Torjägerkanone

Vilzings André Luge: "Die größte Hürde findet im Kopf statt"

Die Torjägerkanone™ für alle: "Ich finde das sehr gut"

Ex-Profi André Luge über den Amateurfußball: "Die größte Hürde ist im Kopf"

Das waren noch Zeiten: André Luge (links) beim Torjubel mit Joshua Kimmich und Yussuf Poulsen im Trikot von RB Leipzig.

Das waren noch Zeiten: André Luge (links) beim Torjubel mit Joshua Kimmich und Yussuf Poulsen im Trikot von RB Leipzig. imago/Köhn

Bayernliga Nord

Er ist einer der gefürchtetsten Offensivspieler im bayerischen Amateurfußball. Vor vier Jahren entschied sich Ex-Profi André Luge, der unter anderem schon mit Nationalspieler Joshua Kimmich bei RB Leipzig die Kabine teilte, zur DJK Vilzing - aktuell Bayernliga Nord, damals Bayernliga Süd - zu wechseln. In 91 Liga-Einsätzen kam der Angreifer bisher auf 54 Treffer. Wir sprachen mit Luge über Puzzleteile, namhafte Mannschaftskollegen und die größten Unterschiede zwischen dem Profi- und Amateurgeschäft.

Hallo André, derzeit bist du bei der DJK Vilzing in der Bayernliga Nord unter Vertrag. In sieben Spielen kommst du auf vier Treffer, hast auch schon die eine oder andere Vorlage gegeben. Zuletzt hast du deiner Mannschaft aber verletzungsbedingt gefehlt. Wie ist der aktuelle Stand?

Ja, zuletzt hatte ich immer wieder mit kleineren Blessuren an der Wade und Achillessehne zu kämpfen. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, eine MRT-Untersuchung zu machen, nur um sicherzugehen. Ob es eine größere Verletzung ist, kann ich noch nicht sagen.

Gerade weil du seit Jahren einer der Schlüsselspieler in Vilzing bist, könnte man sich doch fragen, warum du nicht eine oder zwei Ligen höher spielst. Wie stehst du zu dieser Annahme?

So einfach ist das nicht. Da müssen viele Komponenten zusammenpassen. Natürlich würde ich irgendwann gerne nochmal eine oder zwei Ligen höher spielen. Vielleicht gelingt mir das ja mit der DJK Vilzing.

Einige Male hast du aber trotzdem schon Profi-Luft geschnuppert. Seit deinem Debüt im Jahr 2010 im Dress von Carl-Zeiss Jena hast du 32 Einsätze bei unterschiedlichen Vereinen in der 3. Liga gesammelt. Warum hat es am Ende dann aber doch nicht für die ganz große Karriere gereicht?

Um sich dauerhaft im Profifußball durchzusetzen, benötigt man zunächst einmal neben dem Talent auch eine ganze Menge Glück. Man braucht das nötige Momentum zum richtigen Zeitpunkt unter dem richtigen Trainer. Während meiner Karriere habe ich viele gute und namhafte Stationen gehabt und darauf bin ich stolz. Ein Spiel mehr oder weniger spielt für mich keine Rolle.

Trauerst du manchmal deiner Zeit im Profibereich nach?

Nein, wenn ich gewollt hätte, hätte ich nach meiner Zeit in Regensburg weiterhin höherklassig spielen können, aber ich habe mich damals bewusst für den Schritt in den Amateurbereich entschieden.

Wenn man sich deine Vita anschaut, sind mit Werder Bremen, Jahn Regensburg und RB Leipzig einige namhafte Vereine dabei. Auf welche Zeit blickst du besonders gerne zurück?

Da kann und möchte ich mich nicht entscheiden, denn ich blicke auf jede Zeit sehr gerne zurück. Egal bei welchem Verein ich während meiner Karriere gespielt habe, ich wurde überall gut behandelt und habe immer etwas Neues lernen können.

Doch nicht nur namhafte Vereine, sondern auch namhafte Spieler hast du in deiner Karriere kennengelernt. Neben Yussuf Poulsen (RB Leipzig) und Erik Thommy (damals Jahn Regensburg, heute beim VfB Stuttgart) hast du auch schon die Kabine mit Joshua Kimmich vom FC Bayern München, damals noch bei RB Leipzig, geteilt. Wer war für dich der beeindruckendste Mitspieler?

An dieser Stelle muss man den Joshua schon hervorheben.

Warum?

Weil er bereits damals unglaublich akribisch gearbeitet hat, so wie man ihn eben heute kennt. Ich muss dazu sagen, dass Joshua und ich damals auch privat viel gemeinsam unternommen haben.

Für mich war immer klar erkennbar, dass er das Potenzial hat, um es nach oben zu schaffen.

André Luge über seinen Ex-Teamkollegen Joshua Kimmich

Solche Geschichten eignen sich bestimmt hervorragend für den Stammtisch oder für die eigenen Kinder, nicht wahr?

Definitiv, das ist super (lacht). Es ist völlig egal, wie viele Spiele man für einen Verein gemacht hat. Man hat immer wieder etwas Neues mitgenommen. Das ist das Tolle daran und so muss es auch sein.

Inzwischen hast du ja sowohl im Profi- als auch Amateurbereich reichlich Erfahrungen gesammelt. Wo liegen in deinen Augen die größten Unterschiede?

