Bayern

Razzia beim TSV Aubstadt: Eine Drohgebärde?

"Behandelt worden wie Schwerverbrecher"

Razzia beim TSV Aubstadt: Eine Drohgebärde?

Hängepartie: Die Ermittlungen gegen den TSV Aubstadt könnten Monate dauern.

Hängepartie: Die Ermittlungen gegen den TSV Aubstadt könnten Monate dauern. imago/Zink

Mehr Regionalliga Bayern

Nun hat es eben einen der Kleinsten getroffen. Die Frage ist: Trifft es auch den Richtigen? Denn mit der Einordnung der Razzia beim TSV Aubstadt ist es nicht so einfach. Gilt die Aktion der Finanzkontrolleure, die sich am vergangenen Donnerstag in den frühen Morgenstunden ereignet hat, tatsächlich dem unterfränkischen Dorfverein? Oder statuiert die Staatsanwaltschaft ein Exempel an einem kleinen Regionalligisten, der sich dem Vorwurf des Sozialabgabenbetrugs ausgesetzt sieht? Klar ist: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Im 800 Einwohner zählenden Dorf, etwa 80 Kilometer nordöstlich von Würzburg, ist man dennoch überrumpelt worden. Die Anklage besagt, dass ein Verantwortlicher des TSV regelwidrige Bezahlmodelle bei seinen Spielern angewandt haben soll. Trifft das zu, dürften alle anderen Amateurvereine, die auf ähnliche Modelle zurückgreifen, gewarnt sein.

270 Fahnder im Einsatz

Donnerstag, 6.30 Uhr. Ein Kommando der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamts Schweinfurt erweckt die Aubstädter früher als gewöhnlich, verschafft sich Zutritt zum Vereinsheim, durchsucht es umfangreich und konfisziert Beweismaterial. Das Vorgehen der FKS sei unverhältnismäßig gewesen, so heißt es aus der Bevölkerung. Familien von Funktionären, Sponsoren und Helfern seien "behandelt worden wie Schwerverbrecher", nachdem sich bereits um 5.45 Uhr 30 Fahrzeuge im Gewerbegebiet des Nachbarorts Großeibstadt gesammelt hätten, wie ein ansässiger Unternehmer sagt. Auch die Zahl der Beamten ist bemerkenswert hoch, es waren über 100. Insgesamt waren 270 Fahnder unterwegs, auch bei einem anderen Regionalligisten, der aus dem Südwesten kommen soll.

Eine Stellungnahme der Polizei zur Art und Weise der Durchführung gibt es noch nicht. Fakt ist: Um 6.30 Uhr startete der Zugriff. Dabei fällt auf, dass sich kaum eine Stunde später bereits Journalisten des "Bayerischen Rundfunks" mit TV-Kameras vor Ort einfanden, die detailliert über die Vorgänge bei der Razzia berichteten. Da liegt es nahe, dass die Medien bereits vorab informiert wurden und gleich zu berichten wussten, dass sich zum Beispiel der Schadensbetrag für Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben für 2022 bei etwa einer halben Million Euro liegen soll.

Vier Stunden Verhör

Auch dieser Umstand deutet neben der hohen Zahl der Kräfte darauf hin, dass der Einsatz öffentlichkeitswirksam durchgeführt wird, nachdem ARD-Recherchen im Januar zeigten, dass gegenwärtig um die 500 Millionen Euro im Amateurfußball unterschlagen werden. Ob ein Bruchteil dieser Summe auch auf Aubstadt abfällt, wurde auch bei Spielern untersucht. Einer von ihnen sei um 6.30 Uhr von vier Beamten geweckt, anschließend viereinhalb Stunden vernommen worden. Sein Arbeitsvertrag sowie die Lohnzettel wurden konfisziert.

Hintergrund der Aktion: Bei der Staatsanwaltschaft Würzburg sei ein Verfahren gegen einen Beschuldigten eines Regionalligisten wegen des Verdachts auf Schwarzlohn-Auszahlungen anhängig, so eine Erklärung des Hauptzollamts. Spieler und Trainer seien auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung als Vertragsamateure (Minijob) zur Sozialversicherung gemeldet. Es lägen aber Erkenntnisse vor, dass zusätzliche Zahlungen ohne die Entrichtung von Lohnsteuer und Sozialabgaben geleistet wurden. Inzwischen, so die Staatsanwaltschaft in Würzburg, seien die maßgeblichen Beweismittel gesichert. Die Auswertung - auch von Daten, die beim Bayerischen Fußball-Verband angefordert wurden -, werde mehrere Wochen - wenn nicht Monate - in Anspruch nehmen. Es droht eine Geldstrafe. Erfahrungsgemäß dürfte die jedoch "nur" im hohen sechsstelligen Bereich liegen, dazu kämen noch womöglich ausstehende Sozialleistungen.

Rudi Dümpert, Michael Postl

Die Stadien in der Regionalliga Bayern