Champions League

Frankfurt: Choreo-Ärger, Fan-Rivalität, drohendes Geisterspiel

Brisante Champions-League-Duelle

Frankfurt vor Neapel: Choreo-Ärger, Fan-Rivalität und drohendes Geisterspiel

Müssen auf eine Choreo verzichten: Frankfurts Fans sind darüber erzürnt.

Müssen auf eine Choreo verzichten: Frankfurts Fans sind darüber erzürnt. IMAGO/osnapix

Mit wunderschönen Choreografien sorgten die Ultras Frankfurt in den vergangenen Jahren im Europapokal national wie international für Aufsehen. Die Bilder von den über alle vier Tribünen reichenden Choreos standen symbolhaft für die Festtage auf internationaler Bühne.

Vorschau

Normalerweise wäre das Traditionsduell gegen Napoli Anlass genug, um das Stadion ein weiteres Mal festlich zu verkleiden. Doch daraus wird nichts, das verkündeten die Ultras auf Plakaten bereits am vergangenen Samstag beim Heimspiel gegen Werder Bremen. Sie sprechen von einer "Schikane der Behörden" und kritisieren "eine Linie, bei der seitens der Feuerwehr jegliche Kompetenzen überschritten und persönliche Vorbehalte gegen unseren Verein auf dem Rücken der Fanszene ausgetragen werden". Daher setze man wie auch bei den Heimspielen gegen Marseille, Tottenham und Darmstadt auf "herkömmliche Mittel wie Doppelhalter und Fähnchen". Außerdem sollen die Fans Konfetti und Pilskronen mitbringen und beim Einlaufen der Mannschaften in die Luft werfen. Selbst das ist nicht unproblematisch, doch dazu später mehr.

Frankfurter Feuerwehr bestreitet Vorwürfe

Die Frankfurter Feuerwehr lässt die Vorwürfe nicht unkommentiert. In einer am späten Montagnachmittag veröffentlichen Pressemitteilung wird betont: "Die Feuerwehr kann und wird eine Choreografie bei Veranstaltungen mangels Rechtsgrundlage nicht untersagen. Den Vorwurf, dass 'persönliche Vorbehalte gegen den Verein auf dem Rücken der Fanszene ausgetragen werden', weisen wir entschieden zurück. Die Feuerwehr Frankfurt war und ist immer zu konstruktiven Gesprächen bereit, um für eventuell auftretende Probleme Lösungsansätze zu finden."

Nach dem Statement der Ultras sei es zu "Anfeindungen und Beleidigungen" gegenüber den Einsatzkräften des Brandsicherheitsdienstes im Stadion gekommen. "Das ist natürlich völlig verfehlt. Feuerwehr-Einsatzkräfte sorgen für unser aller Sicherheit und sind absolut unverzichtbare Helfer an unseren Spieltagen - von Notfällen ganz zu schweigen", betont der unter anderem für die Spieltagsorganisation und Sicherheit zuständige Eintracht-Vorstand Philipp Reschke.

Weiter heißt es in der Stellungnahme der Feuerwehr: "Die Feuerwehr Frankfurt hat bisher von Seiten des Vereins keine Anfrage wegen einer Choreographie erhalten. Vor dem Spiel gegen Darmstadt erlangte die Feuerwehr Kenntnis von einem Aufruf der Fanszene, beim Spiel gegen Neapel Konfetti mit ins Stadion zu bringen. Ein Vertreter der Frankfurter Ultras wurde lediglich bei einer Begehung des Heimbereichs am 07.02.2023 auf die Bestimmungen der Hessischen Versammlungsstättenrichtlinie (Verwendung von Konfetti, für das die Schwerentflammbarkeit durch ein Zertifikat bestätigt wird) sowie auf die Stadionordnung des Betreibers hingewiesen. Für die Einhaltung der Vorgaben der Hessischen Versammlungsstättenrichtlinie im Sinne der Sicherheit aller Besucher und des notwendigen Brandschutzes sind Betreiber und Veranstalter verantwortlich."

Der Ordnungsdienst hat die Aufgabe, mit Augenmaß zu gucken, dass wir nicht eine Papiermüllfabrik aufmachen.

