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DFB will mit Nagelsmann noch vor der EM verlängern

Gislason-Modell des DHB als Vorbild

DFB will mit Nagelsmann noch vor der EM verlängern

Hat noch keinen neuen Vertrag vorliegen: Bundestrainer Julian Nagelsmann.

Hat noch keinen neuen Vertrag vorliegen: Bundestrainer Julian Nagelsmann. Getty Images

Als Julian Nagelsmann am vergangenen Donnerstag bei der Bekanntgabe des Länderspiel-Kaders nach seiner Vertragssituation beim DFB gefragt wurde, entgegnete er: "Es ist für jeden Menschen ratsam, sich um seine berufliche Zukunft zu kümmern. Es ist gesund und gehört dazu, sich mit 36 zu überlegen, wie das Leben aus beruflicher Sicht weitergeht." In vielen Ohren klangen diese Worte wie ein Weckruf an Europas Top-Vereine, dass sie sich zeitnah bei ihm melden dürfen. Zumal Nagelsmann noch den Satz nachschob: "Ich habe einen Vertrag bis nach der EM, das ist der aktuelle Stand, sonst habe ich kein anderes Papier vorliegen."

Erster Austausch ist bereits erfolgt

Das könnte aber bald in Form eines neuen Vertragsangebots seines aktuellen Arbeitgebers passieren. Nach kicker-Informationen wollen die DFB-Verantwortlichen um den Geschäftsführer Sport, Andreas Rettig, und Sportdirektor Rudi Völler den 36-Jährigen noch vor der EM längerfristig an den Verband binden. Deshalb schmieden sie derzeit einen Plan, unter welchen Voraussetzungen die Qualifikation für die WM 2026 in Mexiko, Kanada und den USA gemeinsam in Angriff genommen werden kann.

Ein erster Austausch darüber ist zwischen den Beteiligten bereits erfolgt, und da soll sich Nagelsmann durchaus offen und interessiert gezeigt haben. "Es gibt zwei Optionen: Verband und Verein", sagte Nagelsmann am Mittwoch in einer Gesprächsrunde mit Fans. Nur eine einjährige Pause nach der EM schloss er für sich aus, "es sei denn, es kommen keine Angebote".

Rettig: "Erfolgreiche Trainer schickt man nicht weg"

"Erfolgreiche Trainer schickt man nicht weg", bekräftigt Rettig im Gespräch mit dem kicker seine Maxime. Konkret bedeutet dies: Er will sich mit Nagelsmann auf ein gemeinsames EM-Ziel verständigen, nach dessen Erreichen die Vertragsverlängerung in Kraft trifft. Damit orientiert er sich am Vorgehen des Deutschen Handball-Bundes, der zu Monatsbeginn den Vertrag mit seinem Bundestrainer Alfred Gislason bis zur Heim-WM 2027 verlängerte. Als Voraussetzung wurde aber die Olympia-Qualifikation verankert, die Gislason mit seinem Team am Sonntag gegen Österreich dann auch schaffte.

Vorrunden-Aus wäre keine Basis für Weiterbeschäftigung

Welche Hürde Nagelsmann mit seinem Team als Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit meistern muss, ist eine der noch offenen Fragen. Klar aber ist: Ein Vorrunden-Aus gegen Schottland, Ungarn und die Schweiz wäre sicherlich keine Basis für eine Weiterbeschäftigung.

DFB zieht Lehren aus kostspieligen Fehlern der Vergangenheit

Mit diesem Vorgehen zieht der Verband auch seine Lehren aus kostspieligen Fehlern der Vergangenheit. Unmittelbar vor dem WM-Fiasko 2018 in Russland hatte der damalige DFB-Präsident Reinhard Grindel die Verträge mit Joachim Löw bis 2022 und mit Oliver Bierhoff ohne jede Erfolgsklausel bis 2024 verlängert. Auch Martina Voss-Tecklenburg erhielt vor einem Jahr vom aktuellen DFB-Boss Bernd Neuendorf eine Vertragsverlängerung, nach dem Vorrunden-Aus bei der Frauen-WM in Australien wurde die Zusammenarbeit nur sieben Monate später schon wieder beendet. Blindes Vertrauen soll diesmal in der wichtigen Personalentscheidung nicht regieren.

Oliver Hartmann