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Kommentar: Türkgücü vs. Bayern II: Abbruch mit Vorgeschichte

Spannungsfeld zwischen Hausrecht und Meinungsfreiheit

Kommentar: Türkgücü gegen FC Bayern II: Ein Abbruch mit Vorgeschichte

Aufgeheizte Stimmung: Ein Banner von Fans der Bayern Amateure sorgte am Samstag für einen Polizeieinsatz und einen Spielabbruch.

Aufgeheizte Stimmung: Ein Banner von Fans der Bayern Amateure sorgte am Samstag für einen Polizeieinsatz und einen Spielabbruch. IMAGO/Beautiful Sports

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Das hatte sich Holger Seitz sicher anders vorgestellt. Just beim Comeback des 48-jährigen Nachfolgers von Martin Demichelis, der die Reserve des FC Bayern bereits zum dritten Mal übernahm, hatten die eigenen Fans einen Spielabbruch provoziert. Fassungslos, irritiert und geschockt konstatierte der Trainer: "Das ist ein trauriger Tag für den Fußball."

In der Tat braucht niemand Szenen, wie sie sich am vergangenen Samstagnachmittag in Heimstetten ereigneten. Dort, wo Türkgücü seit Kurzem seine Heimspiele austrägt. Dass einige Provokateure sich im Namen des Rekordmeisters derart daneben benehmen, kann zudem nicht im Interesse des Vereins sein. Eine interne Aufarbeitung der Geschehnisse ist zwingend notwendig.

Zur Vorgeschichte: Das sonst nie gesehene Transparent des "FC Bayern Fanclubs Kurdistan" hatte bereits im Hinspiel für Verärgerung bei Türkgücü gesorgt. Die polarisierenden Münchner Türken aber schrieben sich nach der Insolvenz auf die Fahne, Kredit zurückzugewinnen und ließen es deshalb auf sich beruhen. Als jedoch am vorvergangenen Sonntag bei einem Bombenanschlag in Istanbul sechs Menschen ums Leben kamen, hatte Türkgücü die Fanvertretung des FC Bayern darum gebeten, das Transparent am Samstag in der Schublade zu lassen. Die Hintergründe des Anschlags sollen nach Angaben der türkischen Regierung im seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt mit den Kurden zu finden sein.

Schriftliche Zusicherung des FC Bayern

Sogar schriftlich sei von Seiten des FC Bayern zugesichert worden, das Banner deshalb nicht aufhängen zu wollen, wie die Polizei indes bestätigte. Als dieses dann aber doch - prominent über mehrere Meter auf Höhe der Mittellinie - präsentiert wurde, schritt nach dem Anpfiff die Polizei ein und Schiedsrichter Simon Schreiner unterbrach die Partie vorerst. Nachdem die FCB-Anhänger der Aufforderung, das Transparent abzuhängen, partout nicht nachkommen wollten, brach er die Begegnung nach einer fast einstündigen Unterbrechung endgültig ab.

Das abgebrochene Spiel

Während sich die Fans auf die Meinungsfreiheit beriefen, konterte die Polizei mit dem Verweis auf das Hausrecht Türkgücüs in Heimstetten. Ob es nun angemessen war, das Transparent nach etwa 45 Minuten gewaltsam unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken zu entfernen, scheint zweifelhaft.

Die Schuldfrage stellt sich dennoch nicht. Denn Interesse an einem Fußballspiel war bei einem Teil der Bayern-Anhänger nicht zu erkennen. Dass das Sportgericht, das die Verantwortung für einen Abbruch als wichtigstes Kriterium in einem solchen Fall ansetzt, eigentlich nur zur Entscheidung kommen kann, Türkgücü die drei Punkte zuzusprechen, nahmen sie in Kauf.

Es liegt nun am Rekordmeister, die Unruhestifter zu identifizieren.

Matthias Horner

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