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Rot-Weiß Erfurt: Insolvenz beendet, sportliche Krise bleibt

Unterschiedliche Gefühlswelten beim Traditionsklub

Rot-Weiß Erfurt: Insolvenzverfahren beendet, aber sportliche Krise bleibt

Seit dem Einstieg von Franz Gerber geht es finanziell bergauf mit Rot-Weiß Erfurt. Sportlich stecken die Thüringer aktuell aber in der Krise.

Seit dem Einstieg von Franz Gerber geht es finanziell bergauf mit Rot-Weiß Erfurt. Sportlich stecken die Thüringer aktuell aber in der Krise. Sascha Fromm

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"Schade, dass wir diese positiven Nachrichten für den Verein nicht nutzen konnten", sagte Stürmer Artur Mergel. Dem Viertelfinal-Aus im Landespokal folgte gegen Hertha BSC II nun die nächste Pleite. Erfurt holte aus den letzten zehn Pflichtspielen nur einen einzigen Sieg.

Dabei erscheint es im Nachhinein betrachtet wie ein Wunder, dass der Klub überhaupt noch auf der Fußball-Landkarte zu finden ist. Denn im am 1. Juni 2018 eröffneten Insolvenzverfahren stand der Klub mehrfach vor der Auflösung. Im Januar 2020 meldete als vorläufiger Tiefpunkt der damalige Insolvenzverwalter Volker Reinhardt die Mannschaft vom Spielbetrieb ab. Wenige Monate später stieg Ex-Bundesliga-Manager Franz Gerber zwar als Investor ein, gründete die FC Rot-Weiß Erfurt Fußball GmbH. Aber das Insolvenzverfahren schwebte wie ein Damoklesschwert über dem Klub.

Franz Gerber erleichtert

Verwalter Reinhardt, der im Herbst 2019 vergeblich den Versuch unternahm, den Spielbetrieb der ersten Mannschaft in eine GmbH auszulagern, war mit einem Teil der Gläubiger tief zerstritten. Laut eines durch das Amtsgericht Erfurt in Auftrag gegebenen Gutachtens sollen zahlreiche Pflichtverletzungen von ihm zu einem Gesamtschaden für die Gläubiger des Vereins von mindestens 1,5 Millionen Euro geführt haben. Nach Angaben des Insolvenzplanes hatte allein Reinhardt während seiner Amtszeit neue Schulden in Höhe von 3,1 Millionen Euro angehäuft. Im vergangenen April wurde er durch das Insolvenzgericht schließlich seines Amtes enthoben.

Entsprechend erleichtert war Franz Gerber nun, dass der neu bestellte Verwalter Olaf Spiekermann innerhalb eines halben Jahres mit den Gläubigern einen Konsens erreichte und am Freitag der Insolvenzplan mehrheitlich angenommen wurde. "Jetzt müssen wir den Schwung nutzen, um uns wirtschaftlich zu entwickeln", sagte Gerber.

Königstransfer Pronichev nicht im Kader

Sportlich liefert die Mannschaft dagegen im Augenblick wenig Argumente. Vom attraktiven Offensivfußball der vergangenen Saison ist kaum etwas zu sehen. Viele Spieler blieben unter ihren Möglichkeiten. Der im Sommer als Königstransfer bezeichnete Wechsel von Maximilian Pronichev hat seine Wirkung verfehlt. Beim 0:2 gegen Hertha BSC II saß der 26-Jährige noch nicht einmal mehr auf der Bank. Für die Winterpause kündigte Geschäftsführer Gerber an, den Kader umbauen und zwei Mentalitätsspieler verpflichten zu wollen.

Er holte im Sommer 2021 seinen Sohn Fabian als Cheftrainer nach Erfurt. Der einstige Bundesliga-Profi von Mainz 05 und des SC Freiburg führte die Mannschaft von der Oberliga zurück in die vierte Liga und entfachte mit Rang drei im Vorjahr eine Euphorie. Nun muss er, gerade als die Insolvenz beendet ist, die sportliche Krise erklären. "Ich kann die Enttäuschung verstehen. Klar haben viele davon geträumt, dass wir aufsteigen. Aber das waren Träumereien", sagte der Rot-Weiß-Trainer.

Badu: "Wir stecken mitten im Abstiegskampf"

Angesichts der schwierigen Vergangenheit appellierte er an den Realismus: "Wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen." Es gebe genügend Baustellen, die zu bearbeiten seien: "Wir haben keinen Athletiktrainer, wir müssen unser Scouting verbessern und können es uns finanziell noch nicht leisten, vor jedem Auswärtsspiel mit einer weiten Fahrt einen Tag eher anzureisen", nannte Gerber einige Beispiele, wo das Umfeld erst noch wachsen müsse, um Drittliga-Tauglichkeit zu erlangen.

Sportlich ist der Blick ohnehin im Moment nach unten gerichtet. "Wenn es noch keiner begriffen hat, wir stecken mitten im Abstiegskampf", verdeutlichte Abwehrspieler Malcolm Badu den Ernst der Lage.

Axel Lukacsek

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