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Würzburgs Dauerbrenner Meisel: Zurück in den Profifußball

Mittelfeld-Motor möchte die Kickers zu alter Stärke führen

Ein leiser Leader: Würzburgs Dauerbrenner Meisel "will zurück in den Profifußball"

Würzburgs "leiser Leader" geht in seine siebte Saison.

Würzburgs "leiser Leader" geht in seine siebte Saison. IMAGO/Beautiful Sports

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Durchatmen, am Strand liegen und die Sonne während der fußballfreien Zeit genießen. Das war für Dominik Meisel in dieser Sommerpause keine Option. Bereits vor dem Auftakt der Vorbereitung schuftete der Dauerbrenner hart, absolvierte Krafteinheiten und Läufe. "Ich habe kaum Pause gemacht. Ich wollte dort anknüpfen, wo ich Ende Mai aufgehört habe", erklärt der 24-Jährige, der den Sommer überwiegend in seiner Wahlheimat Würzburg verbrachte. Die Stadt, betont er, ist mittlerweile seine zweite Heimat geworden. Meisel, ursprünglich aus dem oberfränkischen Kulmbach, könne sich vorstellen, noch länger in der Residenzstadt zu bleiben.

Seit sechs Jahren ist er nun in Würzburg zu Hause. Seine sportliche Heimat hat Meisel längst bei den Kickers gefunden. Im Sommer 2017 wechselte der Oberfranke, der einst im Club-Nachwuchs aussortiert wurde, zur zweiten Mannschaft der Kickers - in die fünftklassige Bayernliga. Es war seine erste Station im Herrenbereich, in der zeigen sollte, was er zu Leisten imstande ist. Gesagt, getan. Zu Beginn der Saison 2019/20 rutschte Meisel in den Drittligakader der Würzburger, wo er im Dezember, am 18. Spieltag, beim 3:1-Heimsieg gegen Viktoria Köln erstmals debütierte. Unter Trainer Michael Schiele krönten die Unterfranken die Saison mit dem Aufstieg in die 2. Liga. "Auch wenn ich nicht viel gespielt habe, war es ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde", beschreibt Meisel seine Debütsaison, in der er drei Kurzeinsätze absolvierte.

Auf dem Höhepunkt, in der 2. Liga, angekommen, folgten turbulente Jahre mit vielen Tiefpunkte. Zwei Abstiege in Folge, in der die sportliche Qualität der Kickers schlichtweg nicht ausgereicht hat, besiegelten das Ende des unterfränkischen Klubs im Profifußball. "Die Abstiege haben mich sehr getroffen. Sie war ein Teufelskreis." Der sportliche freie Fall endete für Meisel und Co. in der Regionalliga Bayern, wo die Kickers im vergangenen Jahr sportlich und infrastrukturell einen Neuanfang einleiten mussten. Derweil entwickelte sich der Dauerbrenner in diesen drei Jahren mehr und mehr zum Leistungsträger, spielte sich in die Startelf und verpasste in der abgelaufenen Saison nur vier der 38 Partien in der Regionalliga.

Ein Leader im Hintergrund

Meisel hat sich in Würzburg einen Namen gemacht, auch weil er kein Spieler mit Starallüren ist - im Gegenteil. Er ist bodenständig, ruhig und zurückhaltend. Manchmal eher zu schüchtern. "Wenn es darum geht, ein Team anzuführen, muss ich noch einiges dazulernen", sagt der dienstälteste Akteur der Unterfranken, der nun in die siebte Saison bei den Rothosen geht. Seinen auslaufenden Vertrag hat er zum Auftakt der Vorbereitung im Juni um ein weiteres Jahr verlängert, weil es zwischen ihm und dem Klub passt. „Er gibt dem Team sportlich und menschlich einen hohen Mehrwert. Wir hoffen, dass er uns mit seiner Erfahrung weiterhelfen kann", betonte Sportdirektor Sebastian Neumann.

Apropos Erfahrung: 16-mal lief der Oberfranke in der 2. Liga für die Kickers auf, dazu kommen 27 Einsätze in der Drittligasaison 2021/22, in der Meisel in Würzburg Schritt für Schritt vom Mitläufer zum Führungsspieler avancierte, der zwar Verantwortung übernimmt, aber kein typischer Kapitän ist - zumindest noch nicht. "Da gibt es erfahrene Spieler, die durch ihre Persönlichkeit besser geeignet sind", sagt er. "Er ist ein leiser Leader, kein Lautsprecher", beschreibt Neumann den Mittelfeldakteur.

