Conference League

Christian Keller: "Unsere Hinweise nicht ernst genommen"

Kölns Geschäftsführer wünscht sich mehr Zivilcourage

Keller: "Unsere Hinweise wurden nicht ernst genommen"

Viel Arbeit nach dem ersten FC-Gruppenspiel in der Europa Conference League: Christian Keller am Freitag in Köln.

Viel Arbeit nach dem ersten FC-Gruppenspiel in der Europa Conference League: Christian Keller am Freitag in Köln. IMAGO/Herbert Bucco

Wie vor jedem Europokalspiel gab es auch vor jenem in Nizza Sicherheitsbesprechungen. Auf diesen, so berichtete Christian Keller, Geschäftsführer des 1. FC Köln, am Freitag, hätte es "extrem viele Hinweise" von Seiten der Kölner gegeben, "die Organisation zu verbessern und die Sicherheit zu erhöhen. Das wurde nicht ernst genommen und nicht getan."

Ein harter Vorwurf an die für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung verantwortlichen Franzosen. Keller wies darauf hin, man habe "ein deutlich höheres Polizeiaufkommen für angemessen" gehalten, ebenso eine bessere Trennung der Fan-Gruppen.

All diese Warnungen seien vor dem Hintergrund von rund 8000 mit Tickets angereisten Kölner Fans ausgesprochen worden und, so Keller, "weil bekannt ist, dass es rivalisierende Lager gibt. Es war auch bekannt, dass die verbotene Fangruppe von Paris Saint-Germain wahrscheinlich kommen wird und Probleme mit Nizza hat. Doch die Vorschläge wurden größtenteils nicht angenommen."

Sicherlich gilt das Motto: Wenn du einmal Blödsinn gemacht hast, dann stehst du mehr unter Beobachtung.

Christian Keller

Nicht "valide bestätigen" konnte Keller Berichte von Augenzeugen, es habe am Stadion teilweise keine Einlasskontrollen gegeben. Was er weiß: "Da waren Leute aus Köln, aus Paris und aus anderen Städten beteiligt, die mit dem FC gar nichts zu tun haben." Nach dem Spiel übrigens blieb es ruhig in der Stadt, eine Rekonstruktion der "Sportschau" folgert daraus, dass deutlich mehr Polizei im Einsatz gewesen sei als vor Beginn.

1. FC Köln 1. FC Köln, Steffen Baumgart (1. FC Köln) auf dem Weg zur Medienrunde, 09.09.2022, Bild: *** 1 FC Cologne 1 FC Cologne, Steffen Baumgart 1 FC Cologne on the way to the media round, 09 09 2022, image.

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Die Partie gegen den tschechischen Pokalsieger 1. FC Slovacko am kommenden Donnerstag (21 Uhr, LIVE! bei kicker) wurde umgehend von der UEFA als "Risikospiel" eingestuft, der FC steht unter strenger Beobachtung, wenngleich - wie Keller dem "Express" bestätigte - die Bewährungszeit wegen der Vorkommnisse von 2017 in eine Geldbuße umgewandelt worden war. Doch Keller weiß: "Sicherlich gilt das Motto: Wenn du einmal Blödsinn gemacht hast, dann stehst du mehr unter Beobachtung."

"Das ist gelebte Zivilcourage - davon brauchen wir mehr"

Immerhin einen positiven Aspekt nahm Keller mit aus Nizza. Die überwältigende Mehrheit der mitgereisten Kölner hätten sich nicht nur völlig friedlich benommen, sondern den rund 100 Chaoten entgegengehalten: "Wir sind Kölner und ihr nicht!" Keller: "Das ist für mich gelebte Zivilcourage. Davon brauchen wir mehr. Und da muss der Klub vorangehen."

Eine hehre Aufgabe, die Grenzen verschwimmen zwischen Chaoten und jenen, die sich der "aktiven Fan-Szene" zurechnen. Das macht die Aufarbeitung nicht leichter und gefährdet weiter den ohnehin angeschlagenen Ruf der Kölner. Neu ist das Problem beileibe nicht, bereits 1986 wurde der Klub wegen randalierender Chaoten im belgischen Kortrijk von der UEFA mit einer Platzsperre belegt und durfte deshalb das Final-Rückspiel um den UEFA-Cup gegen Real Madrid nicht in Köln austragen.

Wirklich ruhig geworden ist es seitdem nie. Es bleibt eine Menge Arbeit.

Frank Lußem