Eintracht-Vorstand Philipp Reschke

In besagter Hessischer Versammungsstättenrichtlinie taucht allein neunmal das Wort "schwerentflammbar" auf, laut Stadionordnung sind sogar folgende Objekte verboten: "großflächige Spruchbänder, Doppelhalter, größere Mengen von Papier, Tapetenrollen, Konfetti, Luftschlangen". Wenn alle Zuschauer Konfetti oder geschredderte Akten mitbringen würden, entstünde eine Brandlast, mahnt Eintracht-Vorstand Reschke. "Der Ordnungsdienst hat die Aufgabe, mit Augenmaß zu gucken, dass wir nicht eine Papiermüllfabrik aufmachen. Die Wahrheit wird in der Mitte liegen. Wenn jemand mit einer Entsorgungstonne zum Stadion kommt, wird das nicht funktionieren", sagt Reschke. Der Konflikt zwischen den Ultras und der Feuerwehr habe eine "lange Vorgeschichte" und sei "komplex und vielschichtig".

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Reschke will wieder einen "Korridor etablieren" und beide Seiten zusammenführen, damit künftig Choreografien stattfinden können. Diese müssen in der Tat nicht von der Feuerwehr genehmigt werden, trotzdem fand in der Vergangenheit im Sinne der Sicherheit ein reger Austausch statt. Mit der Rückkehr der aktiven Fanszenen nach Corona kam es - nicht nur in Frankfurt - vermehrt zum Abbrennen von Pyrotechnik. Dies hat das Verhältnis zu den Sicherheitsbehörden offenbar belastet.

Rivalität mit Neapel, Fan-Freundschaft mit Bergamo

Ein anderes brisantes Thema ist die Fanrivalität zwischen Frankfurt und Napoli. Als eine Eintracht-Delegation am 7. November zur Auslosung nach Nyon flog, hofften alle, dem Los Neapel zu entgehen. Dieser Wunsch beruhte auf Gegenseitigkeit. Als die Eintracht 1994 im UEFA-Cup-Achtelfinale in Neapel 1:0 gewann, kam es zu Ausschreitungen. Die UEFA sanktionierte die Italiener mit einem Geisterspiel.

Was dem Duell zusätzliche Brisanz verleiht, ist die Fan-Freundschaft der Ultras Frankfurt mit Atalanta Bergamo. Das könnte vor allem im Rückspiel problematisch werden. "Für Neapel und die dortigen Behörden sorgt jede Fan-Freundschaft eines Gegners mit Klubs aus dem italienischen Norden für Kopfzerbrechen. Das gilt natürlich auch für die Freundschaft zu Bergamo", sagt Reschke im aktuellen Europapokal-Sonderheft des kicker. Am Fuße des Vesuv spielten sich bei internationalen Begegnungen in den vergangenen Jahren mehrfach Jagdszenen ab, Gästefans kamen zu Schaden.

Eintracht auf Bewährung - Reschkes Warnung

Der Eintracht drohen bei Verfehlungen ihrer Fans drastische Konsequenzen, die UEFA hat ein Geisterspiel zu Hause und einen Fan-Ausschluss bei einem Auswärtsspiel zur Bewährung ausgesetzt. Geahndet wurden insbesondere der Platzsturm nach dem Heimspiel gegen West Ham United im Europa-League-Halbfinale sowie der von einem Fan in Marseille gezeigte Hitler-Gruß. Im schlimmsten Fall müsste die Mannschaft in einem möglichen Viertelfinale ohne die Unterstützung ihrer Fans auskommen.

Die Anhänger müssen sich also zusammenreißen und vor allem Mitte März beim Rückspiel stets auf der Hut sein. Reschkes Warnung ist unmissverständlich: "Das Auswärtsspiel in Neapel ist etwas für erfahrene Eintracht-Fans, die wissen, wie man sich allein oder in Gruppen an schwierigen internationalen Standorten verhält und bewegt. Kurzum, ohne Ticket nach Neapel: schlechte Idee. Erste internationale Auswärtsspielerfahrungen sammeln: schlechte Idee. Beides zusammen: sehr schlechte Idee."

Julian Franzke