Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps hatte seine Stammelf beim 0:0 am letzten Gruppenspieltag gegen Ecuador kräftig durcheinandergewirbelt. Diesmal ließ der Weltmeister von 1998 wieder seine vermeintlich stärkste Formation auflaufen. Giroud, Valbuena, Cabaye, Varane, Evra und Debuchy ersetzen Griezmann, Sissoko, Schneiderlin, Digne, Sagna und Sakho, der mit einer Oberschenkelzerrung passen musste.
Nigeria-Coach Stephen Keshi tauschte gegenüber der 2:3-Niederlage gegen Argentinien auf einer Position: Für Babatunde, der sich im Spiel gegen Messi und Co. den Arm gebrochen hatte, lief Moses auf.
Nigeria beginnt gefällig
Keshis Team war etwas überraschend von Anfang an das aktivere Team. Die Super Eagles waren auf Ballbesitz bedacht und machten einen hochkonzentrierten Eindruck. Frankreich wirkte bei weitem nicht wie der große Favorit und startete abwartend. So konnte Nigeria in den ersten 20 Minuten erstaunliche 60 Prozent Ballbesitz sein Eigen nennen und durch durchaus gefällige Passstafetten auffallen.
Obwohl Tempo in der Partie war, gab es in der Anfangsphase keine Torschüsse, da die Zuspiele im letzten Drittel zu ungenau waren. Der erste sollte dann gleich drin sein, zählte jedoch nicht: Emenike verwertete eine Freistoßflanke von links per Fuß, stand dabei allerdings minimal im Abseits. Schiedsrichterassistenz Joe Fletcher bewies ein gutes Auge, Frankreich konnte erst einmal durchatmen (19.). Zwei Minuten später hatten die Bleus im Gegenstoß zu viel Platz, Valbuenas Flanke nahm Pogba volley - Enyeama reagierte jedoch prächtig und lenkte das Geschoss sehenswert ins Toraus.
Das Achtelfinale im Überblick
Frankreich behäbig und ideenlos
Nach den zwei Highlights binnen weniger Minuten gestaltete sich die Partie völlig ausgeglichen. Beide Mannschaften suchten den Weg nach vorne, stürmten jedoch mit angezogener Handbremse und ließen die letzte Entschlossenheit vermissen. Je mehr Zeit in Halbzeit eins verging, desto besser bekamen die Franzosen die Begegnung in den Griff. Allerdings sorgten ungenaue oder zu späte Abspiele dafür, dass ihnen vor dem Tor die Gefahr abhanden ging.
Die nächste Gelegenheit sollte sich der Equipe Tricolore erst in Minute 39 bieten: Über Matuidi und Valbuena kam das Leder zu Rechtsverteidiger Debuchy, der von der Strafraumgrenze abzog. Ihm fehlte jedoch die Präzision im Abschluss, so dass sein Schuss rechts am Gehäuse vorbei flog. Das Deschamps-Team setzte sich zwar zum Ende des ersten Durchgangs in der nigerianischen Spielhälfte fest, sowohl Ideen als auch Durchschlagskraft waren aber absolute Mangelware, so dass es in einem dürftigen Spiel mit 0:0 in die Kabinen ging.
Matuidis rüdes Einsteigen
Böses Foul: Matuidi stieg Onazi auf den Knöchel, sah dafür jedoch nur Gelb. Getty Images
Auch die zweite Halbzeit sollte nicht wirklich flott beginnen, für den (negativen) Höhepunkt sorgte dann Matuidi, der Onazi böse auf den Knöchel stieg und von Glück reden konnte, nur die Gelbe Karte für das Vergehen zu sehen (54.). Onazi wurde derweil vom Platz getragen, für ihn kam Gabriel. Das Spiel verlor mehr und mehr an Niveau, Deschamps merkte, dass Benzema auf dem Flügel die Durschlagskraft fehlte und wechselte: Griezmann kam für Giroud und ging auf den Flügel, Benzema rückte dafür wieder ins Sturmzentrum.
Dem Angreifer von Real Madrid sollte sich in der 70. Minute auch die große Chance zur Führung bieten: Im Eins-gegen-Eins mit Enyeama schoss Benezma aber erst den Torhüter an, ehe die Kugel kurz vor der Linie von Moses geklärt wurde. Es sollte der Startschuss für "Les Bleus" werden, die nun konsequenter auf das erste Tor drängten.
Nigeria hatte nun mächtig seine Probleme: Nach einem Eckstoß schoss erst Benzema flach vor das Gehäuse, die Kugel zwar in höchster Not jedoch geklärt, prallte aber zu Cabaye, dessen sehenswerter Schuss von der Unterkante der Latte ins Feld prallte (77.). Eine Minute später lenkte Enyeama einen Benzema-Kopfball über den Querbalken. Die Afrikaner taumelten nun von einer Verlegenheit in die nächste.
Der starke Nigeria-Schlussmann Vincent Enyeama bekam die Kugel einmal nicht zu fassen - Paul Pogba (li.) bedankte sich. Getty Images
Pogba köpft ein
Frankreich machte jetzt so richtig ernst und wurde für seine Angriffsbemühungen belohnt: Nach der darauffolgenden Ecke kam der bis dato starke Enyeama nur mit einer Hand an den Ball, Pogba nutzte den Fehler und köpfte die Kugel ins verwaiste Tor zum 1:0 ein (79.). Auch mit der Führung im Rücken ließen die Europäer aber nicht locker. Griezmann zog aus halblinker Position im Strafraum wuchtig ab, doch Nigerias Keeper zeigte einen blitzartigen Reflex und parierte das Geschoss mit einer Hand (84.).
Nigeria war stehend K.o. und hatte dem nichts mehr entgegenzusetzen, in der Nachspielzeit sollte es noch schlimmer kommen: Eine flache Valbuena-Hereingabe drückte Yobo von Griezmann bedrängt ins eigene Tor (90.+2). Frankreich enttäuschte lange Zeit zwar, drehte aber in Halbzeit zwei noch rechtzeitig auf und sicherte sich durch den Endspurt schließlich nicht unverdient das Ticket für das Viertelfinale, wo es am Freitag um 18 Uhr (MESZ) in Rio de Janeiro gegen den Gewinner der Partie Deutschland - Algerien geht.