Bayern

Plötzlich mittendrin im Regionalliga-Geschehen

Kurioses Debüt an der Seitenlinie

Plötzlich mittendrin im Regionalliga-Geschehen

Von der Tribüne an die Seitenlinie: Quirin Baumann musste im September unerwartet beim Regionalliga-Spiel zwischen Burghausen und Aubstadt aushelfen.

Von der Tribüne an die Seitenlinie: Quirin Baumann musste im September unerwartet beim Regionalliga-Spiel zwischen Burghausen und Aubstadt aushelfen. IMAGO/Christoph Worsch

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Fünf Spieler darf jeder Fußballtrainer seit der Corona-Pause einwechseln. Das sind - ganz nüchtern betrachtet - fünf Chancen, um als Trainer neue Impulse zu setzen. Das ist Normalität. Stattdessen selten kommt es allerdings vor, dass nicht die Spieler den Abpfiff auf dem grünen Rasen nicht erleben, sondern der Schiedsrichter. Was am 30. September, dem 14. Spieltag der Regionalliga Bayern, in der Wacker-Arena beim Spiel zwischen Burghausen und dem TSV Aubstadt (4:0) passierte, ist demnach unschwer als die bislang kurioseste Auswechslung der Saison zu bezeichnen.

Zunächst zur Vorgeschichte. Seine Spiele leitet der aus Mittelkirchen im Landkreis Rottal-Inn stammende Quirin Baumann, zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 18 Jahre jung, eigentlich in der Kreisliga. Als Assistent steht er hin und wieder in der sechstklassigen Landesliga an der Seitenlinie. Gut möglich, dass dort mal an die 100 bis 200 Zuschauer am Sportplatz stehen, nicht etwa wie in Burghausen in einer Arena sitzen.

Zufällig im Stadion

Nun aber zum besagten Freitagabend im Spätseptember in der Wacker-Arena. Es läuft die 29. Minute, als Wacker-Spieler Edin Hyseni auf Höhe des Mittelkreises den Schiedsrichter Tobias Wittmann vom SV Wendelskirchen aus knapp fünf Metern unabsichtlich mit dem Ball im Gesicht trifft. Der 27-Jährige geht infolgedessen mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck zu Boden, wirkt benommen, aber schafft es gerade noch so die Partie mit einem leisen Pfiff zu unterbrechen. Zunächst bleibt der Niederbayer regungslos auf dem Rasen liegen, ehe seine beiden Assistenten zu ihm eilten. Auch die medizinischen Betreuer des SV Wacker sprinteten kurzerhand zum hilfsbedürftigen Wittmann, der überraschend nach dreiminütiger Unterbrechung weitermachen konnte. Allerdings nur temporär. Zur Halbzeit war dann Schluss, der Niederbayer blieb mit einer später diagnostizierten Gehirnerschütterung und einem abgesplitterten Vorder- zahn in der Kabine. Selbst möchte sich der 27-Jährige nicht zu diesem Vorfall äußern.

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Zufällig im Stadion an diesem Abend war der niederbayerische Kreisschiedsrichterobmann Matthias Braun mit seinem jungen Schützling Baumann. "Wenn schon ein Schiedsrichter aus unserem Bezirk in der Regionalliga pfeift, wollten wir das sehen", sagt Braun über Wittmann. Er schildert die hektischen Szenen in der Halbzeit so: "Stefan Dorfner, einer der Schiedsrichterassistenten, kam aus der Kabine und blickte auf die Tribüne, weil er wusste, wo ich sitze", erzählt Braun und fügt an: "Er deutete mir, dass ich runterkommen soll." Braun, früher selbst als Unparteiischer höherklassig unterwegs, war binnen einer Minute am Spielfeldrand angekommen. "Stefan hat mir dann gesagt", erzählt er, "dass Tobias nicht mehr weitermachen kann und sie einen Ersatz brauchen." Braun zögerte derweil nicht und dachte an den Nachwuchsschiedsrichter Baumann, der ihn beim Stadionbesuch begleitet hatte.

Unverhofftes Highligt

Der 18-Jährige wiederum hatte sich eine Bratwurstsemmel gekauft, als ihn der Kreisschiedsrichterobmann über das Vorhaben informierte. "Er sagte, ich müsse als Assistent einspringen. Zuerst konnte ich das nicht glauben", erinnert sich Baumann und ergänzt: "Als ich im Kabinentrakt stand, wurde ich nervös." Ihm sollte sein bisheriges Karrierehighlight bevorstehen - und das völlig unverhofft. Anfangs habe er nicht so recht mitbekommen, was um ihn herum passiert war. "Mitte der zweiten Halbzeit habe ich mich umgeschaut. Es war beeindruckend", sagt Baumann. 762 Zuschauer waren an diesem Abend in der Wacker-Arena. "Er hat aus dem Nichts eine hervorragende Leistung abgeliefert", beurteilt Braun.

Derweil hat sich Schiedsrichter Tobias Wittmann erholt: Nur eine Woche später war er beim Drittligaspiel Zwickau gegen Wiesbaden (0:1) als Linienrichter gefordert - dieses Mal unversehrt.

Alex Nöbauer

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