Aus Berlin berichten Paul Bartmuß und Thomas Müller
Auch einige Minuten nach Ende der Partie lieferte Sina Schellenberger das passende Bild zu diesem dramatischen Match. Die 24-Jährige stand in der Mixed Zone, gab gemeinsam mit ihrer Doppelpartnerin Interviews und zeigte ihre zitternde Hand. Trotz all der Erfahrung - die beiden spielen seit 2014 im Doppel und nahmen bereits 2015 zum ersten Mal an World Games teil - verlangte dieses Match einiges ab.
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Mit dem Rücken zur Wand zurückgekämpft
Nach der 1:0-Satzführung kippte das Match immer mehr auf die Seite der beiden Tschechinnen Foltova und Krejci. Im vierten Satz standen die beiden Spielerinnen des SV Schleusingen 90 plötzlich mit dem Rücken zur Wand. Kerkau bedeutete ihrem Trainer, dass eine Auszeit angebracht wäre. Die Chance auf eine Bronzemedaille schien sich zu verflüchtigen. Doch das eingespielte Doppel behielt die Nerven.
Auf diese Phase im Match angesprochen sagte Kerkau im Nachgang: "Ich hab' einfach mein Spiel gespielt - und Sina bringt mich schon runter. Ich bin stolz auf sie." Dieses Lob konnte Schellenberger nur zurückgeben: "Wir bringen uns gegenseitig runter, pushen uns aber gleichzeitig auch wieder hoch." Genau das konnte man im Spiel sehen: Satz vier wurde trotz des Rückstands noch gedreht. Im Fünften spielte das Unified-Team wieder stark auf - zitternde Hände machten sich dabei nicht bemerkbar.
Bei Unified-Wettkämpfen treten geistig behinderte Athleten im Tandem mit nicht geistig behinderten Sportlern an. Diese Variante gibt es in allen Sportarten der World Games, sie spiegelt den Inklusionsgedanken wider.
"Bestes gegeben, Ziel erreicht"
Tränen der Rührung bei Katrin Kerkau (li.) kicker
Im Jubel des Berliner Publikums verdrückte Kerkau direkt nach dem geglückten Matchball einige Freudentränen. Bei ihrer World-Games-Premiere 2015 in Los Angeles sprang für das Duo damals Gold heraus. Wurde deshalb ein Ziel verfehlt? Nein, findet Schellenberger: "Wir haben im Endeffekt unser Bestes gegeben, damit ist schon mal das Ziel erreicht". Auch wenn das deutsche Doppel gern "weiter vorne mitgespielt" hätte, hatte es in der Vorrunde gegen die späteren Siegerinnen aus Luxemburg das Nachsehen.
Kerkau hat nun im Einzel noch Chancen auf eine gute Platzierung. Doch der Moment am Mittwochnachmittag, gemeinsam mit ihrer Unified-Partnerin und dem Trainer zu jubeln, hat dieses Event schon zu einem ganz besonderen werden lassen.