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Pacult im Interview: "Rapid müsste man eigentlich über uns stellen"

Der Klagenfurt-Coach kehrt nach Hütteldorf zurück

Pacult im Interview: "Rapid müsste man eigentlich über uns stellen"

Peter Pacult kehrt am Sonntag nach Hütteldorf zurück.

Peter Pacult kehrt am Sonntag nach Hütteldorf zurück. GEPA pictures

Herr Pacult, die österreichische Nationalmannschaft hat sich unter der Ägide von Ralf Rangnick souverän für die EM in Deutschland qualifiziert. Sie haben bei seiner Bestellung zum Teamchef Kritik an der Entscheidung des ÖFB geübt. Müssen Sie diese nun revidieren?

Meine Kritik hatte mit der Person Rangnick nichts zu tun. Ich weiß nicht, warum man das im Journalismus nicht verstehen will. Es ist einfach darum gegangen, ob man nicht im eigenen Land einen österreichischen Trainer nehmen sollte, wenn man bereits zweimal zuvor einen Ausländer hatte und da auch durchaus Kritik aufgekommen ist. Daher muss ich mich auch nicht entschuldigen. Der ÖFB hat diese Entscheidung getroffen und die gilt es nun zu akzeptieren. Jetzt spricht jeder positiv über Ralf Rangnick, aber dafür ist er ja auch bestellt worden. Glückwunsch an den ÖFB, Glückwunsch an die Mannschaft, dass wir es souverän geschafft haben, uns für die Europameisterschaft zu qualifizieren. Wir haben es in einer Gruppe geschafft, die nicht einfach war. Da kann man nur gratulieren. Es ist ihnen zu wünschen, dass sie auch bei der Europameisterschaft ihre tollen Leistungen zeigen können. Wir haben in der Nationalmannschaft einen breiten und qualitativ hochwertigen Kader, der sich nach der Europameisterschaft vielleicht wieder verändern wird.

Was trauen Sie der Nationalmannschaft in Deutschland zu?

Das wird man sehen. Man muss abwarten, was die Auslosung hergibt und welche Gruppengegner die Mannschaft bekommt. Da kann man jetzt noch nicht viel sagen. Aber dass wir gegen große Nationen mithalten und guten Fußball zeigen können, haben wir in den vergangenen Jahren schon gezeigt.

Kommen wir zu Austria Klagenfurt. Ihre Mannschaft war beim 2:2-Unentschieden gegen Salzburg in den letzten 60 Minuten die bessere Mannschaft, Sie haben aber auch von "echt schlechten" 30 Anfangsminuten gesprochen. Woran haben Sie mit der Mannschaft in der Länderspielpause gearbeitet?

Wir haben uns in diesen zwei Wochen nicht lange mit dem Salzburg-Spiel aufgehalten. Die Spieler wissen ganz genau, was in den ersten 30 Minuten nicht gepasst haben. Daher müssen wir nichts neu erfinden. Wir haben in diesen zwei Wochen ganz normal trainiert und nichts Besonderes gemacht. Wir haben uns auf die nächsten sieben Spiele - sechs Meisterschaftsspiele und ein Pokalspiel - vorbereitet. Die sind jetzt einmal wichtig und darauf wurde der Fokus gelegt. Wir wollen für die kommenden Aufgaben fit sein.

Man kann nicht immer nur erwarten, dass dich die Zuschauer mitreißen, sondern muss ihnen auch etwas bieten.

Peter Pacult

Das Verhältnis mit den Zuschauern in Klagenfurt war nicht immer das beste, gegen Salzburg wurde die Mannschaft nach dem Schlusspfiff jedoch gefeiert. Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Team allmählich mehr Anerkennung erfährt?

Wir hatten auch in der Vergangenheit schon oft gute Stimmung im Stadion. Natürlich ist das Publikum nicht zufrieden, wenn man zuhause nicht gewinnt und nur auswärts Punkte holt. Wenn man das Spiel gegen Salzburg hernimmt, war mit den ersten 30 Minuten keiner im Stadion zufrieden. Aber als sich die Mannschaft in das Spiel hineingearbeitet hat, wurde die Stimmung einfach immer besser. In den letzten 60 Minuten war das Publikum dann auf unserer Seite, aber wir können es uns nicht oft erlauben, dass wir in den ersten 30 Minuten nicht im Spiel sind. Die Mannschaft nimmt das Publikum mit, das Publikum nimmt die Mannschaft mit. So war das in diesem Spiel. Ich hoffe, dass das in Zukunft auch so sein wird und wir die dementsprechende Unterstützung haben. Man kann nicht immer nur erwarten, dass dich die Zuschauer mitreißen, sondern muss ihnen auch etwas bieten. Das war in meiner Zeit ja nicht anders. Auf der anderen Seite ist es aber wichtig, dass man auch Unterstützung hat, wenn es einmal schlecht läuft.

