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Italiens Mateo Retegui - oder der aus dem Hut gezauberte Oriundo

Italiens Nationalspieler kickt erstmals in der Serie A

Nächste Station Genua: Entdeckung Retegui - oder der aus dem Hut gezauberte Oriundo

Greift nun auch im italienischen Oberhaus an: Nationalstürmer-Entdeckung Mateo Retegui.

Greift nun auch im italienischen Oberhaus an: Nationalstürmer-Entdeckung Mateo Retegui. IMAGO/LaPresse

Italien hat um die 60 Millionen Einwohner. Weltweit soll es laut manch einer Statistik deutlich mehr als 60 Millionen Menschen mit italienischer Abstammung geben, viele davon in Südamerika und dort vor allem in Brasilien und Argentinien.

"Laut einer Erhebung haben mehr als 400.000 Einwohner Argentiniens einen italienischen Pass und sind bei italienischen Wahlen stimmberechtigt", schrieb dazu mal die FAZ. Und: "Rund ein Drittel der 36 Millionen Argentinier ist italienischer Abstammung." Der passende Begriff dazu: Oriundo oder Oriundi in der Mehrzahl. Im Genauen bezieht sich der Begriff auf eine Person, die in einem anderen Land als dem seiner Herkunft lebt.

Einer von ihnen ist Mateo Retegui. Die Großeltern des torhungrigen Stürmers stammen aus Italien - seine Großmutter aus Ligurien, sein Großvater aus Sizilien. Der Sohn von Carlos Retegui, einem ehemaligen Feldhockey-Nationalspieler Argentiniens, und der Bruder von Micaela Retegui, Feldhockey-Nationalspielerin und olympische Silbermedaillengewinnerin 2020, ist in Argentinien geboren - in San Fernando aus dem Großraum von Buenos Aires.

Mancini: "Er hat Qualitäten, die uns leider fehlen"

Hier hat Retegui auch den Fußball lieben gelernt - und wurde schließlich zum Profi ausgebildet. Der heute 24 Jahre alte Mittelstürmer stammt aus der Akademie der Boca Juniors und hat bis dato nur in seinem Geburtsland gespielt. Zuletzt leihweise für den Club Atletico Tigre, für den er 2022 mit 19 Toren in 27 Partien Torschützenkönig in Argentiniens 1. Liga (Liga Profesional) wurde und 2023 elfmal in 21 Spielen traf. Insgesamt bringt es Retegui in Argentiniens Profifußball auf 103 Einsätze und 40 Treffer.

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In Europa bekannt war der Angreifer aber nie - bis ihn Italiens Nationaltrainer Roberto Mancini im März 2023 plötzlich für die Squadra Azzurra nominierte und für viele förmlich aus dem Hut zauberte.

Die Einberufung war deshalb möglich, weil der Spieler aufgrund der Herkunft seiner Großeltern die italienische Staatsbürgerschaft besitzt und somit als Oriundo auflaufen konnte.

"Wir beobachten ihn schon seit einiger Zeit", hatte Mancini damals im Gespräch mit DAZN erzählt und neben den damaligen Problemen (Routinier Ciro Immobile von Lazio Rom oder auch Napoli-Leihspieler Giacomo Raspadori angeschlagen) seine Vorzüge ausgeführt: "Er ist noch jung. Er war zwei Jahre lang Stammspieler in der argentinischen Liga. Er hat Qualitäten, die uns leider fehlen." Keine Lust auf Italien? Von wegen! "Wir dachten, er würde nicht kommen wollen, aber er hat sofort zugesagt und wir haben ihn geholt", berichtete Mancini.

Retegui "nickt humorlos zum 1:0 ein"

Ein direkter Glücksgriff, wie sich herausstellen sollte. Denn Retegui traf in seinen ersten drei Länderspielen direkt zweimal und erwies sich sofort wie von Mancini erhofft als eiskalter Vollstrecker.

