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AC Florenz vs. Juventus - Ein "Diebstahl" macht sie zu Rivalen

Serie-A-Hintergrund: Beziehung zwischen Viola und Alter Dame

Juve vs. Florenz - Ein "Diebstahl" macht sie zu Rivalen

Mögen sich nicht: die Fans der AC Florenz und die Anhänger von Rekordmeister Juventus Turin.

Mögen sich nicht: die Fans der AC Florenz und die Anhänger von Rekordmeister Juventus Turin. imago

Zwischen 1972 und 1983 spielt Keeper-Ikone Zoff für Juventus, wird in diesem Zeitraum sechsmal Meister - und trainiert die Alte Dame obendrein noch später zwischen 1988 und 1990. In Florenz coacht der 112-malige Nationalspieler der Azzurri ebenfalls für ein Jahr (2005) - und ist somit ein gern gesehener Gesprächspartner vor jedem direkten Duell der beiden arg rivalisierenden Klubs Juve und Florenz. Am Sonntag (12.30 Uhr, LIVE! bei kicker) treffen beide Mannschaften wieder aufeinander - und damit ziemlich früh in diesem neuen Jahr 2020 (22. Spieltag).

Während sich die Viola im Sommer unter anderem mit den ehemaligen Bundesliga-Stars Kevin-Prince Boateng und dem aktuell noch verletzten Franck Ribery verstärkt hat und nach der Entlassung von Vincenzo Montella inzwischen unter Giuseppe "Beppe" Iachini wieder auf dem Wege der Besserung ist, steht die Alte Dame vor Inter Mailand und Lazio Rom am Platz der Sonne.

Serie A - 22. Spieltag
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AC Florenz - Vereinsdaten
AC Florenz

Gründungsdatum

26.08.1926

Vereinsfarben

Violett-Weiß

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Juventus Turin - Vereinsdaten
Juventus Turin

Gründungsdatum

01.11.1897

Vereinsfarben

Weiß-Schwarz

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Zoff

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R. Baggio

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Iachini Giuseppe

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Sarri

Sarri Maurizio

Ein Sieg gegen den Rivalen aus der Toskana würde das alles freilich noch mehr versüßen - zumal dann 29 Punkte zwischen den beiden Teams liegen würden (2018/19 waren es 49 Zähler zwischen Meister und Beinahe-Absteiger).

"Rubentus"

"Dieses Spiel wird eine Schlacht, das war schon immer ein Kampf", hat Zoff in der Vergangenheit einmal martialisch gegenüber "TuttoC.com" formuliert. Der frühere Weltklasse-Torhüter weiter: "Das ist stets ein hochemotionales Duell."

Doch woher kommt die leidenschaftlich geführte Rivalität zwischen diesen zwei stolzen Vereinen? Warum sind die Duelle zwischen der Viola und den Bianconeri heißer als Derbys und geprägt von gegenseitiger Ablehnung, Wut und auch Hass - obwohl beide Städte mehr als 400 Kilometer Luftlinie trennen?

Ganz einfach: Vergangene Ereignisse spielen eine große Rolle - und lassen die Fans bis heute kochen. "Rubentus", vom italienischen Wort rubare ("stehlen") abgeleitet, ist ein seit Jahrzehnten verbreiterter Terminus, mit dem ernüchterte Tifosi ihren Unmut gegenüber Juventus zum Ausdruck bringen.

Chronologie einer über 30 Jahre lang währenden Fehde

1981/82: Der Kampf um den Scudetto, die italienische Meisterschaft, spitzt sich in der Saison 1981/82 gehörig zu - und gipfelt in einem ultimativen Showdown am letzten Spieltag. Tabellenführer Juve (44:14 Punkte) muss in Catanzaro ran, Florenz steht punktgleich auf Rang zwei und reist nach Cagliari. Mit dem Titel vor Augen wirken auf dem Rasen beide Mannschaften zunächst wie gelähmt. Bis die Fiorentina vorlegt - vermeintlich! Denn der Schiedsrichter will vor dem Tor plötzlich ein Foul gesehen haben und gibt den Treffer nicht. Fast zeitgleich wird Catanzaro ein klarer Elfmeter verweigert. Wenig später bekommen die Turiner selbst einen zweifelhaften Strafstoß zugesprochen, machen das Tor, werden Meister und ziehen alle Wut auf sich. An diesem Tag etabliert sich der Satz "Meglio secondi che ladri" ("Lieber Zweiter als Dieb") in der Fanszene der Toskaner.

"Sie haben uns die Meisterschaft geklaut", schimpft ACF-Kapitän Giancarlo Antognoni damals, während die Alte Dame lautstark und natürlich, ausgiebig ihre 20. italienische Meisterschaft feiert. Eine der größten Rivalitäten des Calcios nimmt an jenem 16. Mai 1982 ihren Lauf...

