

SC Spelle-Venhaus: Auf einmal kommt der SV Meppen...

Starke Identifikation: Viele Spieler des SC Spelle-Venhaus halten ihrem Verein schon über Jahre die Treue.

Starke Identifikation: Viele Spieler des SC Spelle-Venhaus halten ihrem Verein schon über Jahre die Treue. Uli Mentrup

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Es gibt sie noch, die Fußball-Märchen. Der SC Spelle-Venhaus aus dem Emsland wurde 2022/23 Meister der Oberliga Niedersachsen und schreibt gerade eines dieser Märchen mit der Teilnahme an der Regionalliga Nord. Doch der größte Erfolg der Vereinsgeschichte ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer langjährigen Entwicklung und grundsolider Planung.

Dennoch nennt Markus Schütte, ehemaliger Spieler, Co-Trainer und Jugendkoordinator sowie jetziger Sportlicher Leiter des SCSV, den Aufstieg des Klubs mit gut 2600 Mitgliedern und 350 ehrenamtlichen Helfern "Wahnsinn!". Die Speller, die seit Jahrzehnten zu den Topteams der Region zählen und nach dem Abstieg in die Bezirksliga 2011 einen neuen Höhenflug starteten, bilden mit Drittligaabsteiger SV Meppen die fußballerische Crème de la Crème im Emsland. "Hätte mir vor ein paar Jahren jemand gesagt, dass wir 2023 Punktspiele gegeneinander austragen...", sagt Schütte. Vergangene Saison betrug der Unterschied noch zwei Klassen.

Das Geheimnis des Aufstiegs ist bekannt: Es ist die Vereinsphilosophie. Die Speller Zauberformel heißt Entwicklung, für Verein und Spieler. Der Klub setzt auf Fußballer aus der Region. Der Radius rund um die Samtgemeinde mit etwa 15.000 Einwohnern, aus dem die Spieler kommen, dürfte 50 Kilometer betragen. Knapp die Hälfte der Spieler stammt aus der Kommune selbst oder angrenzenden Gemeinden. Die Identifikation ist groß. Viele Kicker sind schon seit drei oder vier Jahren dabei. Der schnelle Christoph Ahrens geht sogar ins 13. Jahr, Kapitän Torben Stegemann ins elfte. Bei den Vertragsverlängerungen im Winter wurde ein Mannschaftsfoto veröffentlicht: Bis auf zwei Spieler erteilten seitdem alle die Zusage für die nächste Saison. Die Kontinuität im Kader ist groß.

Mit dem Aufstieg wurde die Entwicklung der letzten Jahre gekrönt.

Hanjo Vocks, Trainer

Die Mannschaft ist der Star. "Mit dem Aufstieg wurde die Entwicklung der letzten Jahre gekrönt", sagt Coach Hanjo Vocks. Der 43-jährige Pädagoge ist seit Oktober 2018 im Amt. Zuvor war er Co-Trainer beim SCSV. Davor war er auch in den Nachwuchsleistungszentren des VfL Osnabrück und des Emslandes beim SV Meppen tätig. "Ein Glücksgriff", erklärt Schütte. Vocks verfügt über ein engmaschiges Netzwerk, setzt auf jüngere, gut ausgebildete Fußballer. Besonderen Wert legte er auf gute taktische Ausbildung, um im Spiel auf verschiedene Situationen reagieren zu können.

Die eingespielte Truppe verfügt über ein ziemlich ausgeglichenes Leistungsniveau. Sie hat auch längere Ausfälle der Leistungsträger Stegemann, Marcel Ruschmeier oder Torwart Bernd Düker sowie den Verlust von Torjäger Felix Schmiederer, der sich nach 16 Toren in der Winterpause nach Drochtersen/Assel verabschiedet hat, verkraftet. "Das ist unsere Stärke", weiß der Coach, dessen Team in den letzten 14 Saisonspielen ungeschlagen geblieben ist (36 Punkte).

Jesgarzewski-Transfer als Signal

Auf die mannschaftliche Geschlossenheit setzen die Emsländer auch in der Regionalliga. Dabei haben sie die Qualität durch fünf Zugänge verbessert. Ein Signal war die Verpflichtung von Abwehrspieler Janik Jesgarzewski, der nach acht Jahren beim SV Meppen über Ottensen in die Region zurückkehrte. Spelle setzt auf seine Erfahrung und Führungsqualität. Neben Jesgarzewski kamen Niklas Oswald (offensive Flügel, BW Lohne), Marius Kattenbeck (Torwart, GW Nottuln), Steffen Schepers (Stürmer, SV Holthausen/Biene) und Ben Wittenbernds (Außenverteidiger, SV Meppen U 19).

Ziel ist der Klassenerhalt. Das ist für Vocks kein Kampf gegen Windmühlen, obwohl der Verein mit 200.000 Euro vermutlich über den kleinsten Etat der Liga verfügt. "Wir lagen schon in der Oberliga nur im oberen Drittel." Für die Spieler geht es nicht um das große Geld. "Sie arbeiten auf Minijob-Basis", erklärt Schütte eine außergewöhnliche Situation. "Alle haben einen Job oder sind in der Ausbildung. Fußball kommt on top", betont Vocks.

Kurzfristige Unruhe

Der SC Spelle-Venhaus gilt als grundsolide. Er hat sogar jeweils einmal auf den Lizenzantrag zur Ober- (2013) und zur Regionalliga (2020) verzichtet. Das sorgte kurzfristig für Unruhe. "Aber ich kann es verstehen", stellt Schütte fest.

Jetzt hat der Verein seine Hausaufgaben gemacht, muss nur ein paar Auflagen im Gästebereich erfüllen. Das Getränke Hoffmann Stadion ist ein Schmuckkästchen, auf dessen Areal sechs Spielfelder zur Verfügung stehen. Am Hauptplatz mit einem Fassungsvermögen von knapp 4000 Zuschauern gibt es zwei Tribünen. Flutlichtspiele sind auch auf Kunstrasen möglich.

In der Regionalliga kalkuliert der SCSV vorsichtig mit einem Schnitt von 600 bis 700 Zuschauern. Rund 500 waren es in der Oberliga. Und der Aufstieg hat für einige Euphorie gesorgt.

Uli Mentrup

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