Nationalelf

Hummels und Müller: Im Parallelflug zum letzten Turnier

Abgeschoben und zurückgeholt

Hummels und Müller: Im Parallelflug zum letzten Turnier

Routiniers auf Reisen: Mats Hummels und Thomas Müller in Hartford (re.).

Routiniers auf Reisen: Mats Hummels und Thomas Müller in Hartford (re.). picture alliance/dpa

Von der US-Reise der DFB-Auswahl berichtet kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

Die ersten drei Trainingstage unter Julian Nagelsmann liegen hinter Mats Hummels und Thomas Müller, und es ist an ihren Gesichtern und Aussagen abzulesen, dass der Abwehrspieler aus Dortmund diese USA-Tour deutlich aufregender findet als der Offensiv-Allrounder des FC Bayern. "Ich bin ja ein alter Hase. So viel Besonderes war nicht dabei, ich hatte mir jetzt auch nicht die großen Überraschungseffekte erwartet", schilderte Müller betont sachlich die ersten Eindrücke unter dem neuen Bundestrainer, dessen Herangehensweise er ja - im Gegensatz zu Hummels - bis zu dessen Entlassung vor sieben Monaten bereits als Klubcoach in München miterlebt hatte.

DFB-Team in den USA

Der zweite, mindestens ebenso gravierende Unterschied zwischen den beiden Routiniers ist: Müller war in den 28 Monaten seit dem Achtelfinal-K.-o. bei der EM 2021 meistens mittendrin im Geschehen der Nationalmannschaft, während Hummels während dieser Amtszeit von Hansi Flick keine Berücksichtigung fand. "Rundum glücklich" sei er deshalb, wieder mitmischen zu dürfen, unterstrich der 34-jährige Kadersenior, der es sichtlich genießt, im Teamquartier der deutschen Mannschaft in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gillette Stadium, der Heimat der New England Patriots sein zu dürfen.

Müller: "Viele hätten Mats das nicht zugetraut"

Die Nominierung, der am Samstag (21 Uhr MESZ, LIVE! bei kicker) in Hartford gegen die USA das Comeback folgen soll, habe sich Hummels verdient, befindet Müller: "Grundsätzlich spielt Mats eine sehr gute Rolle bei Dortmund. Viele hätten ihm wohl nicht zugetraut, dass er körperlich nochmal in einen solchen Zustand kommt." In diesen Worten schwingt Anerkennung mit vom gleichfalls 34-jährigen Müller, dem beim Blick auf Hummels‘ Werdegang im Nationalteam auch der eigene vor Augen geführt wird. "Wir sind ein bisschen im Parallelflug unterwegs", sagte er. Mal abgeschoben, dann zurückgeholt, wieder in Frage gestellt und jetzt wieder gemeinsam da.

Acht Monate nach dem WM-Fiasko 2018 in Russland hatte der damalige Bundestrainer Joachim Löw das Duo in München aufgesucht, um ihm ebenso wie Jerome Boateng die Ausmusterung aus der Nationalmannschaft mitzuteilen. Eine Aktion, die Löw in dieser Form inzwischen bereit. Gut zwei Jahre später wurden Hummels und Müller von ihm für das EM-Turnier 2021 zurückgeholt. Während für Hummels das 0:2 in Wembley im Achtelfinale gegen England zur vorübergehenden Abschiedsvorstellung wurde, hielt Flick an Müller auch bei der desaströsen Katar-WM fest, um ihn anschließend nicht mehr zu berücksichtigen. Die Verbannung beendete Flick ausgerechnet am 9. September beim 1:4 gegen Japan. In den letzten 17 Spielminuten seiner Amtszeit wechselte der den Münchner Routinier ein.

Jetzt sollen Müller und Hummels mit ihrer Erfahrung dazu beitragen, das der sportliche Turnaround in den beiden Spielen gegen die USA und Mexiko gelingt. In welcher Form konkret, da rätseln die beiden Routiniers selbst noch. "Ich bin bereit, wenn ich gefordert bin, aber ich habe tatsächlich keine Ahnung", entgegnete Hummels auf die Frage, ob ihm Nagelsmann bereits die Startelf-Nominierung mitgeteilt habe. Davon ist allerdings auszugehen angesichts der Tatsache, dass ihn Nagelsmann in den letzten Tagen mehrfach zur Führungskraft ernannt hatte und ihm auch im direkten Gespräch entsprechende Aufträge erteilt hatte. "Er erwartet, dass ich auf dem Spielfeld die Organisation mit übernehme und korrigierend eingreife, wenn Dinge nicht so funktionieren. Eine Rolle, die ich gerne einnehme, weil sie in meinem Naturell liegt", berichtete Hummels.

Müllers Standing ist aktuell noch weniger klar definiert. "Ich habe nicht das Gefühl, dass man meine Rolle groß definieren muss. Meine Rolle ist die, die sie schon immer war", sagte Müller am Donnerstag im Gespräch mit Medienvertretern: "Julian kennt mich, deshalb gibt es da wenige Fragezeichen." Automatisch gesetzt war Müller unter Nagelsmann beim FC Bayern nicht. Dieser Zustand dürfte auch zunächst anhalten, was freilich keinerlei Rückschlüsse erlaubt, in welcher Rolle die beiden Haudegen dann bei der Heim-EM dabei sind. Sollten sie von Nagelsmann in den EM-Kader berufen werden, wird es der letzte gemeinsame Versuch, dem WM-Titel von Maracana noch die europäische Trophäe folgen zu lassen.

Julian Nagelsmann

Zeitenwende mit Nagelsmann? "Da wäre ich skeptisch"

alle Videos in der Übersicht