Handball

Der THW besteigt Europas Thron

Omeyer nach der Pause wie eine Wand

Der THW besteigt Europas Thron

Champions-League-Sieger 2010: THW Kiel

Helden von Köln: Der THW Kiel ist Champions-League-Sieger 2010. picture alliance

Was für Spiel! Nach dem furiosen 29:27-Erfolg gegen Titelverteidiger Ciudad Real am Vortag lieferte der THW Kiel im Champions-League-Finale von Köln in der mit 19.374 Zuschauern ausverkauften Lanxess-Arena nochmal eine Steigerung ab. Eine Viertelstunde vor Schluss lagen die Kieler gegen den FC Barcelona schier aussichtslos mit 19:25 in Rückstand. Doch dann setzte der THW zu einer atemberaubenden Aufholjagd an und triumphierte tatsächlich noch mit 36:34. Drei Jahre nach dem WM-Triumph der Nationalmannschaft an selber Stelle schrieb der THW, der jetzt auch noch die sechste Meisterschaft in Folge einfahren kann, als erster Sieger eines Final-Four-Turniers in der Königsklasse Handball-Geschichte.

Barrufet glänzt im letzten Spiel seiner Karriere

In der ersten Hälfte hatte Barca eine enorm konzentrierte Vorstellung abgeliefert und sich nur wenige Fehler erlaubt. Ganz anders die Kieler, die oft viel zu überhastet abschlossen und immer wieder an Torwart-Legende David Barrufet scheiterten. Beim Stand von 10:15 nahm Gislason eine Auszeit. Doch auch die half nicht viel. Gegen fahrige Kieler, die in der Abwehr arge Probleme hatten und viel zu viele leichte Treffer zuließen, führte Barcelona zur Pause 20:17. Vor allem der starke Filip Jicha hielt den THW mit acht Toren im ersten Durchgang im Spiel.

Das Final Four in Köln

Nach dem Wiederanpfiff verlor der deutsche Rekordmeister dann zunächst völlig den Faden. Gerade einmal zwei Treffer gelangen den Zebras in zehn Minuten. Die Folge: Barca zog davon und sah eine Viertelstunde vor Schluss beim Stand von 25:19 schon wie der sichere Sieger aus. Garant für den zweiten Champions-League-Sieg der Vereinsgeschichte nach 2007 war dann jedoch einmal mehr Torhüter Thierry Omeyer, der sein Tor förmlich zunagelte und die Spanier mehr und mehr zur Verzweiflung trieb. Auch die personellen Wechsel von Trainer Alfred Gislason fruchteten. So gaben Börge Lund im Rückraum, Igor Anic am Kreis und Henrik Lundström auf Linksaußen dem THW-Spiel wieder neue Impulse. Der völlig ausgepumpte Jicha konnte sich auf der Bank erholen.

Omeyers Paraden ermöglichen furiose Aufholjagd

Igor Anic

Kam von der Bank und lieferte eine starke Vorstellung am Kreis ab: Igor Anic. picture alliance

So leiteten die Kieler eine unglaubliche Aufholjagd ein: Acht Minuten vor Schluss glich der erneut ganz starke Christian Zeitz aus, als Lundström den THW wenig später erstmals seit den Anfangsminuten wieder in Führung brachte (30:29/52.), stand die Halle Kopf. Die Spanier fanden überhaupt kein Mittel mehr, kamen aber trotz eines 30:33-Rückstands bis auf ein Tor ran.

THW-Torwart-Oldie Peter Gentzel gelang zwei Minuten vor Schluss eine ganz wichtige Parade, als er den Siebenmeter des zuvor traumwandlerisch sicheren Juanin Garcia entschärfte. Der Spanier, mit 13 Toren bester Werfer der Partie, hatte zehn Siebenmeter verwandelt. 40 Sekunden vor dem Ende brachte der ansonsten schwache Iker Romero Barca nochmal auf 34:35 heran. Doch mit seinem elften Tor sorgte Jicha, der wie in der Vorsaison Torschützenkönig der Champions League wurde, für einen Jubelorkan in der Lanxess-Arena.

Ich habe keine Worte. Ich kann nicht verstehen, wie wir das Spiel noch gedreht haben.

Dominik Klein, THW-Linksaußen

"Wir haben einen unglaublichen Charakter gezeigt. Wir sahen in der 45. Minute wie der Verlierer aus, haben uns wieder reingekämpft und verdient gewonnen", freute sich Gislason, der nach 2002 mit dem SC Magdeburg zum zweiten Mal die Champions League gewann: "Ich bin unglaublich stolz. Wir haben tolle letzte 15 Minuten gespielt. Ich muss es in den nächsten Tagen erstmal begreifen." Auch seine Spieler waren noch ein wenig ungläubig: "Ich habe keine Worte. Ich kann nicht verstehen, wie wir das Spiel noch gedreht haben", meinte Linksaußen Dominik Klein. Jicha bot einen Lösungsansatz an: "Wir haben in der zweiten Halbzeit einfach geil gespielt."

Der Europapokal ist fest in deutscher Hand

Es war das Ende einer glorreichen Woche für den deutschen Handball, in der alle drei Europacuptitel an Klubs aus der Bundesliga gingen. Am Donnerstag hatte der VfL Gummersbach den Pokalsieger-Cup gewonnen, am Samstag zog der TBV Lemgo mit dem Gewinn des EHF-Cups nach.

FC Barcelona - THW Kiel 34:36 (17:20)

FC Barcelona: Garcia 13/10, Nøddesbo 6, Rutenka 4, Tomas 4, Romero 2, Garabaya 1, Sarmiento 1, Nagy 1, Hansen 1, Igropulo 1
THW Kiel: Jicha 11/2, Zeitz 6, Klein 5, Narcisse 4, Lundström 3, Sprenger 2, Anic 2, Lund 1, Ahlm 1, Ilic 1/1
Schiedsrichter: Olesen/Pedersen (Dänemark)
Zuschauer: 19.374
Strafminuten: 6 / 6
Disqualifikation: - / -