Taktische Überraschungen: 3-4-2-1 und 4-3-3
Dortmunds Trainer Jürgen Klopp tauschte im Vergleich zum 4:0 bei Hertha BSC nur einmal Personal: Sokratis verdängte Friedrich auf die Bank. Bayerns Coach Pep Guardiola nahm nach dem 1:0 gegen den VfB Stuttgart vier personelle Veränderungen vor: Boateng, Höjbjerg, Lahm und Götze begannen für Alaba (Muskelfaserriss in der Hüftmuskulatur), Mandzukic (flog aus dem Kader), Schweinsteiger (Reizung der Patellasehne) und van Buyten (Bank).
Beide Trainer griffen in die Trickkiste und überraschten mit ihren taktischem Aufstellungen: Dortmund agierte in einem 4-3-3-, München in einem zuvor noch nie dagewesenen 3-4-2-1-System. Diese Umstellungen bekamen den Bayern offensichtlich besser: Während sich die Borussen ungewohnt viele Fehler in der Vorwärtsbewegung leisteten, kam der FCB zur ersten Torchance: Müllers Gewaltschuss von der Strafraumgrenze parierte BVB-Keeper Weidenfeller schmerzhaft mit dem Gesicht (4.).
Lahm verletzt - Spannung erst kurz vor dem Pfiff
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Ansonsten kamen beide Seiten kaum in die Box und neutralisierten sich lange im Mittelfeld. Die taktischen Umstellungen führten offensichtlich dazu, dass die Automatismen nicht mehr griffen. Vom BVB kam kaum Gegenpressing, die Bayern hatten ebenfalls eine eher niedrige Passquote und strahlten kaum Dominanz oder Torgefahr aus. Dafür nahm die Zweikampfhärte ein wenig zu. In einem Duell verletzte sich FCB-Kapitän Lahm und musste wegen eines Schlags aufs linke Wadenbein schon nach einer halben Stunde ausgewechselt werden. Für ihn kam Ribery (30.).
Die Partie befand sich mittlerweile im Leerlauf. Erst kurz vor der Halbzeit wurde es zwingender: Auf der einen Seite wagte Höjbjerg einen Abschluss vom rechten Strafraumeck und verfehlte den linken Pfosten mit einem Flachschuss nur um Haaresbreite (44.). Auf der anderen Seite schickte Großkreutz Lewandowski mit einem feinen Pass in den Sechzehner. Der Pole, der im Sommer nach München wechselt, zog aus zehn Metern linker Position ab, jagte das Spielgerät aber knapp rechts drüber (45.). Danach ging es in torlos in die Pause.
Millimeterentscheidung: Tor oder kein Tor?
Luftduell: Dortmunds Mats Hummels (l.) gegen Bayerns Arjen Robben (r.). Getty Images
Auch nach dem Seitenwechsel gingen beide Mannschaften nach wie vor sehr vorsichtig zu Werke und wagten kaum Risiken. Zwar nahmen die Bayern das Heft des Handelns in die Hand, kamen gegen gut sortierte Dortmunder aber nur selten durch. Vor allem Hummels gewann viele Zweikämpfe und kochte Robben ein ums andere mal ab. Eine Ausnahme gab es in der 56. Minute, als der Niederländer über links durchbrach und auf den ersten Pfosten flankte. Aus kurzer Distanz kam Müller zum Schuss, doch Weidenfeller stand goldrichtig und parierte per Fußabwehr. Ihren begeisternden Offensivfußball brachten die Borussen hingegen fast überhaupt nicht an. Ein abgefälschter Reus-Freistoß, der auf die Latte klatschte, war für lange Zeit die gefährlichste Aktion des BVB (61.).
Danach erhitzte eine Schiedsrichter-Entscheidung die Gemüter: Sahin zirkelte einen Freistoß vom linken Flügel in den Gefahrenbereich, wo Lewandowski per Kopf auf Hummels verlängerte. Der Innenverteidiger hatte freie Bahn und köpfte aufs Tor. Wohl Millimeter hinter der Linie klärte Dante mit einer Rettungsaktion. Schiedsrichter Florian Meyer ließ aber weiterlaufen (65.). Diese Szene tat dem Spiel gut. Fortan häuften sich die Abschlüsse: Joker Kirch prüfte die Wachsamkeit von Neuer (72.), und Robbens abgefälschten 16-Meter-Knaller entschärfte Weidenfeller mit einem spektakulären Reflex (75.). In der Schlussphase wechselten sich die Drangphasen beider Mannschaften ab. Gefährlich vor das Tor kam aber keine. So ging es torlos in die Verlängerung.
Verlängerung: Robben nutzt den Fehler
Tor oder kein Tor? Nach Mats Hummels Kopfball klärt Dante wohl erst hinter der Linie. Getty Images
Die Verlängerung startete gleich mit einem Wachmacher: Aubameyang nahm ein Zuspiel von rechts direkt aus 15 Metern ab und setzte die Kugel nur um Haaresbreite neben den rechten Pfosten (91.). Danach kam der Spielfluss durch zahlreiche Fehlpässe fast zum Erliegen. Statt Torraumszenen gab es unzählige Mittelfeldgeplänkel zu sehen.
Nach dem erneuten Seitenwechsel unterlief den Borussen dann der spielentscheidende Fehler: Weidenfellers Abwurf auf Großkreutz geriet zu lange, sodass Boateng das Spielgerät eroberte und halbhoch von rechts nach innen flankte. Dort ließen Sokratis und Piszczek den Ball durch, übersahen aber dabei Robben, der am linken Pfosten lauerte. Der Niederländer schloss aus fünf Metern ab und traf Weidenfeller, von dem die Kugel ins Tor sprang (107.).
Nun warf Dortmund alles nach vorne und stand mit bis zu acht Spielern im und um den gegnerischen Sechzehner. Das eröffnete aber auch Konterchancen für Bayern: Robben scheiterte mit einem Alleingang an Weidenfeller (115.). Die Borussia verzeichnete kurz vor Schluss noch eine Riesenchance: Ein von Boateng abgefälschtes Geschoss von Reus zischte knapp über die Latte (120.+1). Kurz darauf machte München alles klar: Pizarro steckte für Müller durch, der von Schmelzer nicht mehr zu halten war, den Ball an Weidenfeller vorbeilegte und ins leere Tor zum 2:0-Endstand einschob (120.+3). Damit war der 17. DFB-Pokalsieg des FCB perfekt.