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RWA-Coach Golombek: "Mir ist die Mission wichtig"

Gegenentwurf zu Ex-Trainer Zimmermann

RWA-Coach Golombek: "Mir ist die Mission wichtig"

Gibt die neue Richtung vor: Andreas Golombek will Ahlens Künstler wieder zu Malochern machen.

Gibt die neue Richtung vor: Andreas Golombek will Ahlens Künstler wieder zu Malochern machen. IMAGO/Otto Krschak

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"Oh, oh ..." Er wisse noch genau, was er gedacht habe. Nichts Gutes jedenfalls. Als ihn der Zufall im August 2022 ins Wersestadion gespült hatte und RW Ahlen damals gegen Bocholt zweimal eine Führung zum 2:2 verspielte, fand er das schon irgendwie bedenklich. Da konnte Andreas Golombek allerdings noch nicht ahnen, dass er ein halbes Jahr später in Bocholt viel Schlimmeres erleben würde. Nur diesmal nicht auf der sicheren Tribüne, sondern auf der sturmumtosten Bank. Das 2:4 im Februar war der Tiefpunkt, seitdem Golombek im Dezember Ahlen übernommen hatte. Und da mehr "Oh, oh" beim besten Willen nicht reinpasst, soll es die Kehrtwende gewesen sein.

Was anschließend zu Hause in der Kabine passiert ist, gehört zur Vereinsüberlieferung. "Keiner von den Spielern ist nach drei Stunden Aussprache rausgekommen", grinst Geschäftsführer Gero Stroemer, der nebenan wohl die Stoppuhr bedient hat. "Muss wohl eine sehr klare Ansage gewesen sein." Tatsächlich war der neue Mann ans Eingemachte gegangen. "Ich habe die Sorge, dass es Spieler gibt, die es nicht besser können. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren", ließ der 54-Jährige die Tür nur noch einen schmalen Spalt offen.

Wie es scheint, mit Erfolg: Das folgende Remis gegen Wuppertal und der Sieg über Aachen waren dann auch die ersten Punkte für RW Ahlen seit Golombeks Amtsantritt als Nachfolger von Andreas Zimmermann. Es wurde auch höchste Zeit, aber das Erbe von "Zimbo" erwies sich in knapp über zwei Monaten alles andere als lukrativ. Die Zeit war knapp. Erst recht, da die neuen Methoden für den Klassenerhalt deutlich weniger zirkusreif sind. "Wenn das den Spielern so eingebläut wurde, kriegt man das schwer aus den Köpfen wieder raus", sagt Golombek. "Es ist natürlich ein tolles Spektakel, wenn man im besten Fall vier Tore kassiert und fünf Tore schießt. Aber das gefällt nicht jedem", seufzt der Fußballlehrer. "Und es klappt auch nicht immer."

Mir ist die Mission wichtig. Und wenn sie mich nicht mögen, dann sollen sie wenigstens das Team unterstützen.

Andreas Golombek

Damit aber und mit seinen "Hauruck"- und "Gras fressen"-Methoden hat sich Zimmermann in zwei Jahren einen Ruf wie Donnerhall erarbeitet. Seine Art liebten die Fans, seine Schlachten mit offenem Visier waren - wenn sie denn funktionierten - ein Augenschmaus. Und "Zimbos" Kampfansagen bleiben legendär. Die Nummer eins im Münsterland wolle man werden, unausgesprochen stellte der Trainer für diese Saison gar einen absoluten Spitzenplatz in Aussicht. Bergeweise Zucker für rot-weiße Freunde.

Der schulterklopfende Malocher kam gut an an der Werse. "Das war seine Philosophie", sagt Golombek völlig ohne Ironie. "Das ist doch gut und schön anzuschauen, solange man fünf macht, wenn man vier kriegt. Aber", erklärt er, "es können auch Zweifel bei den Spielern aufkommen." Und wenn dann eine gewisse Beratungsresistenz dazukommt, ein Misstrauen gegen jede Neuerung oder Änderung, dann wird es nach zwei Pleitenserien und auf einem Abstiegsplatz stehend selbst für den nach außen so jovialen Mann aus dem Volke schwer. "Oh, oh", hieß es bei Zimmermann im November - und Golombek trat an, das fallende Messer wieder aufzufangen.

Nächste Spiel

Wie schwer das war, zeigte sofort das 3:4 in Wattenscheid. "Wir haben 2:0 geführt", erinnert sich Stroemer. "Dann verfallen die Jungs in Zimmermann-Fußball und kassieren noch vier Tore." Golombek hatte es als neutraler Zuschauer schon im August gegen Bocholt gesehen. "Draufgehen, wildes Pressing, das geht nicht lange gut." Also dreht er jetzt den Schalter zurück auf null. Keine Gegentore, Vorstöße nur aus einer sicheren Hintermannschaft - all das öde Zeug also, mit dem man die Galerie nicht gewinnt, aber vielleicht Spiele. Golombek kennt seine Pappenheimer: "Na ja, sind halt viele Künstler in Ahlen. Die muss ich wieder zu Malochern machen."

Die vergangenen vier Punkte, die er geholt hat, könnten ihm recht geben. Und seine Erfahrung. Lotte, Rheden, Verl - alle hat er wieder auf festen Grund geführt. "Man muss wissen, wie man die Leute packen kann", sagt er. "Das kriege ich auch in Ahlen hin." Muss er nur noch die Fans überzeugen, von denen manche noch Zimmermann hinterhertrauern. "Das ist mir egal", sagt Golombek. "Mir ist die Mission wichtig. Und wenn sie mich nicht mögen, dann sollen sie wenigstens das Team unterstützen." Bis dahin reicht dem "Zimbo"-Gegenentwurf ein einziges Tor - solange hinten die Null steht. Mag etwas fad klingen. Aber ein erschrecktes "Oh, oh …" erspart man sich so. Und nur darum geht es.

Uwe Gehrmann

Die Trainer in der Regionalliga West