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Minamino in Liverpool: Billige PR und noch viel mehr

Warum den Reds ein Coup gelungen ist und was Kagawa damit zu tun hat

Minamino in Liverpool: Billige PR und noch viel mehr

Auf zu neuen Höhen: Takumi Minamino ist ab 1. Januar Liverpool-Profi.

Auf zu neuen Höhen: Takumi Minamino ist ab 1. Januar Liverpool-Profi. imago images

Wer Jürgen Klopp häufiger auf Pressekonferenzen erlebt, weiß, dass man ihm schon Fragen zu potenziellen Liverpool-Neuzugängen stellen kann. Man bekommt halt nur keine Antwort. Deswegen griff ein japanischer Reporter vor kurzem zu einem Trick. Anstatt den Welttrainer etwas über Takumi Minamino zu fragen, was seine britischen Kollegen vorher schon vergeblich versucht hatten, fragte er einfach etwas zu Shinji Kagawa. Und Klopp antwortete mit einem seligen Lächeln.

Nach Kagawas erstem BVB-Training lagen sich Klopp und seine Co-Trainer in den Armen

"Ich habe es geliebt, mit Shinji Kagawa zusammenzuarbeiten. Ich habe es geliebt", strahlte Klopp. Allein auf Basis von Video-Eindrücken hätten sie den Mittelfeldspieler damals zum BVB geholt. "Wir konnten uns also nicht 100 Prozent sicher sein. Aber als er dann das erste Mal mittrainiert hatte, sind wir Trainer in die Umkleide gegangen und haben uns alle umarmt: 'Oh mein Gott, wir haben den Superspieler!'"

Sechs Tage nach jener Pressekonferenz stand fest, was Klopp natürlich damals schon gewusst hatte: Offiziell ab 1. Januar wird er zum zweiten Mal in seiner Trainerkarriere einen japanischen Profi betreuen. Für festgeschriebene 8,5 Millionen Euro wechselt Takumi Minamino von RB Salzburg zum FC Liverpool, und diesmal hätte Klopp wohl nicht einmal ein Video gebraucht, um diesen Transfer abzunicken. Es handelt sich erst einmal um buchstäblich billige PR.

Dass Minamino automatisch neue Fans bringt, verschweigt auch Klopp nicht

Denn: Minaminos Marktwert ist locker doppelt so hoch wie seine Ablösesumme, ein finanzielles Risiko existiert da für einen Klub von Liverpools Größe nicht; und dass er Liverpools Follower-Zahlen in Japan in die Höhe treiben wird, verschweigt nicht einmal Klopp in seinem offiziellen Statement auf der LFC-Website: "Herzlich willkommen", ruft er dort jenen in Minaminos Heimatland zu, "die uns jetzt folgen, weil wir eines der aufregendsten Talente des Landes in den Reihen haben".

Kurz gesagt: Würde Liverpool Minamino im Sommer nach null Pflichtspielminuten wieder verkaufen, hätte sich die Verpflichtung trotzdem gelohnt. Nur ist damit nun wirklich nicht zu rechnen. Minamino kommt zwar aus Österreichs Bundesliga und hat, weil bei RB Salzburg, bis zur laufenden Saison noch nie in der Champions League gespielt. Doch scheint er irgendwie trotzdem die perfekte Ergänzung für Klopps Luxuskader zu sein.

Als Kagawa für Osaka auftrumpfte, spielte Minamino dort in der Jugend

Wie Kagawa wurde auch Minamino bei Cerezo Osaka ausgebildet, debütierte nach sieben Jahren in der Akademie 2012 als 17-Jähriger bei den Profis, bei denen er vorher schon Kagawa, Hiroshi Kiyotake oder Takashi Inui hatte begutachten können. Viel schwerer (heute 67 Kilo) und größer (1,74 Meter) ist er seitdem nicht geworden, aber so gut, dass ihn in diesem Winter neben Liverpool noch viele weitere Klubs wollten und das nur in zweiter und dritter Linie mit der Ablöse und Facebook-Zahlen zu tun hatte.

Nach dem überraschenden Abstieg aus der J-League wechselte Minamino Anfang 2015 nach Salzburg und entwickelte sich dort zu einer Pressingmaschine, einem nimmermüden, aggressiven Anläufer, der sich immer wieder zurückfallen lässt und Räume für die Kollegen schafft.

Die Vergleiche mit Firmino sind kein Zufall - ihn soll er wohl entlasten

"Sehr schnell, sehr clever" nennt ihn Klopp: "Er findet Räume zwischen den Linien, ist mutig mit, aber genauso auch ohne den Ball - ein echter Teamplayer." In 136 Ligaspielen für Salzburg kam Minamino auf 42 Tore, 20 Assists und unzählige Balleroberungen im vorderen Drittel, in der Champions League auf fünf Scorerpunkte (2/3) in fünf Spielen.

Die Vergleiche mit Roberto Firmino kommen nicht von ungefähr: Als Backup des brasilianischen Workaholics ist Minamino, heute 24 und japanischer Nationalspieler (22 Länderspiele, elf Tore) wohl vorgesehen; er könnte ihn in der Spitze entlasten, aber auch etwas zurückgezogen hinter ihm spielen. Auf jeden Fall macht er Liverpools Kader in der Rückrunde breiter und Klopps Optionen vielfältiger. Mit den Ex-Salzburgern Sadio Mané und Naby Keita haben die Reds schon allerbeste Erfahrungen gemacht.

Kagawa kam in der Premier League nicht zurecht - und hat einen Rat

Etwas von Kagawas Haltung, von Firminos Unermüdlichkeit, von Manés Ausbildung? Gut nachvollziehbar, dass Klopp Liverpools Sportdirektor Michael Edwards für diesen smarten Transfer ausdrücklich adelt, der so gut in eine Reihe mit Joel Matip, Andy Robertson oder - "etwas" teurer - Mo Salah und Virgil van Dijk zu passen scheint.

Japanische Fußballer, das habe ihm Kagawa in Dortmund gezeigt, hätten eine "herausragende Einstellung, ein herausragendes Arbeitspensum", antwortete Klopp auf die Frage damals noch. Sie seien "fußballerisch und technisch richtig gut, sehr dynamisch und" - das ist ja auch nicht zu verachten - "einfach nette Leute". Kagawas Karriere verfolge er bis heute, und natürlich weiß er, dass dieser sich einst in der Premier League nicht zurechtgefunden hatte.

Bei Real Saragossa spielt der 30-Jährige inzwischen, zweite spanische Liga. Und von dort riet er Minamino vor einigen Tagen via Twitter, an sich zu glauben und hart zu arbeiten "unter dem besten Trainer der Welt". Es sind eben nette Leute.

Jörn Petersen

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