Handball

Handball-EM 2024: Nikola Karabatic über deutsche Pfiffe

Frankreichs Superstar über "besonderen" Abend in Berlin

Karabatic über deutsche Pfiffe: "Das hat mir viel Power gegeben"

Was habe ich gemacht? Nikola Karabatic gewann mit Frankreich gegen Deutschland.

Was habe ich gemacht? Nikola Karabatic gewann mit Frankreich gegen Deutschland. Sascha Klahn

Aus Berlin berichtet Maximilian Schmidt

Nikola Karabatic kann es noch immer. Das hat er seinen Kritikern am Dienstagabend in der Berliner Mercedes-Benz Arena einmal mehr bewiesen. Der nur noch knapp drei Monate 39-Jährige ging beim 33:30 gegen Gastgeber Deutschland voran, scheute keine Verantwortung und warf in über 35 Minuten Einsatzzeit sogar vier Tore.

3. Spieltag in Gruppe A

Zumindest Zweifel hatte auch Deutschlands Handball-Ikone Stefan Kretzschmar im Vorfeld des Turniers geäußert. Im kicker-Interview sagte der ehemalige Weltklasse-Linksaußen mitunter: "Für mich ist grundsätzlich die Frage: Ist das eine intakte Mannschaft? Nikola Karabatic spielt ja wahrscheinlich noch bis zu den Olympischen Spielen in Paris. Das ist sein großes Ziel. Wie sehr wird das supportet von den Mitspielern? Ich habe da noch viele Fragezeichen."

Die Antworten gab der amtierende Olympiasieger auf dem Feld. Angesichts der Leistung gegen Deutschland geht der Rekord-Weltmeister sicherlich als Top-Favorit in die Hauptrundengruppe in Köln - auch wenn die Ungarn ein sogar noch besseres Torverhältnis mit in die Domstadt bringen

Das Schweiz-Spiel nagte an den Franzosen

"Wir haben Selbstvertrauen verloren", gibt der sichtlich relaxte Karabatic in der Mixed Zone der Berliner Arena mit Blick auf das 26:26 gegen die Schweiz offen zu. Ein Lächeln ist auf seinem Gesicht, die Hände in die Hüften gestemmt fügt er an: "In diesem Spiel gegen Deutschland hast du als Olympiasieger den Druck."

Doch wieder lieferte Frankreich, wieder gewann Frankreich. Der letzte deutsche Pflichtspielsieg gegen den Nachbarn liegt mittlerweile fast elf Jahre zurück - damals natürlich auch mit einem alles überragenden Karabatic.

"Mir klingeln jetzt noch die Ohren"

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Angesprochen auf die Stimmung in Berlin muss Karabatic bereits grinsen. "Es war schön", sagte er, stockt kurz und schiebt lachend hinterher: "Ich wurde ausgepfiffen. Das hat mir viel Power gegeben, um zu zeigen, dass wir immer noch da sind und ich noch ein bisschen Handball auf hohem Niveau spielen kann."

Beim Weltrekordspiel in Düsseldorf - Frankreich gewann 39:29 gegen Nordmazedonien - wurde Karabatic von den Fans jeglicher Couleur frenetisch empfangen. Zu groß ist der Respekt vor diesem außergewöhnlichen Sportler mit der einzigartigen Erfolgsgeschichte. Diesen Empfang bekam der Welthandballer von 2007, 2014 und 2016 auch gegen die Schweiz und am Dienstagabend gegen die Deutschen.

Mit Anpfiff aber war es vorbei mit Freundschaft, die deutschen Fans standen wie eine Wand hinter der eigenen Mannschaft und pfiffen die Franzosen phasenweise minutenlang bei deren Angriffen aus. Als Karabatic etwas überraschend nach Abpfiff zum "Player of the Match" gewählt wurde, gab es erneut ein gellendes Pfeifkonzert.

Erinnerungen an Mühlhausen

Karabatic spricht von "immer besonderen" Spielen gegen Deutschland, schwelgt dann sogar in Erinnerungen. Eines seiner ersten A-Länderspiele habe er ja auch im März 2003 in Mühlhausen gegen die DHB-Auswahl gemacht. Insgesamt zehn Tore (davon zwei Siebenmeter) warf der da noch 21 Jahre jüngere Karabatic und beendete die Partie mit einem Paukenschlag: Nach Ablauf der Spielzeit donnerte er einen Freiwurf zum Ausgleich direkt ins Tor (29:29).

In Deutschland jagt Karabatic nun den Traum von seinem vierten EM-Titel nach 2006, 2010 und 2014. Seit mittlerweile zehn Jahren warten die Franzosen schließlich bereits auf den nächsten großen Wurf beim kontinentalen Wettstreit. Karabatic könnte zudem der erste Nicht-Schwede werden, der sich viermal die europäische Krone aufsetzt.

"Es ist immer schön, in so einer Arena und bei einer solchen Atmosphäre zu spielen, von solchen Begegnungen träumst du", spricht aus Karabatic auch Demut - und Wehmut: "Ich weiß ja, dass ich nicht mehr allzu viele Spiele in solchen Arenen machen kann. Deswegen will ich nicht zu viel nachdenken und alles geben."

Im Sommer 2024 beendet Karabatic eine der erfolgreichsten Karrieren der Handball-Geschichte - mit dem großen Highlight: Olympia in Paris. Wenn der wie kaum ein anderer im Welthandball geschundene Körper noch so lange mitmacht.