Wenn man sich das etwas größere Bild vor Augen führt, hat Klagenfurt einen unglaublichen Weg hinter sich. Nach dem Aufstieg qualifizierte sich die Mannschaft zweimal in Folge für das obere Play-off. Welche Erklärung haben Sie dafür, dass der Verein so schnell in der Bundesliga anbekommen ist?

Wir waren sportlich einfach relativ erfolgreich. Wir sind als Aufsteiger gleich in die Meistergruppe gekommen, das ist vorher ja noch keiner Mannschaft gelungen. Das war natürlich ein Riesenaufschwung für uns. Dass die zehn Spiele im oberen Play-off für uns dann nicht einfach waren, ist auch verständlich und erklärbar, gar keine Frage. Wir hatten bei Weitem nicht die Qualität, um gegen die Topvereine zu bestehen. Aber man muss auch bedenken, dass der LASK, Rapid und die Austria die Meistergruppe in der Vergangenheit schon verpasst haben. Mit unseren Möglichkeiten haben wir also das Beste daraus gemacht. Die Spieler konnten in diesen zwei Jahren wirklich ihr maximales Leistungsvermögen abrufen. Dadurch ist es uns gelungen, oben dabei zu sein. Mir war aber auch bewusst, dass die Luft dort dünn ist. Das ist dem Zuschauer schwer zu erklären, weil er ja ins Stadion kommt, um Siege zu sehen. Und wenn du dann andauernd verlierst, ist das natürlich auch nicht angenehm. Aber das war ein Lernprozess und wir konnten einiges mitnehmen. Wir haben auch in der vergangenen Saison versucht, das Beste aus unseren Möglichkeiten zu machen. Der große Vorteil ist dann, dass der Verein schon relativ zeitig für die Zukunft planen kann. Jetzt müssen wir schauen, wie diese Saison verläuft. Momentan ist das sehr positiv, aber heuer haben wir den Unterschied, dass die Mannschaften von Platz drei bis zehn sehr eng zusammenpicken. Da gibt es keinen großen Abstand. Wir müssen schon weiterhin danach trachten, Punkte zu sammeln.

Das Erreichen der Meistergruppe scheint als aktueller Tabellenfünfter erneut möglich. Sie haben vor der Saison den Klassenerhalt als Ziel ausgegeben. Muss sich der Verein allmählich vom Image als kleiner Klub verabschieden?

Nein, wir wissen einfach um unsere finanziellen Möglichkeiten. Wenn man sich diesen Transfersommer ansieht und schaut, wer uns verlassen hat und wer neu gekommen ist, haben wir eher Abstriche machen müssen. Wenn ich andere Mannschaften bei uns in Österreich hernehme, die bis zu zehn Spieler ausgewechselt haben ... Das war bei uns nicht der Fall. Wir haben im Prinzip zwei Spieler dazubekommen. Der eine ist Iba May, der leider noch immer mit seinem Knorpelschaden im Knie zu kämpfen hat und eventuell erst im Jänner zurückkommt. Und der zweite ist Turgay Gemicibasi, der ausgeliehen war. Ansonsten haben wir bis auf ein paar junge Spieler nicht viel gemacht. Von daher haben wir im Gegensatz zu anderen Vereinen schon gewisse Defizite. Ich glaube, wir wären gut beraten, nicht immer von Platz sechs zu reden. Wir wollen eine gute und erfolgreiche Saison spielen. Das bedeutet für uns den Klassenerhalt. Wenn mehr herausschaut, ist das umso erfreulicher. Aber man muss aufhören, immer von Platz sechs zu reden. Denn dann vergisst man, die eigenen Hausaufgaben zu machen.

Diese Teams begehen die meisten Fouls

Nicolas Binder schien zuletzt auf dem Weg zurück, verletzte sich bei einem Einsatz für die Amateure aber wieder und steht der Mannschaft daher erneut nicht zur Verfügung. Mit welcher Ausfallzeit rechnen Sie bei ihm?

