Nationalelf

Flick: Grundsatzerklärung und Glaubensbekenntnis

Respektlose Solonummer des DFB

Flick: Grundsatzerklärung und Glaubensbekenntnis

"Ich bin überzeugt von dem, was wir machen": Hansi Flick.

"Ich bin überzeugt von dem, was wir machen": Hansi Flick.

Aus Katar berichtet Karlheinz Wild

Es war schnell ersichtlich und verwunderlich, dass Hansi Flick (57) ohne Begleitung vom rund 100 Kilometer fernen Teamquartier an der äußersten Nordspitze des Landes angereist war. Dänische Reporter schüttelten den Kopf, "unglaublich" fanden sie dieses Verhalten der Deutschen, "seltsam" nannten es die Spanier. "Wir wollten keinem Spieler zumuten, so lange zu fahren", erklärte der DFB-Chefcoach, "da sitzt man insgesamt fast drei Stunden im Auto", und das "vor einem so wichtigen Spiel morgen". Also habe der Trainer "den Spielern gesagt, ich mache das allein". Weil alle der 26 Auserwählen wichtig seien, sollte sich jeder auf das abendliche Training vorbereiten. Und dann ging Flick noch in die Offensive, als er anfügte, das deutsche Lager sei "schon enttäuscht", weil das Medienzentrum "richtig gut" sei, also hätte man die Frage-Antwort-Prozedur "auch gut dort machen können", inklusive das Angebot, dort das Abschlusstraining zu begutachten, 15 Minuten kurz. Die FIFA sagte nein. "Ist halt so", merkte der Trainer an, "müssen wir akzeptieren, wie so vieles".

Der internationale Verband wird diese egoistische und regelwidrige Verweigerung außerdem sanktionieren. Gravierender als die Geldstrafe ist aber die negative Außenwirkung dieser gegenüber den internationalen Medien und deren weltweiten Nutzern respektlosen Solonummer.

So geschont und geschützt von ihrem Trainer, sollen die Neuer, Müller und Kollegen an diesem Sonntag ihre beste Performance bieten. Die Parallelen in der Spielweise führten gegen die Spanier zu Eins-gegen-eins-Konstellationen "in jeder Position", betonte der oberste deutsche Fußballlehrer, "das ist entscheidend, dass wir in der Lage sind, diese Duelle zu gewinnen". Im zweiten Gruppengegner sieht Flick eine Mannschaft mit einer klaren Ausrichtung und gefestigten Automatismen, Sergio Busquets bilde "das Herz", die Talente Gavi (18) und Pedri (20) seien "fantastisch" ausgebildet. Abgeschirmt vom Senior auf der Position 6 dürfen sich diese beiden Achter davor austoben in der Offensive, die gegen den Trainingspartner aus Costa Rica sieben Tore produzierte.

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"Wir sind absolut davon überzeugt, wie wir Fußball spielen wollen"

Was kann der Trainer innerhalb von vier Tagen tun, um die kollektiven und individuellen Defizite in der Abwehrarbeit zu beheben, fragte der kicker. Er habe den Spielern seit der Japan-Pleite "in aller Klarheit aufgezeigt, was wir nicht so gut gemacht haben", antwortete Flick, es sei "in einigen Situationen einiges falsch gemacht" worden. Für die Partie gegen Spanien ist natürlich Besserung beabsichtigt - und notwendig. Und es war schon eine Grundsatzerklärung, die Flick anfügte: "Wir sind absolut davon überzeugt, wie wir Fußball spielen wollen." Eben auf diese Kernaufgabe richte er seinen Fokus. Und damit es auch jeder glaubte, wiederholte er: "Ich bin überzeugt von dem, was wir machen, von der Idee, wie wir Fußball spielen wollen." Wie bitter diese 1:2-Niederlage zum Start auch gewesen sein mag, Flick stellte klar: "Wir gehen diesen Weg trotzdem weiter, weil wir überzeugt sind, dass wir eine Mannschaft haben, die Qualität hat und diese Dinge umsetzen kann."

Die erste Prüfung wartet am Sonntag. "Wir sind da sehr positiv. Darum geht es, mit Mut und Glauben an unsere Qualität dieses Spiel gegen Spanien anzugehen." Dazu ist Selbstvertrauen die Grundbedingung, also versuchte Flick, die Seinen mit seinem Glaubensbekenntnis zu stärken. "Ich bin froh über die Mannschaft, die ich trainieren und betreuen darf", sagte er. "Wir werden morgen eine Mannschaft sehen, die wirklich weiß, worum es geht; die versucht, alles dafür zu tun, dass wir uns für den letzten Spieltag die Tür zum Achtelfinale noch offenlassen."

Auch von seiner persönlichen Historie gegen Spanien - als DFB-Co-Trainer 0:1-Finalniederlage bei der EM 2008, 0:1-Halbfinalniederlage bei der WM 2010 - mag sich der Bundestrainer nicht beeindrucken lassen. "Das ist Vergangenheit", sagte er, "das interessiert nicht, morgen ist die Zukunft."

Flick hat viele Optionen

Damit es eine schöne wird, muss der Coach eine Elf losschicken, die gewinnt. Die Aufstellung für dieses, so Flick, "erste Finale für uns bei dieser WM", verriet er selbstredend nicht, vielmehr verwies er auf die Optionen auf verschiedenen Positionen. In diese Kategorie gliederte er auch Kimmich als Rechtsverteidiger ein oder ein Mittelfeld mit Kimmich-Goretzka-Gündogan. "Warten wir es ab!" Nach den Eindrücken des Abschlusstrainings und nächtlicher Ruhe sei er dann schlauer. Beim knieverletzten Leroy Sané wollte er beim Üben unter Flutlicht genau hinschauen.

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