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Hrubesch: "Wir wollten Tiki-Taka können wie die Spanier"

Hrubesch äußert sich zu DFB-Reformen im Nachwuchs

"Es wurde alles zu wissenschaftlich, weil wir Tiki-Taka können wollten wie die Spanier"

Viel Erfahrung im Umgang mit jungen Spielerinnen und Spielern: Horst Hrubeschs Meinung wird geschätzt.

Viel Erfahrung im Umgang mit jungen Spielerinnen und Spielern: Horst Hrubeschs Meinung wird geschätzt. IMAGO/Hanno Bode

"Manchmal habe ich das Gefühl: Wir drehen uns im Kreis, weil wir es in Deutschland nicht mehr schaffen, uns auf einen Fußball zu verständigen, der zu unseren Spielern passt", sagte Horst Hrubesch im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" am Freitag.

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Klubs sollten ihre Philosophie "von unten bis oben" verfolgen, forderte der 72-Jährige und meinte damit die Jugendmannschaften bis hin zu den Profis. So könne das Land die Basis von "vielen tausend Vereinen" nutzen, "darunter welche mit jahrzehntelanger Nachwuchsfußball-Kompetenz".

Diesen Vorteil nutze der DFB zu wenig. Der Verband habe Hrubesch selbst im Zuge der Reformen im Nachwuchsfußball laut dessen Aussage nicht nach dessen Einschätzung gefragt. Der ehemalige U-21-Nationaltrainer und Frauen-Bundestrainer arbeitet zurzeit als Nachwuchs-Direktor beim HSV.

"Beim DFB arbeiten viele schlaue Leute ..."

Dem deutschen Fußball fehle es "schon länger an Spezialisten, zum Beispiel auf der Position des Mittelstürmers oder bei den Außenverteidigern". Nach der schwachen EM 2000 hatte der Verband bereits eine umfassende Restrukturierung angestoßen und wohl auch deswegen Jahre später wieder Titel errungen. "Wir haben super Fußballer hervorgebracht, aber irgendwann wurde alles zu wissenschaftlich, weil wir unbedingt so tollen Tiki-Taka können wollten wie die Spanier", kommentierte Hrubesch die weitere Entwicklung danach.

Zur neuen Reform selbst wollte Hrubesch den DFB nicht direkt kritisieren, nur dessen Kommunikationsstrategie: "Beim DFB arbeiten viele schlaue Leute, die etwas von der Thematik verstehen - nur haben sie es mal wieder nicht geschafft, die Klubs so mitzunehmen, dass es breite Unterstützung dafür gibt."

Deutschland ist kein zentralistisches, sondern ein föderales Land - warum sollte das ausgerechnet im Fußball anders funktionieren?

Horst Hrubesch

Ralf Rangnick und Steffen Baumgart hatten durch die Reform den Leistungs- und Wettbewerbsgedanken gefährdet gesehen. Hrubesch sprang ihnen ein Stück bei: "Wenn ein A-Jugendspieler vor dem Abstiegskampf beschützt werden muss - wie soll er zwei, drei Jahre später im Profibereich unter Druck bestehen?" Er finde es zwar "im Grundsatz genau richtig", Druck von den Spielern nehmen, "damit sie Raum zur individuellen Entfaltung haben". Allerdings sei dabei zu kompliziert gedacht worden.

"Deutschland ist kein zentralistisches, sondern ein föderales Land - warum sollte das ausgerechnet im Fußball anders funktionieren?", fragte Hrubesch rhetorisch. "Der Weg, den sich der DFB vorstellt, muss noch lange nicht für jeden Verein mit NLZ und jeden kleinen Klub der richtige sein."

pab

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