Wir haben jetzt Mitte Oktober und er ist jetzt sicher einmal drei Wochen weg. Ich will keinen Zeitraum angeben, aber es ist für den Spieler und den Verein natürlich bitter und enttäuschend. Wir könnten einen Spielertypen wie ihn ganz gut benötigen. Wir werden jetzt aber nichts alles übers Knie brechen. Das bringt uns nichts und hilft uns nicht weiter. Wir müssen schauen, dass er fit wird und dann wird man sehen, ob es heuer noch zu einem Einsatz reicht oder nicht.

Am Sonntag wartet auf Ihr Team das Gastspiel bei Rapid. Während die Wiener den höchsten Expected-Goals-Wert aller Teams haben, ist Ihre Mannschaft hinter Sturm die zweiteffizienteste der Liga. Laut dieser Statistik liegt die Torananzahl von Klagenfurt mit 15 Treffern 5,4 Tore über dem zu erwartenden Wert. Was sagen Sie zu dieser Statistik?

Das ist mir ganz wurscht. Es zählt, was unter dem Stich herauskommt und welches Ergebnis nach 90 Minuten steht. Vielen wird diese Aussage natürlich nicht gefallen, weil sie sagen, dass man schon auf Statistiken schauen soll. Aber im Fußball zählen Ergebnisse, die sind entscheidend.

Wie sehen Sie die Entwicklung von Rapid in dieser Saison?

Es steht mir nicht zu, etwas über die Entwicklung von Rapid zu sagen. Dafür bin ich nicht nah genug dran.

Es ist für jeden Spieler etwas Besonderes, bei Rapid zu spielen, weil die Stimmung dort sensationell ist.

Peter Pacult

Ist Rapid für Sie in dieser Saison ein Konkurrent auf Augenhöhe? Mit einem Blick auf die Tabelle scheint es so.

Rapid müsste man eigentlich über uns stellen. Ich glaube, das kann man einfach so sagen. Es ist sicher nicht der Anspruch, sich eventuell mit Klagenfurt um einen Platz im oberen Play-off zu streiten. Das kann nicht der Anspruch von Rapid sein. Und das verstehe ich auch.

Klagenfurt ist in der laufenden Saison auswärts noch ohne Niederlage. Worauf wird es ankommen, dass diese Serie auch nach dem kommenden Sonntag noch anhält?

Wir wollen so wenige Chancen und Tore wie möglich zulassen (lacht). Nein, es ist für jeden Spieler etwas Besonderes, bei Rapid zu spielen, weil die Stimmung dort sensationell ist. Nicht nur, was die Choreo betrifft, sondern einfach auch die reine Anzahl an Zuschauern. Wenn dort 17.000 oder 18.000 Fans sind, ist das im Vergleich zu allen anderen Stadien eine tolle Kulisse. Da kann bis auf Red Bull eigentlich eh niemand mithalten, weil die Stadien einfach zu klein sind. Auch Sturm Graz mit den tollen Fans nicht, weil dort nur etwas mehr als 15.000 Leute reinpassen. Rapid verfügt über ein größeres Fassungsvermögen und daher ist es für jeden Spieler besonders, dort aufzutreten. Das kann positiv und negativ sein. Positiv in dem Sinne, dass man durch die Stimmung zusätzlich gepusht wird, negativ zum Beispiel bei einem Rückstand. Das kennt man aus der Vergangenheit und wird bei Rapid immer so sein. Man muss daher als Mannschaft funktionieren und dort mit dem nötigen Selbstbewusstsein auftreten.

Anfang November geht es im Cup für Ihre Mannschaft erneut nach Wien, mit dem Auswärtsspiel bei der Wiener Austria wartet eine schwierige Aufgabe. Haben Sie ein mögliches Endspiel in Ihrem Heimstadion dennoch bereits im Hinterkopf?

Das Enttäuschende ist, dass ich mit Klagenfurt bei drei Cup-Auslosungen dabei war und wir nicht ein Heimspiel hatten. Im Endeffekt ist es im Pokal so, dass nur der Titel zählt. Wenn man im Finale dabei ist, ist das zwar schön, aber man ist trotzdem der erste Verlierer. Wir wollen gegen die Austria versuchen, eine Runde weiterzukommen, wissen aber auch, dass die Aufgabe nicht leicht wird. Bis dorthin vergehen aber noch ein paar Tage.

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