Es ist ein Fundament entstanden, auf dem wir aufbauen können.

Dominik Meisel (24) sieht die Würzburger Kickers gut gerüstet für die neue Spielzeit

In der Tat: Meisel ist ein Spieler, der weniger über seine verbale Präsenz auf dem Platz in Erscheinung tritt, vielmehr geht er mit Einsatz und Leidenschaft voran. Er verkörpere die Mischung aus Defensive und Offensive, sagt er selbst. "Ich habe Aktionen in der Offensive, in denen ich torgefährlich werden kann. Genauso aber habe ich Aufgaben im Defensivbereich." Dazu zählt vor allem die Aufräumarbeit vor dem Abwehr. Früh anlaufen, Zweikämpfe führen, akkurat verteidigen. "Das ist meine Art, Fußball zu spielen", betont der Stratege, der weniger ein kreatives Genie ist. Er konzentriere sich vielmehr darauf, die Aufgaben, die ihm gestellt werden, ordentlich zu erledigen. Soll heißen: Meisel ist ein akribischer Arbeiter, einer der vor dem Strafraum sowohl für Ordnung als auch für Stabilität sorgt. Seiner Bescheidenheit zum Trotz hat Meisel, der vor rund drei Wochen 24 Jahre geworden ist, ein Ziel vor Augen: "Ich will zurück in den Profifußball." Am besten mit den Kickers.

Die Frage, die sich stellt: Gibt das der Würzburger Kader auch her? Anders als noch in den Jahren zuvor, blieb die Mannschaft und auch das Trainerteam fast vollständig erhalten. Nach Platz 2 in der Vorsaison machen die Unterfranken in dieser Saison keinen Hehl aus ihren Aufstiegsambitionen. Die Erwartungen sind gestiegen, auch deswegen, weil die langfristigen Planungen in Würzburg sowieso auf das zweite, bevorstehende Regionalliga-Jahr nach dem Absturz von der bundesweiten Profibühne ausgelegt waren. Und die Kickers starten, das soll ein entscheidender Vorteil im Kampf um die Drittliga-Rückkehr werden, mit einer eingespielten Truppe - in der bis auf Leihspieler Felix Göttlicher so weit alle Stammkräfte gehalten werden konnten. Darüber hinaus ergänzte Neumann, der seit Oktober 2021 für die sportlichen Geschicke in Würzburg verantwortlich ist, den personell dünnbesetzten Kader punktuell. "Es ist ein Fundament entstanden, auf dem wir aufbauen können", sagt Meisel. Diese Basis wurde indes erweitert durch die Verpflichtungen von Innenverteidiger Yannick Scholz (zuletzt Burghausen), Mittelfeldakteur Fabian Wessig (zuletzt Augsburg II) und Stürmer Tim Sausen (zuletzt Nürnberg II), der ganz oben auf der Wunschliste von Trainer Wildersinn stand.

Marschroute trotz misslungener Generalprobe klar

Die Qualität im Kader ist vorhanden, keine Frage. Trotz der verlorenen Generalprobe gegen Waldhof Mannheim (1:3) vor dem Ligaauftakt, am diesem Freitag gegen den FC Memmingen, wirkt das Team gefestigt. "Ich bin ich mit der Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, sehr zufrieden", sagt Meisel. "Die Intensität ist hoch, sogar noch einen Tick höher als letztes Jahr".

Trotz der Euphorie, die Meisel mit Blick auf den Saisonstart verspürt, befindet sich der Traditionsklub weiterhin in einem Umbruch. Vor fast exakt drei Jahren feierten die Kickers ihren dritten Zweitliga-Aufstieg, Meisel war damals schon dabei. Seither ist vieles schiefgelaufen - auch innerhalb der Vereinsführung. Fürs Erste scheint der sportliche freie Fall gestoppt. In dieser Spielzeit soll es, so lautet die Zielsetzung, zurück in die 3. Liga gehen. "Wir wollen noch besser sein als in der Vorsaison", gibt Meisel die Marschroute vor. Dafür arbeiten er und sein Teamkollegen akribisch. Ausruhen ist für ihn ja sowieso keine Option.

Niklas Korzendorfer

Die Trainer in der Regionalliga Bayern