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Nagelsmanns elegante Neuer-Erklärung

Bundestrainer begründet seinen Kader

Nagelsmanns elegante Neuer-Erklärung

Bleibt er als Bundestrainer ungeschlagen? Julian Nagelsmann.

Bleibt er als Bundestrainer ungeschlagen? Julian Nagelsmann. Getty Images

Julian Nagelsmanns Aufgebot für die Länderspiele gegen die Türkei am 18. November in Berlin und gegen Österreich am 21. November in Wien beinhaltet vor allem eine Botschaft: Die Tür zur Nationalmannschaft ist sieben Monate vor der Heim-EM noch weit geöffnet - und das in beide Richtungen.

Mit der erstmaligen Berufung von Bremens Mittelstürmer Marvin Ducksch und Leipzigs Torhüter Janis Blaswich honorierte der neue Bundestrainer die Leistungen der beiden Profis, die sich in ihren Klubs zu verlässlichen Stützen entwickelt haben. Nicht dabei sind dafür in Kevin Behrens von Union Berlin sowie Bernd Leno vom FC Fulham Spieler, die das Momentum aktuell nicht auf ihrer Seite haben und sich bei der USA-Reise vor vier Wochen nicht in den Vordergrund spielen konnten. Die Nichtberücksichtigung von Leno begründete der DFB mit einer anstehenden Nasen-OP.

"Marvin hatte keinen ganz leichten Start mit Bremen. Er hat wieder eine sehr gute Quote und mit seiner Leistung auch Bremen stabilisiert", sagt Nagelsmann über den 29-jährigen Ducksch, der in den letzten acht Ligaspielen mit acht Scorerpunkten (vier Tore, vier Assists) auf sich aufmerksam machte und obendrein aus gemeinsamen Bremer Zeiten den Vorteil hat, die Laufwege von Niclas Füllkrug bestens zu kennen. Nachdem Behrens auf der USA-Reise überfordert gewirkt hatte, bekommt nun Ducksch die Gelegenheit, sich auf Top-Niveau zu beweisen.

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Blaswich kann sich als Nummer drei bewerben

Aussicht auf Spielzeit hat Blaswich in den beiden Länderspielen wohl nicht. Für den 32-jährigen Torhüter, dessen Karriere durch die schwere Kreuzband-Verletzung von Peter Gulacsi in Leipzig Fahrt aufgenommen hat, bietet die Berufung aber die Gelegenheit, sich als dritter Torhüter für den EM-Kader zu bewerben. "Er hat die Fußstapfen, die Gulacsi hinterlassen hat, mehr als gefüllt", so das Urteil von Nagelsmann, der über Blaswich sagt: "Er ist ein guter Fußballer, aber auch auf der Linie stark ist, und er hat vor allem eine sehr gute Ausstrahlung."

Ob Blaswich oder Leno oder Hoffenheims Oliver Baumann hinter den gesetzten Marc-André ter Stegen und Kevin Trapp ins EM-Aufgebot folgen, hängt in erster Linie von der Causa Manuel Neuer ab. Für die Nichtberufung ins aktuelle Aufgebot, die der nach seinem komplizierten Unterschenkelbruch ins Bayern-Tor zurückgekehrte Neuer bereits am Dienstag verkündet hatte, fand Nagelsmann am Freitag eine elegante und plausible Erklärung. "Am Ende gibt es klare Statistiken, die belegbar sind. Du kommst zurück, dann sind die ersten Spiele emotional und sehr gut. Aber oft kommt danach ein kleines Loch, dieses Loch könnte jetzt passieren", schilderte er die auch am eigenen Leib erlebten Erfahrungswerte nach langwierigen Verletzungen: "Deshalb sind wir sehr froh, dass er die Möglichkeit hat, die Pause zu kriegen."

Was Nagelsmann an Blaswich mag: "Auch nach den Spielen positiv verrückt"

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Mit der "gemeinsamen Entscheidung" hat Nagelsmann auch die Frage, wer bei der EM zwischen den Pfosten stehen wird, um mindestens vier Monate vertragt. "Wir hoffen alle, dass er extrem konstant spielt bis zur nächsten Länderspiel-Maßnahme, und dann sind es schon wieder ganz andere Vorzeichen", sagte Nagelsmann in dem vom DFB verbreiteten Videoclip, in dem er ausdrücklich das reibungslose Verhältnis zum langjährigen Kapitän betonte: "Ich war mit Manu in sehr gutem Kontakt in den letzten Monaten. Er hat mich über jeden kleinen Entwicklungsschritt informiert. Wir hatten danach ein sehr gutes Gespräch, wo er gesagt hat, wie er sich fühlt, und wo ich erklärt habe, was meine Gedankengänge sind."

Gosens sagt ab: Raum nun doch dabei

Mit 27 Spielern ist der aktuelle Kader wie schon bei der USA-Reise ungewöhnlich groß, was Nagelsmann damit begründet, dass er die letzte Zusammenkunft des Jahres nochmal zu einer Sichtung nutzen will. Eine kuriose Wendung nahm der Nominierungs-Tag für David Raum. Der Leipziger Linksverteidiger wurde zunächst im offiziellen Aufgebot nicht berücksichtigt. Vier Stunden später verkündete RB-Trainer Marco Rose die Nachnominierung seines Schützlings, der auf der USA-Reise im Oktober nur zu einem 25-minütigen Einsatz gegen Mexiko gekommen war. Zuvor hatte Robin Gosens, der gegen die USA und Mexiko in der Startelf stand, Nagelsmann abgesagt, um in der nächsten Woche bei seiner hochschwangeren Frau sein zu können.

Fingerzeig bei Kimmich

Neu dabei sind Felix Nmecha, Benjamin Henrichs, Serge Gnabry und Joshua Kimmich, der die letzten drei Länderspiele verletzungsbedingt verpasst hat. Dass der Münchner im vom DFB offiziell verbreiteten Aufgebot im Mittelfeld aufgeführt wird, belegt: Nagelsmann plant mit Kimmich im Zentrum und nicht auf der rechten Abwehrseite.

Oliver Hartmann