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Mwene im Interview: "Unser klares Ziel ist, Meister zu werden"

Der PSV-Legionär im exklusiven Gespräch

Mwene im Interview: "Unser klares Ziel ist, Meister zu werden"

Phillipp Mwene erzielte in den vergangenen drei Spielen drei Treffer.

Phillipp Mwene erzielte in den vergangenen drei Spielen drei Treffer. imago images/Fotostand

Herr Mwene, PSV Eindhoven führt die niederländische Liga derzeit an. Was zeichnet Ihre Mannschaft aus?

Wir haben große individuelle Klasse in unseren Reihen. Wir haben viele talentierte, aber auch erfahrene Spieler mit Mario Götze, Philipp Max und mir. Das ist ein guter Mix. Zudem hat unser Trainer Roger Schmidt eine eigene Idee von Fußball, der wir sehr gerne folgen. Bis jetzt sind wir sehr erfolgreich.

Roger Schmidt wurde zuletzt mit Leipzig in Verbindung gebracht. Wie hat die Mannschaft diese Diskussion verfolgt?

Es war schon Thema, weil wir das natürlich auch in den Zeitungen gelesen haben. Wir sind jetzt aber froh, dass er sich dazu entschieden hat, hierzubleiben. Ich kann nicht beurteilen, wie weit die Verhandlungen waren, aber er weiß natürlich auch, dass er mit uns viel erreichen kann. Das ist seine Mission. Unser klares Ziel ist, in diesem Jahr Meister zu werden. Daher sind wir froh, dass er noch da ist.

Mit Ajax Amsterdam liegt der erste Verfolger nur einen Punkt hinter PSV. Wie bewerten Sie die Ausgangslage im Kampf um den Meistertitel?

Ajax hat individuell die beste Mannschaft der Liga. Sie haben schon in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie eines der besten Teams in Europa sind. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir unsere Qualitäten haben und auch sie schlagen können. Das haben wir zu Beginn der Saison im Supercup gezeigt (4:0-Sieg, Anm.). Wir sind zuversichtlich und wissen, dass wir konstant weiterspielen müssen, um sie hinter uns zu lassen. Wir haben zu Beginn des nächsten Jahres (23. Januar, Anm.) ein Spiel gegen sie. Ich weiß nicht, ob das schon vorentscheidend sein wird, aber natürlich wird diese Partie sehr wichtig sein.

Denken Sie, dass es auf einen Zweikampf hinauslaufen wird oder andere Mannschaften wie der aktuelle Tabellendritte Feyenoord Rotterdam noch eingreifen können?

Feyenoord hat sicher noch eine Chance. Sie haben eine super Mannschaft und auch in der Conference League gezeigt, dass sie über sehr viel Qualität verfügen. Das Hinspiel gegen sie haben wir klar mit 0:4 verloren. Das zeigt, dass sie oben mitmischen können. Uns ist aber bewusst, dass wir aktuell Erster sind. Uns muss man erst einmal überholen!

International lief es für Sie hingegen nicht so gut: Eindhoven musste sich in einer schweren Gruppe mit Monaco, Real Sociedad und Sturm Graz aus der Europa League verabschieden. Wie weh tut dieses Aus?

Am Tag danach hat das ordentlich geschmerzt. Wir haben eine gute Gruppenphase gespielt und standen vor dem letzten Spieltag auch auf dem zweiten Platz. In San Sebastian (0:3-Niederlage, Anm.) hätte uns ein Unentschieden gereicht, aber dort haben ein paar Sachen nicht so gut funktioniert. Wir haben einen Elfmeter und eine Rote Karte gegen uns bekommen. Jetzt wollen wir in der Conference League so weit wie möglich kommen.

Wenn man das mit dem Zustand vor zehn bis 15 Jahren vergleicht, ist schon viel passiert.

Mwene über die Entwicklung des österreichischen Fußballs.

Welche Bedeutung schreiben Sie diesem Wettbewerb zu?

Natürlich hat dieser Wettbewerb nicht die gleiche Tradition wie die Champions League oder mittlerweile auch die Europa League. Dennoch gibt es für den Verein dort auch Geld und einen Pokal zu gewinnen. Demnach hat das schon seinen Reiz. Wir sind eine der stärksten Mannschaften, die in der Conference League noch dabei ist. Wer weiß, was passieren wird? Unser Fokus liegt aber auf der Meisterschaft.

Sie haben in der Europa League auch zweimal gegen Sturm Graz gespielt und dabei zwei Siege gefeiert. Wie haben Sie die Leistung der Steirer in diesen beiden Spielen gesehen?

