3. Liga

München blaut auf: Mölders und das erste Endspiel um den Aufstieg

"Er lebt 1860 von Kopf bis Fuß"

München blaut auf: Phänomen Mölders und das erste Endspiel um den Aufstieg

Geballte Faust: Sascha Mölders.

Geballte Faust: Sascha Mölders. imago images

Beim TSV 1860 München stellte sich, als Michael Köllner das Amt des Chef-Trainers übernahm, eine essenzielle Frage: Wie geht man mit Sascha Mölders um? Denn das Alter, seine damals 34 Jahre, waren ja nicht wegzudiskutieren; sein dezentes, eigentlich sympathisches Wohlstands-Bäuchlein auch nicht. Doch in dieser Frage ging es nicht um nackte Zahlen wie Alter oder Kilogramm. Im Gegenteil, es zählte allein: Wie nutzt man die Stärken dieses Spielers?

Einem Fußballer, der für Drittliga-Verhältnisse einen enormen Erfahrungsschatz und vor dem Tor eine extreme Kaltschnäuzigkeit mitbringt; und der - wahrscheinlich allen voran - ein unheimliches Verdienst für die Löwen hat. Schließlich war er es, der die Blauen im Mai 2018 mit seinem verwandelten Elfmeter gegen Saarbrücken zurück in den Profifußball schoss.

Spielersteckbrief Mölders
Mölders

Mölders Sascha

Fußball ist nicht Schickimicki. Fußball ist: Stehplatz, Bier in der Hand, Bratwurst, Mannschaft anfeuern, nach Schweiß stinken.

Sascha Mölders

Mölders ist anders, emotional, gerade heraus. Damit eckt er an, logisch, weil seine Aussagen oftmals polarisieren. Weil er kein Blatt, und wenn, dann nur ein sehr dünnes, vor den Mund nimmt. Weil er sich nicht um sein öffentliches Image schert. Nein. Mölders ist Fußballer. Von der alten Schule. So wie Sechzig ein Klub mit reichlich Tradition ist. "Er lebt 1860 von Kopf bis Fuß", schwärmt Sportchef Günther Gorenzel gegenüber dem kicker: "Er verkörpert diesen Verein mit seiner Arbeitermentalität - dafür lieben ihn die Fans."

Und er liebt sie, sagte er doch unlängst: "Sechzig-Fans sind teilweise verrückt positiv." Dieser Klub passe aufgrund seiner Kultur "nicht in eine Fußballarena. Das ist einfach so. Wenn du in dem Tunnel stehst, bevor du auf den Rasen kommst - das riecht nach Fußball. Fußball ist nicht Schickimicki und so. Fußball ist: Stehplatz, Bier in der Hand, Bratwurst, Mannschaft anfeuern, nach Schweiß stinken - und die Mannschaft versucht, das zurückzugeben. Genau das ist Sechzig."

Mölders hat das Toreschießen nicht verlernt

Diese Einstellung, dieses Kämpferische, dieses Schuftende, gepaart mit seinem manchmal grantelnden Gemüt machen ihn zu einem Unikat. Hinzu kommen seine Treffer, die keineswegs nur aus punktgenauen Vorlagen seiner Kollegen resultieren. Der einstige Augsburger Bundesligastürmer kann es heute noch mit links, rechts, Kopf, Hacke und per Seitfallzieher, wie beispielsweise auch Arnd Zeigler zu Recht in seiner TV-Show bewunderte: "Das Tolle ist, er steht nicht einfach vorne irgendwo rum und macht die Abpraller rein. Sascha besticht durch eine gewisse Poesie, in der Art und Weise, wie er seine Tore schießt."

Und auch darin: mit welcher Quote. Alle 146 Minuten trifft er, Topwert. Insgesamt netzte er 22-mal ein, die Torjägerkanone sollte ihm nicht mehr zu nehmen sein, zumal sein Vorsprung in der Torjägerliste schon satte vier Treffer auf Verfolger Terrence Boyd (Hallescher FC) beträgt. Mit seinen zusätzlichen neun Assists ist er zudem der ligabeste Scorer.

Wertschätzung und Treue

Schwärmt von Mölders: 1860-Sportchef Günther Gorenzel.

Schwärmt von Mölders: 1860-Sportchef Günther Gorenzel. imago images

Bei einem Stürmer mit diesen Qualitäten sind das Alter und die Kilos völlig wurscht, wie man in Bayern sagt. Deshalb beantworteten die Löwen-Verantwortlichen die Frage, die sie sich vor rund anderthalb Jahren stellten, ganz einfach mit: Wir richten die Mannschaft auf Mölders aus. Es ging um Hierarchie, um die Kabine, um das sportliche Konzept.

Coach Köllner, bei den Blauen in München im Falle des Aufstiegs kurz vor der Heiligsprechung, passte seine fußballerische Philosophie eben den Fähigkeiten seines Kapitäns an. Was für Mölders natürlich auch ein Zeichen der absoluten Wertschätzung war; und warum er sich vergangenen Sommer für zwei weitere Jahre in Giesing entschied, obwohl "Sascha lukrativere Angebote" auf dem Tisch liegen hatte, wie Gorenzel sagt.

Die Vertragsverlängerung bis 2022 war ein erster Schritt. Der zweite folgte: Denn entgegen mancher Wünsche holte die 1860-Führung bewusst keinen weiteren Angreifer. Als nächstes Signal an Mölders. Um ihn weiter zu stärken und im übertragenen Sinne zu sagen: Sascha, du bist unsere Nummer eins, du bist der Anführer. Weil er in gewisser Weise auch "die Leidensgeschichte von Sechzig verkörpert", so Gorenzel: "Sascha spielt mit Schmerzen, ganz egal, denn er will mit uns unbedingt noch einmal in der 2. Liga spielen."

Ein Sieg ist Pflicht

Danach lechzt ganz Giesing, die gesamte Löwen-Gemeinde. Und Mölders, so erklärt der Sportchef, habe auf und abseits des Feldes "alles dafür gegeben, dass wir dieses Bonusspiel in Ingolstadt bekommen". Schließlich "hat uns diese grandiose Saison vor zehn Wochen niemand zugetraut", betont Gorenzel.

Um 13.30 Uhr geht's los im Audi-Sportpark. Die Unterstützung der Fans ist gewiss: Sie begleiten die Mannschaft beispielsweise auf dem Weg in die Nachbarstadt mit Plakaten an sämtlichen Brücken. München blaut auf. Denn alle wissen: Die Löwen brauchen in diesem ersten von drei möglichen Endspielen einen Sieg, um sich für die beiden Finals via Relegation zu qualifizieren. Mölders kennt solche Situationen. Er hat es schon einmal gemacht.

Georg Holzner

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