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Leitgeb im Interview: "Das macht alles aktuell nun einen schiefen Eindruck"

WAC-Kapitän bilanziert die Herbstsaison

Leitgeb im Interview: "Das macht alles aktuell nun einen schiefen Eindruck"

Es war bislang keine einfache Saison für Mario Leitgeb und sein Team.

Es war bislang keine einfache Saison für Mario Leitgeb und sein Team. GEPA Pictures

Nach den Abgängen wichtiger Leistungsträger im vergangenen Sommer hatte WAC-Trainer Robin Dutt in der laufenden Saison einen schwierigen Spagat zwischen der Entwicklung junger Spieler und dem gleichzeitigen Erfüllen der Vereinsziele hinzulegen. Nach den ersten 16 Spieltagen zeigt sich aber, dass diese Aufgabe doch um einiges schwerer hinzubekommen ist, als man sich das im Lavanttal gewünscht hätte.

Bundesliga - 16. Spieltag

Nach fünf Niederlagen am Stück konnte man zuletzt mit dem Auswärtssieg gegen die Wiener Austria den Negativtrend vor der Winterpause rechtzeitig bremsen, ist aber als Tabellenneunter weiterhin ein großes Stück von den eigenen Ansprüchen entfernt. Kapitän Mario Leitgeb versucht im kicker-Interview eine Erklärung für das bislang mäßige Abschneiden seiner Truppe zu finden, ist aber zuversichtlich, im Frühjahr einen Angriff auf die Top sechs starten zu können.

Herr Leitgeb, für den WAC ist eine Herbstsaison mit vielen Auf und Abs zu Ende gegangen. Zum Abschluss ist nach fünf Niederlagen noch ein Sieg geglückt. Kommt Ihnen und Ihrem Team die verfrühte Winterpause entgegen, um alles analysieren zu können oder hätte man es gerne vor dem neuen Jahr noch in bessere Bahnen gelenkt?

Das kann man sehen, wie man will. Der Sieg vor der Pause war jedenfalls ungemein wichtig, dass wir da dranbleiben und den Rückstand in Grenzen halten. So kann man auch mit größerer Hoffnung in das Frühjahr reinstarten und hat weiterhin alle Chancen, noch in die Meistergruppe zu kommen. Darauf können wir uns jetzt eine längere Zeit vorbereiten.

Nach fünf Niederlagen in Folge war der knappe Sieg gegen die Wiener Austria ein wichtiger Befreiungsschlag. Wie entscheidend kann so ein Erfolgserlebnis für die Mentalität der Mannschaft vor der langen Pause sein?

Das kann viel ausmachen. Wenn man sich die Stimmung bei uns vor einer Woche ansieht, dann war der Sieg immens wichtig für den Kopf und die kommenden Trainingswochen, weil wir gesehen haben, dass es mit dem Gewinnen noch geht. Es ist für uns alles drinnen, wir haben es selbst in der eigenen Hand und haben volles Vertrauen, dass wir das noch biegen können, um in das obere Play-off zu kommen.

Nach dem Spiel gegen die Wiener Austria gab es von eurem Cheftrainer deutliche Kritik am Videoschiedsrichter. Wie bewerten Sie generell den VAR nach dessen Einführung im Jahr 2021?

Das wechselt bei mir immer wieder. In einer Woche denke ich mir: 'Gott sei dank, haben wir den VAR' und in der nächsten Woche denkst du dir wieder: Pah, dieser VAR, das gibt es ja nicht.’ Es ist aber nicht so, dass es nur bei uns in Österreich diese strittigen Szenen gibt. Ich hab zuletzt auch die deutsche Bundesliga intensiver verfolgt, wo es auch Entscheidungen gibt, die eine Seite versteht und wo sich die andere Seite an den Kopf greift. Es gibt einfach immer Szenen, die in einem Graubereich sind und wo es immer wieder diese Diskussionen gibt. Fatal wird es dann, wenn klare Fouls, so wie vor ein paar Wochen beim Salzburg-Spiel gegen Altach an Sekou Koita, nicht geahndet werden. Wenn so etwas vom VAR nicht gesehen wird, dann ist das wirklich bitter und darf nicht passieren.