1985: Bis zum 30. Mai 1985 ist der Ärger eher einseitiger Natur. Das ändert sich einen Tag nach den schrecklichen Vorfällen im Brüsseler Heyselstadion, bei denen 39 Turiner Anhänger ihr Leben verlieren. Plakate mit der Aufschrift "39 Bucklige weniger" gehören von nun an zum Bestandteil der Florenzer Ultra-Szene, die obendrein eine Fan-Freundschaft mit den Liverpooler Hooligans, die für die Katastrophe verantwortlich gemacht werden, eingeht. Spätestens jetzt ist das Tischtuch zwischen den beiden italienischen Traditionsvereinen heftig zerschnitten.

Dino Zoff

Kennt das Duell zwischen Florenz und Juventus in- und auswendig: Torwart-Legende Dino Zoff. imago

Die Juve-Anhänger werden im Übrigen "Bucklige" genannt, weil die Trikots in den 50er Jahren einen Buckel auf dem Rücken geformt haben, sobald diese zu laufen angefangen haben.

1989/90: Jahrelang versinkt Florenz in sportlicher Bedeutungslosigkeit. Bis zur Spielzeit 1989/90: Nach einer starken Saison erreichen die Violetten das UEFA-Cup-Finale. Der Gegner im Endspiel: ausgerechnet Juve. Das Hinspiel, das bereits die Vorentscheidung bringt, gewinnen die Bianconeri mit 3:1 (Rückspiel 0:0) - und wieder gibt es Proteste von Fiorentina-Seite. Beim 2:1 für die Alte Dame soll ein Foul vorgelegen haben. Während Turins damaliger Trainer Zoff nach der Partie im italienischen Fernsehen ein Interview gibt, schreit AC-Akteur Celeste Pin das Wort "Diebe" in die Kamera. Torschütze Pierluigi Casiraghi reagiert auf den Vorfall und nutzt sofort die Gelegenheit, zusätzliches Öl ins ohnehin schon lodernde Feuer zu gießen. "Wir sind Juventus, sie sind Florenz", antwortet der Stürmer auf Nachfrage und schürt so die Verschwörungstheorien.

Ich wollte in Florenz bleiben, aber ich wurde zu diesem Transfer gezwungen.

Roberto Baggio über seinen Wechsel nach Turin

Doch nicht nur das: Noch stimmungsgeladener als die Niederlage im UEFA-Cup-Finale ist für die Viola-Fans die Gewissheit, dass sie mit Roberto Baggio ihren größten Star nach der Saison verlieren werden. Nicht an irgendwen, sondern - natürlich - an Juve. Ausgerechnet ihr Liebling wird ab sofort für ihren Erzrivalen auflaufen und zaubern. Als der Wechsel bekanntgegeben wird, kommt es in Florenz zu Ausschreitungen, bei denen 50 Menschen verletzt werden. Die damalige Weltrekordablöse von umgerechnet zehn Millionen Euro dient nicht als Trost. Baggio selbst beteuert: "Ich wollte in Florenz bleiben, aber ich wurde zu diesem Transfer gezwungen. Mein Herz wird immer violett bleiben."

Diesen Worten folgen Taten: Bei seiner offiziellen Präsentation in Turin lässt sich der WM-Dritte von 1990 und Vize-Weltmeister von 1994 ganz frech nicht mit einem Juve-Schal fotografieren, versteckt ihn stattdessen auf seinem Stuhl. Im ersten Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Verein weigert sich Baggio außerdem, einen verhängten Elfmeter zu schießen. Nach dem Spiel wird ihm dann aus dem AC-Block ein Schal zugeworfen, den er inniglich und aufreizend küsst.

2009: Auch in den neueren Jahren gibt es immer wieder in Spielen Reibungspunkte zwischen den beiden Klubs - und im Jahr 2009 eine weitere Personalgeschichte. Der Brasilianer Felipe Melo verlängert zunächst seinen Kontrakt bis 2013, beteuert seine Zuneigung für die AC - um nur eine Woche später zu wechseln. Wohin? Zur Alten Dame!

Ausgerechnet: Juve wird Meister beim Duell mit Florenz

Juan Cuadrado, Cristiano Ronaldo und Massimiliano Allegri (v.l.n.r.)

Tüten die Meisterschaft 2019 gegen Florenz ein - und feiern mit Schiedsrichter-Spray: Juan Cuadrado, Cristiano Ronaldo und Massimiliano Allegri (v.l.n.r.). imago images

2019: Beim vorletzten von insgesamt 161 Serie-A-Duellen der beiden "Streithähne" steht ein 2:1 für die Turiner fest (20. April 2019). Nach einem frühen Rückstand drehen die Bianconeri dabei in der Folge auf und kommen durch einen Treffer von Alex Sandro und ein Eigentor von German Pezzella zu einem 2:1. Doch nicht nur das: Während Juve damit den achten Scudetto in Serie und den 35. italienischen Meistertitel insgesamt feiert, wird zugleich für weitere Abstiegsangst bei der Viola entfacht. Am Ende rettet sich die Fiorentina aber ins Ziel über den Strich.

2019: Am 3. Spieltag in dieser Saison 2019/20 steht dagegen die Fiorentina kurz vor dem Sieg. Ein starker Ribery kommt mit seinem Team gegen Sami Khedira & Co. letztlich aber nicht über eine Nullnummer hinaus.

mag

Grande Serie A: Legenden, Kanoniere, Tifosi