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Klopp schlägt Alarm: "Das sollte einfach nicht passieren!"

Liverpool-Trainer fordert runden Tisch

Klopp schlägt Alarm: "Das sollte einfach nicht passieren!"

"13 Kilometer, um ein Premier-League-Spiel zu gewinnen!" Jürgen Klopp fand am Freitag deutliche Worte.

"13 Kilometer, um ein Premier-League-Spiel zu gewinnen!" Jürgen Klopp fand am Freitag deutliche Worte. imago images

Kann ein Fußballjahr schlechter beginnen als das von Newcastle United? An Neujahr verlor der Premier-League-Klub nicht nur das Heimspiel gegen Leicester (0:3), sondern auch noch vier Spieler. Als sich Fabian Schär kurz nach der Pause verletzte, hatte Trainer Steve Bruce bereits dreimal verletzungsbedingt gewechselt, und so musste seine Mannschaft fast eine Hälfte lang in Unterzahl spielen. Es war ihr viertes Pflichtspiel binnen zwölf Tagen.

Was danach schon Bruce "aberwitzig" nannte, bringt auch Jürgen Klopp auf die Palme, obwohl er mit dem Spiel herzlich wenig zu tun hatte. Er will nicht länger dabei zuschauen, wie Spieler unter der Dauerbelastung zusammenbrechen - ganz egal, wie viel Geld sie für dieses "Opfer" bekommen.

Er respektiere den Pokal nicht? "Mein wichtigster Job ist, die Spieler zu respektieren"

"Zu sehen, was Newcastle im letzten Spiel passiert ist, und nicht anzufangen nachzudenken, das wäre wirklich wahnsinnig", schlug Klopp am Freitag Alarm. "Du verlierst vier Spieler in einem Spiel! Das sollte nicht passieren. Das sollte einfach nicht passieren!" Und Newcastle sei nur ein Beispiel. Bournemouth etwa habe inzwischen "keine Ahnung wie viele Verletzte", er selbst verlor am Donnerstag gegen Sheffield (2:0) mit Naby Keita (Leistenverletzung) den nächsten Spieler.

Im Rahmen seiner Möglichkeiten wird Klopp wie alle seine Premier-League-Kollegen den FA-Cup-Auftakt am Wochenende nutzen, um zu rotieren (und womöglich Neuzugang Takumi Minamino zum schnellen Debüt verhelfen). "Es haben schon Leute zu mir gesagt, dass ich die Pokalwettbewerbe nicht respektieren würde", wehrt er sich. "Das ist nicht wahr. Aber mein wichtigster Job ist, die Spieler zu respektieren. Das ist mein allerwichtigster Job!" Deswegen müsse er auch im Derby gegen Everton am Sonntag (17.01 Uhr, LIVE! bei kicker und im Stream bei DAZN) "vernünftige Entscheidungen treffen".

Das Schlimmste wäre wohl keine Niederlage gegen Everton, sondern ein Remis

Ein frühes Aus wäre wohl nicht weiter dramatisch, dramatisch wäre vor allem ein Remis. Dann nämlich käme es zum Wiederholungsspiel - "was unglaublich ist", schüttelt Klopp den Kopf, "absolut unglaublich. Was auch immer die FA dazu zu sagen hat, es ist unglaublich." Warum gibt es diese Regelung auch 2020 noch? "Die Leute tun immer so, als würde man Traditionen töten, wenn man etwas an einem Wettbewerb ändert", so Klopp, der kicker-"Mann des Jahres".

Dabei sei der "Unterschied zwischen den Spielen früher und heute riesig. Die Jungs sind letzten Abend (gegen Sheffield, d.Red.) 13 Kilometer gelaufen - 13 Kilometer, um ein Premier-League-Spiel zu gewinnen! Es ist schneller, physischer, fordernder in allen Bereichen." Nur die Wettbewerbsstrukturen hielten damit nicht Schritt.

Die Lösung ist: alle Leute und die TV-Anstalten zusammenzubringen. Und zu sprechen. Und einmal - einmal in all den Verhandlungen! - an die Spieler zu denken.

Jürgen Klopp

Seit Monaten kritisiert Klopp diese Entwicklung. "Was ich zu sagen hatte, habe ich der UEFA persönlich gesagt. Der FIFA habe ich es immer mal wieder über Interviews gesagt, weil ich da nicht wirklich jemanden kenne." Und in England kenne jede Organisation seine Meinung längst. "Ich mache das nicht meinetwegen, sondern einzig, weil irgendjemand für die Spieler eintreten muss. Nicht eine Sekunde geht es dabei um mich."

Doch was kann man konkret tun? Selbst Sportmediziner könnten "keine Wunder vollbringen", und "wir können auch nicht 30- oder 40-köpfige Kader haben, das ist nicht möglich", sagt Klopp. "Die Lösung ist: alle Leute und die TV-Anstalten zusammenzubringen. Und zu sprechen. Und einmal - einmal in all den Verhandlungen! - an die Spieler zu denken. Das ist alles."

"Niemand wird ein Spiel vermissen" - das sei wie bei einem guten Freund

Die "'richtigen' Fußballleute wie Trainer und Sportdirektoren" seien bislang nicht involviert, müssten aber zwingend bei solchen Gesprächen dabei sein. "Dann ist eine Lösung möglich. Und niemand wird ein Spiel vermissen. Es wird immer noch genug Fußball geben. Zu 100 Prozent. Das klingt für mich gar nicht so kompliziert."

Aber verdienen nicht gerade in England die Beteiligten deswegen so viel, weil es den gegenwärtigen TV-Vertrag gibt? Just wegen der vielen Spiele also? "Das sehe ich nicht", kontert Klopp. "Es geht immer um Qualität, nicht um Quantität. Das ist wie im Leben: Wenn du einen guten Freund zweimal im Jahr triffst, ist es brillant, die beste Zeit deines Lebens. Siehst du ihn jeden Tag, fragst du dich nach fünf Tagen, was das bitte für ein Idiot ist. Jedenfalls könnte das passieren."

Ohne das Geld funktioniert es nicht. Aber ohne die Spieler funktioniert es genauso wenig.

Jürgen Klopp

Ja, "ohne das Geld funktioniert es nicht, 100-prozentig nicht. Aber ohne die Spieler funktioniert es genauso wenig." Und "im Moment bewerfen wir die Leute mit Fußball". Falls jemand - "Männer wahrscheinlich" - zum Beispiel am Boxing Day wirklich alle Spiele von 13.30 Uhr bis 23 Uhr gesehen haben sollte, "glaube ich nicht, dass das gut für deren Beziehung war".

Es müsse einfach weiterhin "die beste Mannschaft gewinnen und nicht die, die am meisten Glück mit Verletzungen hatte", wünscht sich Klopp, der sich auch persönlich an einen runden Tisch setzen würde: "Wenn man mich dafür brauchen sollte, bin ich dabei. Falls ich zwischen den Spielen Zeit finde."

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jpe