In den vergangenen Wochen wurden aufgrund strittiger Entscheidungen die Rufe nach einer Professionalisierung des Schiedsrichterwesens in Österreich wieder lauter. Sehen Sie da als langjähriger Bundesligaspieler Handlungsbedarf?

Das würde ich gar nicht so sagen, weil es diese Fehlentscheidungen eben auch in Deutschland gibt und dort ist das Schiedsrichterwesen sicher einen Schritt weiter als hier. Von dem her, ist das schwer zu sagen und ich will mich da gar nicht auf etwas festlegen. Wenn man zum Beispiel etwas wie die Handspielregel hernimmt, da wird man in 100 Jahren noch immer darüber diskutieren. Da wird es nie eine klare Linie geben, egal wie professionell die Rahmenbedingungen sind.

Dann kommen wir zurück zu Ihrem Team. 17 Punkte stehen nach den ersten 16 Runden am Konto, in der Tabelle ist man nur auf Platz neun zu finden. Letztes Jahr war man noch Dritter nach der selben Anzahl an Spieltagen. Hätten Sie gedacht, dass sich die Nachwirkungen des Umbruchs so lange ziehen würden?

Es war klar, dass es nach dem Umbruch etwas Zeit brauchen wird, aber jetzt sind wir im Winter und da hätten wir uns schon gewünscht, dass sich eine gewisse Konstanz bei uns einspielt und gewisse Abläufe besser funktionieren. Da hängen wir sicher noch etwas nach und haben uns das anders vorgestellt. Der Sieg war jetzt einfach wichtig, damit wir im Rennen dabeibleiben, weil wir wissen, dass im Frühjahr die direkten Konkurrenten im Kampf um den sechsten Platz auf uns warten. Daher ist da noch alles möglich.

Die Mannschaft wirkt insgesamt noch nicht ganz sattelfest, hat bislang Höhen und Tiefen erlebt. Hat man sich nach dem ersten Halbjahr immer noch nicht ganz gefunden oder woran würden Sie das ausmachen?

Das ist schwer zu sagen. Wir haben es in dieser Saison ja schon gezeigt, dass wir unsere Leistung über eine längere Zeit im Spiel und über mehrere Phasen zeigen können. Leider haben wir es noch nicht geschafft, diese Konstanz über einen längere Zeitraum reinzubringen. Wir hätten uns gerne gewünscht, dass wir besser dastehen, aber wir fighten weiter und werden die Winterpause gut nutzen. Dann werden wir im Frühjahr mit Vollgas in die abschließenden Partien des Grunddurchgangs starten.

Offensichtlich sind auch die Balance-Probleme bei Ihrem Team. Einer sehr gut funktionierenden Offensive (mit 29 Treffern die drittmeisten in der Liga) steht eine instabile Defensive (34 Gegentore, die meisten gemeinsam mit Altach) gegenüber. Ist das der Eingewöhnung an den neuen Spielstil geschuldet?

Es hat sich einfach im Vergleich zur Vorsaison viel verändert. Wir hatten da ein eingespieltes System, allen waren die Abläufe klar und jeder wusste, was zu tun ist. Jetzt haben wir ein neues System, vorwiegend mit der Dreierkette und da hat es einige Änderungen gegeben für die Spieler, die schon da waren und für die Neuzugänge sowieso. Deshalb macht das alles aktuell nun einen schiefen Eindruck, aber wir sind noch drinnen und wollen in die Meistergruppe. Das ist ganz klar das Ziel.

Auf eine kurze Phase mit drei Siegen in Folge folgte die Niederlagenserie. Im Vergleich zum letzten Jahr schaffte man es dieses Mal nicht, einen richtigen Lauf starten. Warum ist es heuer nicht gelungen, in dieser positiven Phase eine gewisse Sicherheit zu gewinnen? Fehlt doch etwas Routine in der Mannschaft?

