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Reimers: "Im Mai wird bestimmt ein wehmütiger Moment kommen"

Schluss nach 17 Jahren HSV

Reimers im Interview: "Im Mai wird bestimmt ein wehmütiger Moment kommen"

Seine Zeit beim HSV endet: Pit Reimers.

Seine Zeit beim HSV endet: Pit Reimers. IMAGO/Eibner

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Herr Reimers, am Saisonende endet Ihre Tätigkeit als U-21-Coach beim HSV nach dann 17 Jahren. Werden Sie schon langsam wehmütig, oder überwiegt noch der sportliche Ehrgeiz?

Damit beschäftige ich mich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht. Das ist noch viel zu früh. Mein Fokus liegt ganz klar auf dem Hier und Jetzt. Wir haben mit der Mannschaft noch einiges vor in dieser Saison und wollen gemeinsam etwas erreichen. Die Arbeit mit den jungen Spielern macht mir unheimlich Spaß, jeder Tag ist wieder neu. Und irgendwann im Mai wird bestimmt ein wehmütiger Moment kommen.

Warum ist für Sie nach vier Jahren in der Regionalliga Schluss?

Ich bin jemand, der sich immer gern weitereinwickeln möchte. Ich habe es als großes Privileg angesehen, dass ich im Nachwuchsbereich beim HSV von der U 12 bis zur U 21 fast jede Mannschaft trainieren konnte. Nun spüre ich, dass der Moment gekommen ist, um den nächsten Schritt zu gehen.

War die Vizemeisterschaft in der vergangenen Saison Ihr schönstes Jahr, oder gab es auch andere herausragende Erlebnisse?

Alle Altersklassen hatten ihre Highlights. Ich denke da beispielsweise an Hallenturniere mit der U 12 und U 13, an die ersten überregionalen U-15-Turniere, an eine tolle B-Jugend-Bundesligasaison mit Platz drei. Aber vor allem ist es schön, viele unterschiedliche Menschen kennenzulernen und die Wege diverser Talente beobachten zu können. Diese Spieler auf dem Weg in den Profibereich begleiten zu dürfen und ihre Entwicklung hautnah mitzuerleben, macht mich glücklich und stolz zugleich.

Durch Ihre Hände sind viele Talente gegangen, die inzwischen im Profibereich sind. Gibt es da noch Kontakt, und wer hat Sie sportlich am meisten positiv überrascht?

Da kann und möchte ich niemanden herausheben. Natürlich sehe ich die Jungs am liebsten mit der Raute auf der Brust. Aber dieser direkte Weg ist nunmal sehr schwer. Deshalb freue ich mich umso mehr, wenn ich mir am Wochenende die Aufstellungen von der Bundesliga bis zur 3. Liga anschaue und einige bekannte Namen wiederfinde.

Für mich persönlich sind meine eigene Wahrnehmugen immer am wichtigsten.

Pit Reimers

Aber rund 80 Prozent der vielversprechenden Talente schaffen es auch nicht. Dabei haben Sie sicher bei denen genauso viel Herzblut in die Arbeit gesteckt. Ist das für einen Trainer nicht frustrierend?

Nein, das sehe ich anders. Diese Jungs haben einen großen Anteil daran, dass es ihre Mitspieler geschafft haben. Es geht im Fußball nur als Team. Nur wenn sich eine Mannschaft als Gruppe weiterentwickelt, kann auch der einzelne Spieler den nächsten Schritt machen. Ich achte sehr darauf, dass das große Ganze stimmt und die Jungs den Teamgedanken leben. Das mag in den jüngeren Klassen leichter funktioniere. Aber bei uns sind die Übergänge aus der U 19 oder von den Profis eher fluide - da muss trotzdem immer wieder zu sehen sein, dass eine Mannschaft auf dem Platz steht, die gemeinsame Werte vertritt.

Natürlich kann man die Arbeit in einer U 12 nicht mit der U 21 vergleichen - aber wie hat sich der Trainerjob im Nachwuchs insgesamt gewandelt?

Der Fußball ist bekanntlich sehr schnellebig, und auch wir Trainer müssen uns immer mal wieder anpassen und hinterfragen. Das betrifft sowohl die Anforderungen in den unterschiedlichen Altersklassen als auch die Entwicklungen im gesamten Fußball. Für mich persönlich sind trotzdem meine eigene Wahrnehmugen immer am wichtigsten. Aus diesen ziehe ich meine Rückschlüsse für die tägliche Arbeit mit den Jungs, um bei ihnen auch Emotionen schüren zu können.

Apropos: Haben Sie deshalb als U-21-Trainer noch nie gegen Werder Bremen oder St. Pauli verloren?

Das mag sein (schmunzelt). Es ist aber schon so, dass wir immer eine hohe Anzahl an Jungs im Team haben, die lange Jahre beim HSV spielen und so eine hohe Identifikation mit dem Verein entsteht. Und natürlich sind diese Duelle immer besonders, sonst müsste ich lügen. Besonders in den Derbys gilt es, einen guten Mix aus Leidenschaft und Lösungen für die Aufgaben auf dem Platz zu finden.

Was sind Ihre Ziele? Oder die berühmte Bewerbungsgespräch-Frage: Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Die Frage musste ja noch kommen (lacht). Ich freue mich jetzt erstmal auf die letzten Monate mit meiner U 21 - mit den Jungs, den Verantwortlichen und den Kollegen um die Mannschaft herum. Über alles Weitere mache ich mir zu einem späteren Zeitpunkt Gedanken, dazu bin ich aktuell viel zu sehr mit der Gegenwart beschäftigt. Dass ich diesem Verein immer eng verbunden bleiben werde, versteht sich von selbst, denn in dieser langen Zeit sind über das Sportliche hinaus Freundschaften entstanden.

Harry Borchardt

Die Trainer in der Regionalliga Nord