Ich hätte mir von Sturm mehr erwartet. In der Liga sind sie aktuell ja der erste Verfolger von Salzburg und können ihr Pressing gut durchziehen. Wir haben in der Analyse gesehen, dass sie eine gefährliche Mannschaft sind, aber sie konnten es in den beiden Spielen gegen uns nicht umsetzen. Ich weiß nicht, was der Grund dafür war.

Mit Salzburg, Rapid und dem LASK überwintern heuer drei österreichische Mannschaften europäisch. Wie bewerten Sie die generelle Entwicklung des heimischen Klubfußballs?

Es ist schon einmal ein guter Schritt, dass international mehr Mannschaften mitspielen. Wenn man das mit dem Zustand vor zehn bis 15 Jahren vergleicht, ist schon viel passiert - und Salzburg macht das in der Champions League ohnehin sehr gut. Man sieht auch an der Nationalmannschaft, dass der österreichische Fußball im Großen und Ganzen einfach besser und wettbewerbsfähiger wird.

Sie haben in Ihrer Jugend bei der Wiener Austria gespielt. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage Ihres Ex-Klubs?

Finanziell gibt es ein paar Probleme, die nur schwer zu bewältigen sind. Im heutigen Fußball ist es schwer, Erfolg zu haben, wenn es im finanziellen Bereich nicht passt. Das ist miteinander verknüpft. Andererseits ist es auch eine Chance, die Nachwuchsarbeit, die bei der Austria immer gut war, weiter zu forcieren. Grundsätzlich habe ich aber nicht mehr die großen Berührungspunkte, weil ich mit keinem Kaderspieler zusammengespielt habe. Dennoch hoffe ich, dass sich die finanzielle Situation bei der Austria beruhigt und es dann auch sportlich wieder besser läuft.

Die Top-Torjäger des Jahres in Österreichs Bundesliga

Sie selbst haben bislang noch nicht in der österreichischen Bundesliga gespielt. Haben Sie sich während Ihrer verletzungsbedingten Auszeit im gesamten Jahr 2019 bei Mainz mit einer Rückkehr nach Österreich auseinandergesetzt?

Nach meiner Verletzung an der Patellasehne wollte ich einfach nur fit werden. Es hätte die Möglichkeit gegeben, mich ausleihen zu lassen - allerdings nicht nach Österreich. Das wäre eher in Richtung zweite deutsche Bundesliga gegangen.

Welche Vereine waren Thema?

Das weiß ich gar nicht mehr. Ich habe meinem Berater relativ schnell gesagt, dass ich in Mainz bleiben und mich dort durchsetzen möchte. Das Ziel war in erster Linie, fit zu werden und in der Bundesliga ein paar Spiele zu machen. Als Bo Svensson Anfang 2021 zu uns gekommen ist, habe ich meine Chance bekommen und diese auch genutzt. Es war immer mein Traum, in der Bundesliga zu spielen. Jeder Fußballer hat seine eigene Geschichte. Meine hat zwar über ein paar Umwege geführt, aber ich bin froh, dass mein Körper jetzt mitmacht und ich zeigen kann, was ich draufhabe. Das war schon in Mainz so: Wir haben dort etwas Historisches geschafft und die beste Rückrunde aller Zeiten gespielt - und das, obwohl uns vorher schon alle abgeschrieben haben. Dort wird wirklich gut gearbeitet. Das sieht man auch in dieser Saison.

Sind Sie nach Ihren langwierigen Problemen mit der Patellasehne wieder bei 100 Prozent?

Ja. Ich vertraue meinem Knie und Körper wieder. Ich weiß, was ich leisten kann und habe durch die Verletzungspause auch gelernt, in meinen Körper hineinzuhören. Ich weiß jetzt, wann ich den Fuß vom Gas nehmen muss. Derzeit kann ich aber Vollgas geben. Darüber bin ich sehr froh.

Vollgas benötigen Sie auch in der Eredivisie. Wir würden Sie das Niveau mit jenem der deutschen Liga vergleichen ?

Die ersten zehn Vereine haben auf jeden Fall das Niveau für die erste deutsche Bundesliga. Da ist jedes Spiel ein Kampf. Danach fällt es ab. Wir haben hier aber auch eine andere Zielsetzung als noch bei Mainz. Wir wollen wirklich jedes Spiel gewinnen, Meister werden, europäisch so weit wie möglich kommen und den Pokal holen. Das ist ein anderer Druck. Man braucht auch viel fußballerische Qualität, die wir definitiv haben. Wir würden in Deutschland im oberen Drittel mitspielen. Eindhoven ist in den Niederlanden ein Riesenverein. Daher war schon die Anfrage ein Kompliment für mich. Dass ich mich letztendlich für PSV entschieden habe, bereue ich keinesfalls.

