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Herthas 0:4 gegen Eindhoven offenbart eine lange Mängelliste

Herthas 0:4 gegen Eindhoven offenbart eine lange Mängelliste

Labbadias Hauptproblem: Die Stille auf dem Platz

Hertha-Coach Bruno Labbadia hat nach dem 0:4 gegen die PSV Eindhoven noch viel Arbeit vor sich.

Hertha-Coach Bruno Labbadia hat nach dem 0:4 gegen die PSV Eindhoven noch viel Arbeit vor sich. imago images

Das Team von Bruno Labbadia bot am Samstagabend im Amateurstadion auf dem Berliner Olympiapark-Gelände gegen den 24-fachen niederländischen Meister bis auf eine gute Phase Mitte der ersten Halbzeit eine uninspirierte und fahrige Vorstellung. "Wir sind dabei, eine Achse aufzubauen. Das ist das Schwierigste von allem. Auf dem Platz wird wenig gesprochen, das Manko ist extrem", sagte Labbadia nach dem Spiel. "Wir versuchen, das jeden Tag anzusprechen, aber man keinen in die Rolle reindrängen. Wir haben eine komplette Achse verloren, das hat man heute gemerkt. Trotzdem dürfen wir nicht 0:4 verlieren, das ist ärgerlich."

Die seit dieser Saison vom früheren Leverkusen-Coach Roger Schmidt trainierten Gäste setzten mit einem Freistoß von Mo Ihattaren, den Rune Jarstein aus dem Torwinkel fischte, das erste Ausrufezeichen (5.), und dominierten die Anfangsphase. Die Berliner, die ohne Abwehrchef Dedryck Boyata (Achillessehnenbeschwerden) antraten, fanden nach knapp 20 Minuten ins Spiel. "Die erste Viertelstunde haben wir verschlafen", monierte Labbadia. "Danach haben wir das Spiel voll in den Griff gekriegt."

Hertha verteilt Geschenke

Doch sowohl Dodi Lukebakio (22., Heber übers Tor nach feinem Pass von Matheus Cunha) als auch Maximilian Mittelstädt, dessen Kopfball PSV-Keeper Yvon Mvogo parierte, und Krzysztof Piatek bei ihrer Doppelchance (32., Nachschuss übers Tor) ließen die mögliche Führung aus. "Da mussten wir klar in Führung gehen", bilanzierte Labbadia, "und sind stattdessen aus dem Nichts in Rückstand geraten." Herthas niederländischer Innenverteidiger Karim Rekik ließ sich von seinem Landsmann Donyell Malen düpieren, Torwart Rune Jarstein entblößte die kurze Ecke, 0:1 (37.). Es war nicht das letzte Geschenk des Abends.

Nach Wiederanpfiff beförderte Hertha-Kapitän Niklas Stark, der zur zweiten Halbzeit nach Rekiks Auswechslung vom defensiven Mittelfeld ins Abwehrzentrum neben Jordan Torunarigha rückte, eine Eingabe von Sam Lammers ins eigene Tor (47.). Der starke Malen hatte zuvor mit einem Pass in die Tiefe Lammers geschickt. Bei Hertha war damit bereits der Stecker gezogen - auch die neben Keeper Alexander Schwolow zur Halbzeit eingewechselten Arne Maier, Ondrej Duda und Marvin Plattenhardt vermochten keine echte Gegenwehr zu initiieren. Im Gegenteil, Duda und Maier fabrizierten im Aufbau ungewohnt viele Fehlpässe.

Cody Gakpo nach schöner Kombination und Vorarbeit von Malen (70.) und der entschlossen abziehende Lammers (76.) stellten auf 4:0 für die Gäste, bei denen Neuzugang Mvogo wenig gefordert war, aber bei seinem Debüt dennoch mit Hand und Fuß die eine oder andere Aktion einstreute, die Anzeichen von Nervosität verriet. Der Schweizer war am Dienstag für zwei Jahre von RB Leipzig nach Eindhoven verliehen worden, zuvor hatte er seinen Vertrag in Leipzig bis 2023 verlängert. Erst in der Schlussphase prüfte Jessic Ngankam mit einem Flachschuss, den Mvogo zur Ecke abwehrte, den PSV-Schlussmann nochmal (86.).

Wie ruhig wir von der ersten bis zur letzten Minute waren, fand ich am krassesten.

Bruno Labbadia

Für Labbadia waren Körpersprache und Vortrag seines Teams nach der Pause nicht in Ordnung: "Die Reaktion nach dem 0:2 war nicht gut. Da war keiner auf dem Platz, der gesagt hat: Komm', wir ordnen das. Wie ruhig wir von der ersten bis zur letzten Minute waren, fand ich am krassesten. Und auf der anderen Seite war eine Mannschaft, die sich permanent gecoacht hat. Bei uns war von der ersten Minute an jeder mit sich beschäftigt."

Mehr Kommunikation - das bleibt neben der latent harmlosen Offensive das Hauptthema für Labbadia, der ankündigte: "Es bringt jetzt nichts, komplett reinzuhauen. Aber wir werden es schon klar ansprechen, dass es so nicht funktionieren wird, wenn sich auf dem Platz keiner gegenseitig hilft und steuert."

Herthas "Holland-Woche" - 0:1 bei Ajax Amsterdam am Dienstag, nun 0:4 gegen die PSV Eindhoven - hat gezeigt, wieviel noch zu tun ist. "Das war kein schöner Test, aber ein wichtiger Test", stellte Labbadia fest. Die Generalprobe für das DFB-Pokalspiel bei Eintracht Braunschweig (11.9.) bestreitet Hertha am kommenden Samstag beim Hamburger SV. Die PSV startet am 13. September mit dem Spiel beim FC Groningen in die Eredivisie 2020/21.

Steffen Rohr