Wintersport

Müssiggang wird 70: "Halt nicht das Feierbiest"

Kurztrip in die Vergangenheit

Müssiggang feiert runden Geburtstag - "Halt nicht das Feierbiest"

2003 beim Worldcup noch Trainer gewesen: Uwe Müssiggang

2003 beim Worldcup noch Trainer gewesen: Uwe Müssiggang imago sportfotodienst

Uwe Müssiggang wird an seinem 70. eine Reise in die Vergangenheit unternehmen. Nur seine Frau wird Deutschlands erfolgreichsten Biathlon-Trainer bei seiner Stippvisite nach Rügen begleiten. Den Kurztrip hat sich der ehemalige Bundestrainer zum runden Geburtstag am Freitag (5. November) gewünscht. Zu Beginn seiner Tätigkeit gab es auf der Ostseeinsel jedes Jahr ein Camp für Nachwuchssportler. Nun wolle er Rügen "ganz in Ruhe, ohne großes Feiern und Tam-Tam erleben. Ich bin halt nicht das Feierbiest", sagte Müssiggang der Deutschen Presse-Agentur.

"Bis auf kleine Nickligkeiten, die altersbedingt normal sind, geht es uns eigentlich sehr gut", berichtet der Erfolgstrainer im Ruhestand, der auf einem Bergbauernhof bei Berchtesgaden lebt. Noch immer wird Müssiggang von den vielen Biathlon-Fans im Land erkannt, schließlich stand er lange Jahre im Blickpunkt einer sich rasant entwickelnden Sportart.

68 Medaillen bei Großereignissen haben die deutschen Skijägerinnen unter seiner Führung gewonnen. Allein bei Olympia waren es acht Gold-, elf Silber- und fünf Bronzemedaillen. Antje Misersky, Petra Behle, Uschi Disl, Kati Wilhelm, Andrea Henkel oder Magdalena Neuner - sie alle hat Müssiggang begleitet. Er werde, sagt er, oft gefragt, wie es weitergeht im deutschen Biathlon - genau weiß auch er es nicht: "Ich hoffe, dass wieder die Ergebnisse kommen, über die sich Deutschland freuen kann."

Lohnt sich Biathlon finanziell noch?

Sport-Nachwuchs zu finden, nicht nur im Biathlon, sei in den heutigen Zeiten schwierig, meinte Müssiggang. "Es geht in der Gesellschaft zu oft um das Geld. Es wird einem vorgelebt, das Geld, ganz, ganz wichtig ist. Da macht man sich schon Gedanken, ob das der richtige Weg ist, ob der Sport finanziell reicht, um die verlorene Zeit in der beruflichen Entwicklung wieder aufzuholen."

Eine ganze Reihe von Faktoren würden dabei eine Rolle spielen. "Ein Punkt ist die gesellschaftliche Anerkennung. In Deutschland gibt es in erster Linie nur Fußball." Er spielt auch auf die astronomischen Summen an, die bei den Kickern im Umlauf sind. "Wer das Geld nehmen kann, der wird es immer nehmen. Die Aussage, Geld spielt keine Rolle, ist Unfug. Aber die Differenz ist viel zu groß. Da können die Fußballer aber nichts dafür."

Dahinter kommen die Skijäger einigermaßen gut weg - auch dank der guten Einschaltquoten im Fernsehen. "Im Biathlon sind wir noch begnadet, denn wir sind die Nummer 1 im Wintersport", sagt Müssiggang. Damit das so bleibt, müssen Erfolge her, doch das könnte aktuell schwierig werden. So richtig mittendrin ist der langjährige Bundestrainer nicht mehr, doch Ergebnisse kann er noch immer interpretieren. "Ich bin schon ein bisschen nachdenklich. Bei den deutschen Meisterschaften ist eine Denise Herrmann mit Riesenabstand vorneweg marschiert. Das war früher anders, da hatten wir eine kompakte Mannschaft, wo jede mal gewinnen konnte."

Was die Deutschen überhaupt noch gewinnen können

Die ehemalige Langläuferin ist für Müssiggang auch eine der deutschen Medaillen-Kandidatinnen bei den Winterspielen im Februar. "Sie ist immer in der Lage, eine Medaille zu holen. Die Franziska Preuß auch. Vom Leistungsvermögen ebenso der Benedikt Doll. Ob es am Schluss dann klappt, das muss man sehen."

Auch wenn mit Laura Dahlmeier, Arnd Peiffer und Simon Schempp zwei Olympiasieger und ein weiterer Medaillengewinner der Südkorea-Spiele fehlen, werden die Skijäger nach Peking fliegen, "um Medaillen zu gewinnen und werden sich über jede Medaille freuen, egal ob Gold, Silber oder Bronze - aber es wird schwer."

dpa