Patzte erst und wuchs dann über sich hinaus: Preußen-Keeper Buchholz (re.), hier gegen Nicu. picture alliance
Münsters Trainer Roger Schmidt schickte vier Neue aufs Feld. Neben Fall, Nimptsch und Lorenz lief mit Pollok auch der letztjährige Torschützenkönig der Regionalliga Nord auf.
Berlins Coach Lucien Favre setzte auf Altbewährtes. Lediglich Rückkehrer Wichniarek fand sich als einziger Neuzugang in der Anfangself wieder. Pejcinovic saß wie der angeschlagene Cicero auf der Bank. Janker gehörte nach seiner Oberschenkelverletzung nicht zum Kader.
Gegen leidenschaftlich auftretende und von den Rängen frenetisch unterstützte Preußen tat sich die Hertha von Beginn an immens schwer. Der Hauptstadtklub fand nicht in die Zweikämpfe, agierte pomadig und unkonzentriert und ließ sich den Schneid abkaufen. Der schnelle Loose bereitete über rechts Stein gehörig Probleme, links sorgte Lorenz für Akzente. Von Berlin kam nach vorne vorerst gar nichts.
Umso überraschender, dass die "alte Dame" nach 23 Minuten plötzlich in Front ging. Ein einziges Mal ließ die Münsteraner Hintermannschaft Kacar zu viel Platz, der das Leder Richtung Strafraum trieb und auf Raffael weiterleitete. Der Brasilianer zog 16 Meter vor dem Tor kurz nach innen und zog flach ab. Sichere Beute für Keeper Buchholz sollte man meinen, doch der Preußen-Schlussmann leistete sich einen schlimmen Bock und griff am Leder vorbei - 0:1.
Die Hausherren sowie ihr Anhang brauchten einige Zeit, um sich von dem Rückschlag zu erholen, gegen nach vorne weiter völlig harmlos auftretende Berliner brannte defensiv aber nichts mehr an. Einzig Kacars Pass auf Nicu, der von Buchholz abgefangen wurde (37.), stellte so etwas wie einen Lichtblick im Angriffsspiel der Hertha dar. Einem möglichen 0:2 durch Raffael wurde wegen Abseits die Anerkennung verweigert (44.). Trotz einiger vielversprechender Standards wurden am Ende des ersten Durchgangs aber auch die Preußen nicht mehr wirklich gefährlich.
DFB-Pokal
Nachdem Ebert den ersten Warnschuss des zweiten Durchgangs abgegeben hatte, spielte Münster wieder mutig nach vorne. Wissing und Lauretta hatten aus der Distanz zunächst keinen Erfolg, ehe die Hausherren für ihre Mühen belohnt wurden. Lorenz zog einen Freistoß von rechts mit dem linken Fuß hoch vors Tor. Ebert touchierte das Spielgerät ganz leicht, und die Kugel schlug zum 1:1 im langen Eck ein (53.). Sekunden zuvor hatte der Regionalligist allerdings Glück, dass das Schiedsrichtergespann auch Wichniarek bei dessen Tor im Abseits gesehen haben wollte.
Die Partie hatte nun einen hohen Unterhaltungsfaktor, weil beide Teams die Führung wollten. Die Hertha hatte mehr Chancen, doch Keeper Buchholz zeigte gegen Nicu (55., 66.) und Dardai (65.) eindrucksvoll, dass er seinen Fehler beim 0:1 längst verarbeitet hatte. Auf der Gegenseite musste Drobny gegen den enteilten Pollok retten, nachdem dem eingewechselten Neuzugang Pejcinovic ein schwerer Fehler unterlaufen war (61.).
Mittlerweile war die Begegnung das, was man ein "typisches Pokalspiel" nennt. Je länger das Match dauerte, desto größer wurde der Druck des Bundesligisten. Buchholz stand nun fast permanent im Mittelpunkt, und der Preußen-Schlussmann wuchs langsam, aber sicher über sich hinaus. Mit Wahnsinns-Paraden gegen Kacar (86.), Domovchiyski (86., 87., 90.+1) und Cicero (90.+1) erzwang der Schlussmann die Verlängerung.
In dieser tat sich lange Zeit nicht viel. Berlin schien zwar weit weniger an einem Elfmeterschießen interessiert als Münster, das letzte Risiko wollte aber auch die Favre-Elf nicht gehen. Zumal die Preußen immer wieder gefährliche Konteransätze zeigten. Kam Berlin doch vors Tor, war Buchholz zur Stelle - bis zur 117. Minute. Kacar verlängerte per Kopf zu Domovchiyski, der erstmals im Duell mit dem Schlussmann Sieger blieb und Münster so aus allen Träumen riss. Raffaels Konter zum 1:3 in der Schlussminute war nicht mehr als Ergebniskosmetik.
Münster startet die neue Spielzeit der Regionalliga West am kommenden Freitag gegen die zweite Garde von Mainz 05, die Hertha empfängt am kommenden Samstag zum Bundesligastart Hannover 96.