Österreichs Nationaltrainer Marcel Koller vertraute zum Turnierstart auf gleich sechs Bundesligaspieler. Klein (VfB Stuttgart) und Hinteregger (Gladbach) verteidigten für den ÖFB, Alaba (FC Bayern) und Baumgartlinger (Mainz) organisierten die Defensivzentrale. Junuzovic (Bremen) und Stuttgarts Harnik sollten Offensivimpulse setzen.
Ungarns deutscher Coach Bernd Storck bot seinerseits zwei Deutschland-Legionäre auf. Bremens Kleinheisler und Hannovers Szalai standen in der Startelf. Der ehemalige Sechziger und Herthaner Keeper Kiraly schwang sich durch seinen Einsatz zum ältesten EM-Teilnehmer aller Zeiten auf (40 Jahre und 74 Tage) und zog dabei an Lothar Matthäus (39 Jahre und 91 Tage) vorbei.
Alabas früher Wachmacher
Das erste Endrundenspiel für die Ungarn seit 1986 begann mit einem echten Kracher: ÖFB-Anführer Alaba war Nutznießer eines Zusammenpralls von Baumgartlinger und Kleinheißler - und knallte die Kugel nach nur 31 Sekunden aus rund 25 Metern an den rechten Pfosten. Kiraly wäre geschlagen gewesen, durfte in seinem Rekordmatch aber erstmal aufatmen. Bremens Kleinheisler antwortete auf der Gegenseite mit einem harmlosen Schuss, der nicht zum Problem für Almer wurde (4.). Anschließend war der flotte Start der Österreicher bereits verpufft, die Magyaren übernahmen die Ballkontrolle, hatten Feldvorteile und gewannen mehr Zweikämpfe.
Nur Alaba bleibt gefährlich
Wenn es aber gefährlich wurde, dann rückte Kiraly in den Mittelpunkt: Arnautovic tanzte auf links seinen Gegenspieler aus und passte genau im richtigen Moment in die Schnittstelle zum einlaufenden Alaba. Der Profi des FC Bayern aber scheiterte an Kiraly, der beim Versuch aus zwölf Metern sicher zupackte (10.). Bis zur 25. Minute steuerten die Österreicher kaum mehr Konstruktives zum Spiel bei, waren in ihrem Passspiel fahrig und verfügten nach vorne über zu wenig Tempo und Esprit. Ungarn aber wusste das nicht zu nutzen: Szalai holte einen Freistoß heraus und setzte die Hereingabe per Kopf beinahe ins Seitenaus (34.).
Dzsudzsak hat's auf dem Fuß
An allen Österreichern, aber auch am Tor vorbei: Ungarns Kapitän Balazs Dzsudzsak vergibt die Riesenchance. Getty Images
Im Gegenzug klappte dann endlich mal das ansonsten wenig effiziente österreichische Allzweckmittel: lange Bälle. Innenverteidiger Dragovic fand den Kopf von Janko, der für Junozovic ablegte. Der Bremer Offensivmann zog humorlos ab, Kiraly aber war blitzschnell unten (35.). Weil Arnautovic kurz darauf eine gute Möglichkeit fahrlässig im Keim erstickte, gehörte den Ungarn der letzte Aufreger der ersten 45 Minuten: Kleinheisler schickte Dzsudzsak klug in die Gasse, doch dem Kapitän der Magyaren versagten die Nerven (43.).
Junuzovic verletzt raus, Sabitzer kommt
Gruppe F - 1. Spieltag
Die Österreicher mühten sich auch nach dem Seitenwechsel, zu brauchbaren Chancen zu kommen. Wirkliche Gefahr entfachten die vielen Flanken vom Flügel aber nicht. Ganz anders der Distanz-Hammer von Dzsudzsak aus 25 Metern, den Almer nur mit beiden Fäusten klären konnte (55.). Der nächste kleinere Nackenschlag folgte nur vier Zeigerumdrehungen später: Junuzovic musste verletzt runter, Leipzigs Sabitzer ersetzte ihn (59.).
Bundesliga-Combo sticht
Eine Bundesliga-Combo verdunkelte die Miene von Marcel Koller endgültig: Kleinheisler und Szalai spielten mit den Österreichern Katz und Maus, ehe der Hannoveraner das Zuspiel des Bremers an Almer vorbei ins Tor spitzelte - 1:0 für Ungarn (62.). Jetzt erst recht? Nicht wirklich, denn Dragovic sah wenig später eine umstrittene Ampelkarte (66.). Die Österreicher antworteten mit wütenden Angriffen, Sabitzer aber zielte knapp drüber (73.).
Stieber hebt rotzfrech
Die Ungarn waren mit der Führung freilich hochzufrieden und lauerten bevorzugt auf Kontermöglichkeiten, die sich in Hülle und Fülle boten. Nemeth und Kleinheisler vergaben ihre Chancen aber leichtfertig (71., 74.). In der Schlussviertelstunde warf der ÖFB nochmal alles in die Waagschale, wartete aber vergebens auf den Lucky Punch. Stattdessen lief die Koller-Elf ins offene Messer: Der eingewechselte Stieber vom Zweitligisten aus Nürnberg war auf Zuspiel von Priskin auf und davon, Almer düpierte er mit einem genialen Heber - 2:0 (87.). Damit war der Favorit endgültig gebrochen: Nach Arnautovics Schuss direkt in die Arme von Kiraly (90.+3), durfte die ungarische Party beginnen.
Nach der enttäuschenden Auftaktpleite sind die Österreicher am Samstag im zweiten Gruppenspiel im Pariser Prinzenpark gegen Portugal bereits unter Druck (21 Uhr). Das siegreiche Ungarn kann schon vorher um 18 Uhr in Marseille gegen Island nachlegen.