Sie haben soeben den großen Druck in Eindhoven angesprochen. Wie gehen Sie mental damit um?

Ich habe während meiner Verletzungspause gelernt, dass man die Sachen nicht allzu sehr überdenken darf. Wenn ich über alles, was ich nicht wirklich kontrollieren kann, nachdenke, werde ich verrückt. Zu Beginn meiner Verletzungspause habe ich viel gehadert, nachgedacht und gezweifelt. In dieser Zeit habe ich dann aber eine große mentale Stärke entwickelt. Wir spielen jeden dritten Tag. Da kann man kaum abschalten. Insbesondere durch die Corona-Pandemie hat das Thema mentale Gesundheit noch mehr Platz bekommen: Viele Leute sind nur zuhause, arbeiten aus dem Home Office, haben gar keinen Job oder werden im schlimmsten Fall krank. Den Sachen, die man selbst in der Hand hat, sollte man mit 100 Prozent nachgehen. Natürlich gibt es viel mehr Aspekte, aber ich bin während meiner Verletzungspause auf dieser Art und Weise damit umgegangen.

Das war schon ein tolles Erlebnis.

Mwene über sein Debüt für Österreich.

Haben Sie auch Hilfe eines Mentaltrainers angenommen?

Wir hatten in Mainz zwar das Angebot, aber ich bin nicht der Typ dafür. Ich meditiere täglich ein- bis zweimal, um meine Gedanken zu ordnen und gut durch den Tag zu kommen. Das hat mir auch damals sehr geholfen, um nicht allzu weit in die Zukunft zu blicken.

Ich möchte mit Ihnen dennoch einen Blick nach vorne wagen. Im März steht mit der österreichischen Nationalmannschaft der Kampf um das WM-Ticket auf dem Programm. Welche Rolle spielen die Play-offs in Ihrem Kopf?

Ich durfte ja schon einmal reinschnuppern (bei der 2:5-Niederlage in Israel, Anm.). Das war schon ein tolles Erlebnis, da es auch immer mein großer Traum war, Österreich zu repräsentieren. Ich möchte natürlich wieder dabei sein und weitere Spiele machen. Es ist ein Ziel von mir, regelmäßig einberufen zu werden. Dafür muss ich meine Leistungen bei Eindhoven bringen. Wenn ich dabei sein sollte, werde ich natürlich alles geben - und wenn nicht, wünsche ich der Mannschaft trotzdem alles Gute. Bis März haben wir aber noch etwas Zeit. In den verbleibenden Spielen will ich zeigen, was ich kann. Letztendlich liegt die Entscheidung nicht in meiner Hand. Der Trainer entscheidet.

Wie sieht der Austausch mit Franco Foda momentan aus?

Im Moment gibt es keinen Austausch. Wenn ich etwas von ihm höre, dann nur vor den Lehrgängen.

Können Sie nachvollziehen, dass Sie trotz der starken Leistungen bei Eindhoven keinen Stammplatz im Nationalteam haben?

Es gibt auf meiner Position auch andere starke Spieler. Das ist grundsätzlich etwas Gutes für Österreich. Trotzdem denke ich, dass ich es mir durch meine Leistungen verdient hätte, dabei zu sein. Der Teamchef hat meine Nicht-Einberufung einmal damit begründet, dass er den Kader von der Europameisterschaft zusammenhalten möchte. Das ist seine Entscheidung, die ich auch nachvollziehen kann. Nichtsdestotrotz will ich da reinrutschen. Denn ich denke, dass ich der Mannschaft helfen könnte.

Kommen wir noch kurz zu Ihrer persönlichen Vereins-Zukunft. Sie haben in Eindhoven noch bis 2024 Vertrag. Gibt es für Sie danach noch eine Wunschdestination?

Nicht wirklich. Ich schaue einfach, dass wir hier maximalen Erfolg haben. Wenn wir das schaffen, kann jeder einzelne Spieler noch einmal einen Schritt zu einer besseren Mannschaft machen. Darüber denke ich derzeit aber nicht nach. Ich bin erst seit einem halben Jahr hier und habe schon viele Spiele gemacht. Es ist viel passiert. Es kommt mir so vor, als wäre ich schon zwei Jahre hier. Mein Ziel ist klar definiert: Ich will Titel gewinnen - das betrifft die Meisterschaft und den Pokal. Ich bin glücklich, dass wir auf dem ersten Platz stehen. Daher habe ich das Ziel, noch einmal bei einem anderen Verein zu spielen, aktuell nicht.

Interview: Nikolaus Fink