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Die beste WM aller Zeiten - nur nicht für Gastarbeiter

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Die beste WM aller Zeiten - nur nicht für Gastarbeiter

Rund um die WM in Katar verloren Gastarbeiter laut Amnesty International ihr Geld, ihre Gesundheit und teilweise sogar ihr Leben.

Rund um die WM in Katar verloren Gastarbeiter laut Amnesty International ihr Geld, ihre Gesundheit und teilweise sogar ihr Leben. picture alliance

Natürlich war die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar "die beste WM aller Zeiten", wie es Gianni Infantino ausdrückte. Und wer mag dem FIFA-Präsidenten da schon widersprechen, wo man doch mittlerweile weiß, dass Infantino in seinem ganz eigenen, entrückten Kosmos zu leben scheint? Wie sonst käme er auf die Idee, ein WM-Turnier 2030 gleich an sechs Nationen zu vergeben, um gewieft den Weg freizumachen für die nächste Autokratie als Ausrichter, Saudi-Arabien im Jahre 2034?

Definitiv nicht die beste WM aller Zeiten war die 2022er-Auflage, erstmals im Winter ausgetragen, für Gastarbeiter. Und das obwohl Infantino noch kurz vor dem Turnierauftakt in einer skurrilen Rede erklärt hatte, dass er sich wie ein Gastarbeiter fühle. Warum auch immer. Wobei, er lebte ja in den letzten Monaten vor dem Turnierauftakt in Doha, insofern stellte die Aussage des Italo-Schweizers, er fühle sich wie ein Gastarbeiter, keine falsche Tatsachenbehauptung dar. Der Unterschied zu dem großen Heer an echten Gastarbeitern in Katar, das in den Jahren zuvor die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit beansprucht hatte nach diversen Enthüllungen über Baustellentote, über Betrügereien und Abhängigkeiten: Infantino hat selbstredend sein üppiges Salär stets fristgerecht und in voller Höhe erhalten, zumindest ist nichts Gegensätzliches bekannt.

Entschädigungsfonds? Der Umgang damit zeigt, wie das Fußballbusiness funktioniert

Nun, an diesem Donnerstag, hat Amnesty International angemahnt, dass sich ein Jahr nach dem Turnier kaum etwas gedreht habe zugunsten der Gastarbeiter aus Südostasien, der Himalaya-Region und Schwarzafrika in dem Emirat. Die Menschenrechtsorganisation erneuerte indirekt ihre Forderung nach einem Entschädigungsfonds. Der Umgang mit exakt jener Forderung zeigt, wie das große Fußballbusiness funktioniert. Vor und während der WM brachten die Verbände das Thema PR-wirksam auf die Agenda - getan hat sich: nichts! Infantino spielt auf Zeit, irgendwann wird die Öffentlichkeit vergessen. Das ist die Maßgabe in Zürich, Zug, Doha oder vielleicht bald Miami - je nachdem, wo der Präsident gerade residiert. Von der FIFA ist in Sachen Menschenrechten nichts mehr zu erwarten unter dieser Führung.

Das untermauert einmal mehr Infantinos überraschender Schachzug, die WM 2030 an ein Sextett zu vergeben und so den Weg freizumachen für die nächste Autokratie als Gastgeber 2034, Saudi-Arabien. Aus der Funktionärskaste war an dieser überfallartigen Manöver Infantinos keinerlei echte Kritik zu vernehmen, obwohl gerade die europäischen Gremienmitglieder wie schon im Streitfall um die One-Love-Binde mit dem Nasenring durch die Manege geführt worden waren. Laut der Webseite des Weltverbandes übrigens "setzt die FIFA alles daran, bei all ihren Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Bewerbungsverfahren und der Durchführung der Endrunde der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2034 die Normen und Standards nachhaltigen Veranstaltungsmanagements, Grundsätze zum Schutz von gefährdeten Kindern und Erwachsenen sowie die international anerkannten Menschenrechte gemäß den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen einzuhalten." Es braucht wenig Fantasie, um sich vorzustellen, dass diese Darstellung Gianni Infantino schon bald zu der These verleiten könnte, die WM 2034 werde die beste aller Zeiten.

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