Also Routine fehlt uns keine, da haben wir genug erfahrene Spieler im Kader. Nach den drei Siegen hat es geheißen, wir sind in einem Lauf, alle haben ein gutes Gefühl und dann kriegst du plötzlich einen Rückschlag nach dem anderen. Dann ist das für eine neue Mannschaft auch nicht so leicht wegzustecken und aufzufangen, aber die richtigen Gründe dafür zu finden, ist einfach extrem schwer. Fakt ist, wir haben alle die Zuversicht, dass wir das noch packen und zum fünften Mal in Folge in die Meistergruppe einziehen können. Das ist das Wichtigste.

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Der Verein hat sich zu Beginn der Saison vorgenommen, sich einerseits als Top-Adresse für junge Spieler zu etablieren und gleichzeitig den Anspruch zu stellen, wieder in der Meistergruppe vertreten zu sein. Hat man sich bei diesem Spagat zu viel vorgenommen?

Das glaube ich nicht, weil wir einen gut zusammengestellten Kader haben. Wir haben ja eine gute Mischung aus blutjungen Spielern mit wenig Erfahrung, jungen Spielern, die schon Bundesliga gespielt haben, Profis, die im besten Alter sind und älteren, die schon alles erlebt haben. Mit dieser Mannschaft sollten wir diesen Spagat schon hinbekommen.

Positiv ist allerdings, dass einzelne Spieler wie Thierno Ballo oder Maurice Malone, die davor bei ihren Klubs nicht so viel Spielzeit bekommen hatten, bei Ihnen im Team richtig aufblühen.

Das kennen wir ja bereits aus den letzten Jahren, dass bei uns im Verein junge Spieler die Chance bekommen sich auf höchstem Niveau zu präsentieren und ihre Erfahrungen zu sammeln. Maurice und Thierno sind dabei nur zwei von einigen positiven Beispielen. Das zeigt sich auch durch die Einberufungen in die Nachwuchsnationalteams.

Sie haben die letzten beiden Spiele über die volle Distanz auf der Bank verbracht. Etwas, das man auch als Kapitän zwischendurch akzeptieren muss, wenn die Mannschaft eine Veränderung braucht?

Klar würde ich lieber am Platz stehen, aber ich klammere mich bei den Up and Downs unserer Leistungen nicht aus. Auch bei mir ging es mal rauf und dann wieder runter. Es war generell ein sehr belastendes Halbjahr für mich. Durch die beiden Schicksalsschläge in der Familie waren das emotional bestimmt die schwersten Monate meines Lebens. Dennoch hat mich mein Herz für den Fußball und die Unterstützung, für die ich allen im Verein und in meinem Umfeld sehr dankbar bin, lange Zeit gut durch die Saison getragen. Am Ende war das alles zusammen dann dennoch ungemein kräftezehrend und daher konnte ich die Entscheidung des Trainers nachvollziehen. Jetzt freue ich mich auf erholsame Tage im Urlaub, um den Kopf frei zu bekommen und mit vollen Akkus ins neue Jahr zu starten.

Gegen die "Großen" der Liga hat man nun zweimal gespielt. Ein psychologischer Vorteil, dass im Frühjahr nun das vermeintlich leichtere Programm auf Ihre Mannschaft wartet? Oder bringt es zusätzlich Druck, dass man gegen die "Kleineren" jetzt erst recht zum Siegen verdammt ist?

Das kann man so oder so sehen. Wir hatten ja gegen die Größeren auch schon Punkte machen können, das ist uns im Herbst leider weniger geglückt. Jetzt kommen aber die direkten Konkurrenten und das kann dann schnell wieder in eine andere Richtung gehen, wenn du da zwei, drei Spiele gewinnst. Da sehen wir auf jeden Fall gute Chancen.

Interview: Maximilian Augustin

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