So groß wie viele denken ist der Unterschied zwischen Profi- und Amateurfußball gar nicht. Im Vergleich zum Amateurbereich geht einfach alles einen Tick schneller. In Sachen Fitness und Spritzigkeit kann sich auch ein Amateurkicker Profi-Niveau antrainieren. Die größte Hürde ist definitiv im Kopf.

In deiner Karriere hast du schon vier Aufstiege feiern dürfen. 2012 mit dem FSV Zwickau aus der Oberliga in die Regionalliga. Ein Jahr später mit RB Leipzig in die 2. Bundesliga. Und auch in Regensburg schaffte deine Mannschaft den Sprung von der Regionalliga bis in die 2. Liga. Wie groß ist dein Anteil an diesen Erfolgserlebnissen?

André Luge im Relegationsspiel zwischen dem SSV Jahn Regensburg und dem TSV 1860 München

Aufstieg Nummer vier: In der Relegation gelang André Luge 2017 mit Jahn Regensburg gegen den TSV 1860 München der vierte Aufstieg seiner Karriere. imago/DeFodi

Einen Aufstieg kann man nie an einer Person festmachen. Wenn man aufsteigen will, muss einfach alles passen. Das fängt bei der Mannschaft an und hört bei den Vereinsverantwortlichen auf. Jede Person ist wie ein Puzzleteil, das einen ganz bestimmten Platz im Kollektiv hat. Letztlich geht so etwas nur gemeinsam.

Kollektiv hin oder her, ohne starke Einzelspieler ist es unmöglich erfolgreich zu sein. Bist du das, was man einen Unterschied-Spieler nennt?

Ich spreche ungern in höchsten Tönen über mich selbst. Natürlich freue ich mich, wenn ich das entscheidende Tor schieße, am Ende bin ich aber auch nur so gut, wie es mir meine Mannschaft ermöglicht.

Woher kommt diese Bescheidenheit?

Um ehrlich zu sein, stehe ich nicht allzu gerne im Mittelpunkt.

Seit du in Vilzing bist, spielt ihr auch nahezu jährlich um den Aufstieg mit. Könnte es in dieser Saison mit dem fünften Aufstieg deiner Karriere klappen?

Ich formuliere es so. Wenn man sich unseren Kader anschaut, wäre es vermessen zu behaupten, dass wir 'nur oben mitspielen wollen'. Ja, wir wollen in diesem Jahr aufsteigen. Auch wenn mit Bamberg, Ansbach, Neumarkt und Ammerthal gute Mannschaften in der Liga sind, denke ich, dass wir es schaffen können.

Mit 30 Jahren bist du dort, wo viele Spieler den Zenit ihre Leistungsfähigkeit erreicht oder sogar schon überschritten haben. Kannst du dir vorstellen noch einmal in einer höheren Spielklasse zu spielen oder liebäugelst du schon mit einem Karriereende in Vilzing?

Beides und nur um das klarzustellen: Ich befinde mich im besten Fußballer-Alter (lacht). Von daher richte ich mich nach dem Sprichwort: Sag niemals nie. Allerdings kann ich mir auch ein Karriereende bei Vilzing sehr gut vorstellen. Ich bin glücklich hier. Ideal wäre es natürlich, mit der DJK noch einmal Regionalliga zu spielen.

Die Torjägerkanone™ für alle

Als Torjäger möchte man natürlich immer der Beste sein. Seitdem du im Amateurbereich angekommen bist, findet man dich immer wieder weit oben auf der Torjägerliste. In Kooperation mit FUSSBALL.DE hat der kicker nun die "Torjägerkanone für alle" ins Leben gerufen. Bis in die unterste Spielklasse werden die besten Torjäger*innen ausgezeichnet. Wie findest du das?

Ich finde das sehr gut. Allgemein müssen im Sport, egal in welcher Sportart und auf welchem Niveau, Reize gesetzt werden, um das Bestmögliche zu erreichen. Da ist so eine Torjägerkanone natürlich eine tolle Sache. Außerdem werden die Top-Torjäger in der 1. Bundesliga und 2. Bundesliga auch belohnt, warum also nicht genauso im Amateurbereich?

Kanntest du die Auszeichnung bereits?

Ja, ich wusste, dass es so eine Auszeichnung vom kicker gibt. In der vergangenen Saison habe ich immer wieder Berichte darüber in der kicker-App gelesen.

Würdest du dich im Umkehrschluss dann auch darüber freuen, am Ende der Saison eventuell selbst so einen Preis in den Händen zu halten?

Selbstverständlich würde ich mich über so eine Auszeichnung freuen. Ob ich dadurch aber mit mehr Motivation in ein Spiel gehen würde, weiß ich nicht.  Auf der einen Seite verspüren Sportler bei Auszeichnungen natürlich immer einen gewissen Ansporn. Auf der anderen Seite möchte ein guter Stürmer aber auch unabhängig von möglichen Preisen immer Tore erzielen. Ich sage es mal so: Falls am Ende so ein Preis dabei herausspringen sollte, wäre das auf jeden Fall das i-Tüpfelchen einer guten Saison.

Lukas Karakas

Diese Ex-Profis kicken jetzt im Amateurfußball