Bayern

Hirsch über Magaths FWK-Zeit: "Versuch, der in Hose ging"

Zwischen Romantik und Realität

Hirsch über Magaths Würzburg-Zeit: "Ein Versuch, der in die Hose ging"

FWK-Vorstand und -Fan gleichermaßen: Benjamin Hirsch

FWK-Vorstand und -Fan gleichermaßen: Benjamin Hirsch IMAGO/foto2press

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Das Jahr 2022 war für die Würzburger Kickers ein Einschnitt. Nach sieben Spielzeiten in Liga 2 und 3 mussten die Unterfranken die bundesweite Bühne in diesem Jahr verlassen. Trotzdem wird weiterhin auf Drittliga- niveau gearbeitet. "Das Setup ist das gleiche", betont Benjamin Hirsch. Er steht seit Juli an der Spitze der Profiabteilung und klingt in diesem Moment tatsächlich wie einer, für den der Fußball in erster Linie ein Geschäft ist. Solange in Würzburg das Label Profifußball klebt, wird Hirsch das auch nicht bestreiten. Trotzdem ist er als Vorstandsvorsitzender der Kickers-AG kein Geschäftsmann im eigentlichen Sinne - im Gegenteil. Hirsch, von Beruf Rechtsanwalt, ist so etwas wie der erste Fan im Verein.

Und das von Kindesbeinen an: Seit seiner Geburt ist der 43-Jährige Mitglied. Schon sein Vater Hanns-Rainer Hirsch war im Verein engagiert, unter anderem als Stadionsprecher, während sein Sohn im Fanblock den Ton angab. Im Jahr 2002 erlebten die Kickers den Absturz in die Bezirksliga. Nicht zuletzt die außergewöhnliche Fanszene mit Hirsch war es, die den Klub am Leben gehalten hat. Eine Erfahrung, die ihn bis heute prägt. "Man darf keine Vereinspolitik machen, die an den Fans vorbeigeht", sagt er.

Der Vorstandsvorsitzende weiß längst, wie die Kickers-Anhänger ticken. "Es hilft, in der Kurve gestanden zu haben", bekräftigt er. Und nicht nur das. Einst vertrat er als Anwalt die Fan-Initiative "Pyrotechnik legalisieren". Heute spricht er mit Blick auf brennende Kurven und Vereinsstrafen von "einer unguten Situation".

Der Vergleich mit dem Hertha-Präsidenten Kay Bernstein, einst Vorsänger der Ultras bei Bundesligisten, liegt freilich auf der Hand - auch für Hirsch. Seine Vorgänger Daniel Sauer, der den Job von 2016 bis 2020 ausgeübt hatte, und zuletzt Christian Jäger, der nur ein Jahr blieb, waren hauptberuflich tätig. Hirsch ist derweil weiter als Rechtsanwalt aktiv. Sauer und Jäger sind längst nicht mehr im Verein präsent. Hirsch dagegen wird den Kickers treu bleiben - auch nach seiner Zeit als Vorstandschef.

"Ich bin sicher, dass alle nur das Beste für den Klub wollten."

Denn eines ist klar: Nach dem Absturz in die Regionalliga brauchte es einen wie ihn, damit der Verein wieder zu sich selbst findet. Die Kickers hatten nach zwei Abstiegen in Serie Maß und Mitte verloren. Schwer wog die Zeit von Felix Magath, der als Berater des Investors Flyeralarm alles auf den Kopf gestellt hat. "Es war ein Versuch", so Hirsch, "der in die Hose ging." Nachkarten will er nicht: "Ich bin sicher, dass alle nur das Beste für den Klub wollten."

Längst aber haben sich die Zeiten geändert. Flyeralarm-Boss Thorsten Fischer, die Triebfeder hinter dem Würzburger Profiprojekt, hat sich aus der Vereinspolitik zurückgezogen. Die 49 Prozent der Anteile, die sein Unternehmen noch hält, stehen zum Verkauf. Hirsch muss mit potenziellen neuen Geldgebern sprechen und überzeugen - eine Gratwanderung. Er habe gelernt, Kompromisse einzugehen. "Das Spannungsfeld wird deutlich", so sagt er, "wenn klar wird, dass es einen Investor braucht, um den Profifußball zu erreichen." Für einen Fußballromantiker wie Hirsch ist das ein rotes Tuch. "Da trifft Realität auf Wunschdenken. Aber ohne Thorsten Fischer wäre der Ofen längst aus", ergänzt er. Ein neuer Anteilseigner muss her, damit die Aufbauarbeit fruchtet. Diese Aufgabe und jene, das ramponierte Image aufzupolieren, dürfte auch in Zukunft keine leichte werden.

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Würzburg und Fußball - das passt nicht. So hatte es oft geheißen. Hirsch hat das nie akzeptiert und das Gegenteil bewiesen. Schon als die Kickers 2012 den Sprung in die Regionalliga schafften, war er Sportlicher Leiter. Als sie mit dem 3x3-Projekt das Ziel Profifußball in Angriff nahmen, gehörte er zum Vorstand. "Wir wollen dorthin zurück", bekräftigt der Funktionär, der sich nach dem Drittligaabstieg im Sommer gewundert hat, warum dieses Projekt schon abgeschrieben wurde. Schließlich habe man mit zwei Zweitligaaufstiegen mehr erreicht als Klubs mit größeren Ambitionen. Eine Geschichte, auf die der Fußballromantiker stolz ist.

Benjamin Hirsch

Benjamin Hirsch (*6. Mai 1979) ist seit seiner Geburt Mitglied bei den Kickers, zudem spielte er in der Jugend selbst für die Rothosen. Zur Saison 2011/12 wurde Hirsch, der zuvor die Spiele meist im Fanblock verfolgt hatte, zunächst Sportlicher Leiter und später Vorstand Sport in Würzburg, das in dieser Zeit den Sprung in die Regionalliga schaffte. Nach dem Aufstieg in den Profifußball war er Sicherheitsbeauftragter. Seit Sommer 2022 ist Hirsch Vorstandsvorsitzender der Profifußball-AG der Kickers.

Frank Kranewitter

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