Sein Debüttreffer? Der letztlich vergebliche Anschluss bei der 1:2-Niederlage gegen England in der EM-Qualifikation am 23. März, als er mit einem überlegten Abschluss nach Vorlage von Roma-Kapitän Lorenzo Pellegrini vollstreckt hatte.

Mateo Retegui

Hat Italien auf Malta zum Sieg geführt: Mateo Retegui. IMAGO/Gruppo LiveMedia

Sein zweiter Treffer? Das anfängliche 1:0 beim 2:0-Erfolg in der EM-Qualifikation auf Malta am 26. März. Und zwar in echter Stürmermanier, wie der kicker schrieb: "Über Retegui wird dieser Tage intensiv gesprochen, er ist schon jetzt die große Entdeckung dieses Länderspieljahres - und trifft nun in seinem erst zweiten Spiel zum zweiten Mal. Nach einer Tonali-Ecke von der linken Seite darf der Stürmer zentral kurz vor dem gegnerischen Tor sträflich allein und nickt humorlos zum 1:0 ein."

Wie der Vater und die Schwester fast beim Hockey gelandet

Für Argentinien stand Retegui im Übrigen noch nicht auf dem Platz, wurde lediglich einmal zu einem Lehrgang der U 19 eingeladen. "Er ist sehr glücklich, stolz und enthusiastisch", hatte sein Vater damals im Zuge der Azzurri-Nominierung der "Gazzetta dello Sport" erzählt. "Als Kind hat er im Nachwuchs von River Plate als defensiver Mittelfeldspieler gespielt. Das hat er im Alter von neun bis 14 Jahren gemacht. Dann hat er aufgehört, weil er sich auch sehr für Hockey interessiert hat. Er war Mitglied der Jugendnationalmannschaft. Bis zu seinem 15. Lebensjahr betrieb er beide Sportarten, bis er von einem Boca-Scout 'wiederentdeckt' wurde, der ihn überzeugte, Fußball zu spielen."

Mateo Retegui (li.) und Italiens Nationaltrainer Roberto Mancini

Shooting Star und sein Förderer: Mateo Retegui (li.) und Italiens Nationaltrainer Roberto Mancini. IMAGO/Independent Photo Agency

Eine gute Entscheidung für ihn, die italienische Nationalmannschaft - und ab sofort auch für die Serie A. Denn Retegui, der zuletzt immer wieder mit Wechseln etwa zu Inter Mailand, Milan oder der AC Florenz in Verbindung gebracht worden war, wagte nun den Schritt nach Italien.

An diesem Mittwoch unterzeichnete der Stürmer einen Vertrag bis 30. Juni 2028 beim CFC Genua, dem frischgebackenen und vom 2006er Weltmeister Alberto Gilardino trainierten Serie-A-Aufsteiger und -Rückkehrer. Dem Vernehmen nach fließen zwölf Millionen Euro Ablöse nach Argentinien.

Im Gespräch mit ESPN hat Retegui bereits verraten, warum er sich für die Genuesen und für den Schritt nach Europa entschieden hat - wegen des ehemaligen Topstürmers Diego Milito (ebenfalls einst bei CFC Genua und später mit Inter Triple-Sieger 2010): "Meine Familie kontaktierte Milito. Wir haben ihn kennengelernt, er hat die endgültige Entscheidung ein wenig beeinflusst, weil Diego sehr gut über den Verein und die Stadt gesprochen hat."

Hoffen wir, dass es die ideale Liga für mich ist.

Mateo Retegui über seinen Wechsel zu Serie-A-Klub CFC Genua

Der Wechsel nach Genau bedeutet die Erfüllung eines Kindheitswunsches: "Ich bin sehr zufrieden mit dem, was passiert. In Europa zu spielen war ein Traum, den ich als Kind hatte - und der nun wahr wird. Hoffen wir, dass es die ideale Liga für mich ist. Wir haben die Entscheidung als Familie getroffen und denken, dass es die beste ist. Ich gehe in einen großen Verein, bin glücklich und lernwilig. Ich möchte näher am italienischen Fußball bleiben und alles tun, um mich weiterzuentwickeln und zu lernen."

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