Champions League

Verlockendes Angebot: Wie Haaland ManCitys Spiel verändert

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Ein verlockendes Angebot: Wie Haaland ManCitys Spiel verändert

Eine äußerst gefährliche Kombination: Erling Haaland (li.) und Pep Guardiola.

Eine äußerst gefährliche Kombination: Erling Haaland (li.) und Pep Guardiola. Getty Images

Tiefe attackieren, wo keine Tiefe ist, das ist gar nicht so leicht. Für Manchester City die alte Leier, weil sich die meisten Mannschaften gegen den englischen Meister eben - freiwillig oder unfreiwillig - im eigenen Strafraum verbarrikadieren. Mühsam.

Auch Erling Haaland, vor der Saison für rund 60 Millionen Euro von Borussia Dortmund auf die Insel gewechselt, findet Tiefe auf dem Fußballplatz ganz sympathisch. Im BVB-Trikot hatte er 2021 mal ein Tor gegen den VfL Wolfsburg geschossen, bei dem er mehr als den halben Platz vor sich hatte, durch seine brachiale Schnelligkeit nicht mehr einzuholen war - und schließlich eiskalt vollstreckte. Alle wussten, was passieren wird. Keiner konnte es verhindern.

Eine Szene, die wie das Idealszenario wirkte für einen Spielertyp, den Trainer-Koryphäe Pep Guardiola eigentlich gar nicht so gern hat. Mit Gabriel Jesus und Raheem Sterling hat City im Sommer nun allerdings zwei Akteure abgegeben, die nach der Ära Sergio Aguero eher als "falsche" Neuner gespielt haben; Haalands gegenwärtiger Positionskonkurrent Julian Alvarez wurde bereits gemeinsam mit dem Norweger eingesetzt - als Außenstürmer.

Nun kann es bei Guardiola immer sein, dass er Haaland nur vorübergehend in dieser Rolle einsetzt und demnächst schon einen balltreibenden Achter in ihm sieht (wohl eher nicht), während Ilkay Gündogan - natürlich als falsche Neun - die Sturmmitte besetzen und den Torjäger geben soll. Viel eher sieht es jedoch danach aus, dass sich der Katalane an dieser Stelle jetzt wirklich für einen klaren Plan A entschieden hat. Was macht das aber mit seiner Mannschaft?

Haaland darf Haaland sein

Im Vergleich zur Vorsaison sind Citys Positionen festgelegter, Guardiolas flexible Spieler rochieren in den vorgegebenen Räumen weniger. Phil Foden etwa, der sich eigentlich überall auf dem Platz wohlfühlt, spielt als Linksfuß ziemlich strikt auf Linksaußen. Eine der besten Mannschaften Europas hat sich - Stand jetzt - mehr an einen der besten Stürmer Europas angepasst als umgekehrt. Haaland darf Haaland sein, die große Nummer neun der nächsten zehn Jahre.

Manchester City

Haaland hat jetzt schon öfter Richtung Tor geköpft als Gabriel Jesus in der gesamten vergangenen Saison. kicker

Kein Spieler schoss in der Premier League bisher häufiger aufs Tor als Haaland (25-mal), keiner aus durchschnittlich kürzerer Entfernung (9,0 Meter) - was bei einem Expected-Goals-Wert von 7,3 bisher effiziente zehn Tore ergibt. Auch in diesen beiden Statistiken kann natürlich keiner mithalten. Schon gar nicht der Gabriel Jesus der Vorsaison, dessen insgesamt nur sieben Abschlüsse per Kopf Haaland (acht) jetzt schon übertroffen hat.

Während nur jeder siebte von knapp 54 Ballkontakten (pro 90 Minuten) des Brasilianers im Strafraum stattfand, ist es beim Norweger - von gerade einmal 24,7 - jeder dritte. Was übrigens bei beiden acht pro ganzem Spiel macht, an dem Haaland allerdings weitaus weniger teilnimmt. In 90 Minuten spielt er in der gegnerischen Hälfte nur zehn Pässe, bei Gabriel Jesus waren es 28,4. Haaland darf eben Haaland sein, daran passt sich die ganze Mannschaft an.

Tiefer als sonst lassen die Skyblues den Ball zirkulieren, den Gegner manchmal geradezu einladend, sie hoch anzulaufen. Ein Ballgewinn in der Nähe des Tores dieser Übermannschaft? Ein verlockendes Angebot. Bis Guardiolas Mannen sich mustergültig aus diesen Pressingsituationen befreien und dadurch quasi künstlich erzeugte Konter kreieren. De Bruyne, Haaland, Abfahrt. Da habt ihr eure Tiefe. Und über eine beachtliche Konterstärke verfügt im Etihad ja nicht nur dieses Duo.

De Bruyne flankt und flankt und flankt

Und presst ein Gegner mal nicht, sondern zieht sich irgendwann geduldig vors eigene Tor zurück … dann ändert sich für die Citizens eigentlich nichts. Außer, dass sie - nach viel Dreieckszirkulation auf rechts mit scharfen Hereingaben von Kevin De Bruyne oder Riyad Mahrez - statt den etwas schmächtigeren Sterling oder Jesus nun Naturgewalt Haaland im Fünfmeterraum stehen haben. Wegen dem vor allem De Bruyne (6,9-mal statt 4,8-mal pro 90 Minuten) noch mal deutlich mehr flankt als ohnehin schon.

Manchester City

Wegen Haaland flankt City 2022/23 mehr - vor allem von der rechten Seite. kicker

"Pick your poison", würde der Engländer sagen - such dir aus, auf welche Weise du besiegt werden willst. Manchester City ist es gelungen, eine Spielweise zu finden, die Stareinkauf Haaland, aber durchaus auch der gesamten Mannschaft in die Karten spielt, allein schon in puncto Flexibilität. Und trotzdem bleibt auch das altbewährte Konzept gegen tiefstehende Gegner, für das Haaland mit seinen 1,94 Metern eine weitere Facette darstellt. Beides muss man erst mal verteidigen.

Ehrlich gesagt nicht.

Ilkay Gündogan auf die Frage, ob City mit Erling Haaland gegen Real Madrid gewonnen hätte

Eine Entwicklung, die nötig ist - zumindest für Mitspieler Gündogan, der "ehrlich gesagt nicht" glaubt, dass die Citizens das Champions-League-Halbfinale bei Real Madrid mit Haaland gewonnen hätten, wie er vor einigen Wochen in einem Interview mit "ITV Sport" verriet. Und doch wirken ihre Chancen mit dem Norweger nach den Eindrücken dieser ersten Wochen unweigerlich besser. Noch besser.

Citys kommender Gegner in der Champions League, die Guardiola in Manchester jetzt endlich mal gewinnen soll, hört am Mittwoch (21 Uhr, LIVE! bei kicker) allerdings auf den Namen Borussia Dortmund - und ist bekanntlich Haalands Ex-Verein. Wenn es einen Klub gibt, der weiß, was er von Citys neuer Nummer neun zu erwarten hat, dann wäre das wohl der BVB. Aber das wusste der VfL Wolfsburg ja auch.

Niklas Baumgart

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