3. Liga

Der Fall Marin Sverko: DFB ermittelt gegen 1. FC Saarbrücken

Neunfacher Verstoß gegen U-23-Soll

Der Fall Sverko: Kontrollausschuss ermittelt gegen Saarbrücken

Unter Beobachtung: Marin Sverko.

Unter Beobachtung: Marin Sverko. imago images

Am Samstagabend, nach dem Schlusspfiff der sehr nett anzusehenden Drittligapartie zwischen dem 1. FC Saarbrücken und dem SV Wehen Wiesbaden (3:3), da wurde Lukas Kwasniok gefragt, warum er Marin Sverko denn kurz vor Anpfiff aus dem Kader gestrichen hatte. Der Trainer des Aufsteigers antwortete, dass der Verteidiger einen Cut auf dem Spann von der Länderspielreise mitgebracht hätte und beim Warmmachen gemerkt habe, dass er nicht einsatzfähig sei.

Kwasniok fühlte sich ein wenig unwohl bei dieser Aussage, die sich drei Tage später als Notlüge entpuppte. Ja, noch mehr. "Die Entscheidung, so zu kommunizieren, wurde gemeinsam getroffen in Absprache mit dem DFB", zitierte die "Saarbrücker Zeitung" den Geschäftsführer des FCS, David Fischer.

Das ist angesichts der Entwicklungen, die der Samstag gebracht hatte, eine spannende Aussage, die der DFB auf Nachfrage nicht kommentieren möchte. Denn sie impliziert, dass der Verband die ausgebliebene Überprüfung seiner eigenen Regeln mit einem unwahren Kommunique zumindest zu vertuschen suchte. Dabei geht es um das 2017 eingeführte U-23-Soll, um den deutschen Nachwuchs zu stärken. Seitdem müssen die Drittligisten vier Akteure in den Spieltagskader nominieren, die für eine DFB-Auswahl spielberechtigt sind und am 1. Juli der jeweiligen Saison das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Der FCS ging davon aus, dass Sverko dieses Kriterium erfüllt

Saarbrücken ging bislang davon aus, dass Sverko dieses Kriterium erfüllt. Neben dem Verteidiger standen gegen Wiesbaden zunächst drei weitere DFB-U-23-Spieler auf dem Bogen. Nachnominiert für den vermeintlich verletzten Sverko wurde dann mit Jonas Singer ein Talent, auf welches das U-23-Soll zutrifft.

Denn die Gäste hatten zunächst den DFB und dann auch Saarbrücken darauf hingewiesen, dass Sverko, der als gebürtiger Pforzheimer auch über einen deutschen Pass verfügt, doch derzeit U-21-Nationalkicker Kroatiens sei. Um also für eine DFB-Auswahl auflaufen zu dürfen - für die A-Nationalelf wäre das beispielsweise noch möglich - müsste der 22-Jährige zunächst einen Antrag bei der FIFA stellen.

Vor der Saison sei Sverkos Status vom DFB geprüft worden, entsprechend sei er als für eine DFB-Auswahl spielberechtigter U-23-Profi geführt worden, hatte Fischer gegenüber dem kicker erklärt. Dazu passt: In allen Partien, in denen der Ex-Karlsruher in dieser Saison auflief, hatte der FCS lediglich drei weitere Profis gemäß DFB-U-23-Soll nominiert. Offenbar im Verlass auf den Verband.

Sverko läuft seit 2015 für Kroatiens Nachwuchs auf

Der aber weist die Vereine nach eigenen Angaben vor der Saison zwar jeweils auf ihre Eigenverantwortung bei den Angaben für die Spielberechtigungen hin. Doch hätte man Sverkos National-Status nicht längst eingehender prüfen müssen? Schließlich absolvierte der Linksfüßer bereits im Oktober 2019 das erste Pflichtspiel für die U 21 des Vize-Weltmeisters, in dessen Nachwuchsteams er seit 2015 regelmäßig aufläuft. Dass dies nicht geschehen ist, wirft die Frage auf, ob der DFB denn eigentlich die Einhaltung seiner eigenen Regeln zu prüfen im Stande ist?

Denn bereits zum zweiten Mal in dieser Drittligasaison sieht sich der Verband mit Unzulänglichkeiten in der Nationalitätenfrage konfrontiert. Anfang Oktober traf Hikmet Ciftci für den 1. FC Kaiserslautern in Wiesbaden zum späten 2:2-Endstand. Der Torschütze wurde im Spielerbogen fälschlicherweise als vierter U-23-DFB-Spieler geführt, dabei besitzt er nicht einmal die deutsche Staatsbürgerschaft.

Welche Strafe droht Saarbrücken?

Kleinlaut gab der DFB nach mehreren Schriftwechseln mit den Pfälzern "einen mittlerweile wieder korrigierten Fehler im DFBnet" zu, dennoch musste der FCK 4000 Euro berappen. Schließlich hätte Lautern das Problem auch selbst auffallen können respektive hätten sie sich auf einen neuen Corona-Passus in der Spielordnung berufen können: Der besagt, dass in Ausnahmefällen auch weniger DFB-U-23-Spieler im Kader sein dürfen. Tatsächlich hatte die U 23 des Fritz-Walter-Klubs kurz zuvor ein Oberliga-Match absolviert bei den SF Eisbachtal, in dem ein später Corona-positiv Getesteter mitgewirkt hatte. Die FCK-Talente mussten in Isolation, der Klub hätte dem DFB einfach nur melden müssen, dass er deswegen nicht genug Kicker für das DFB-U-23-Soll stellen kann.

Da der Fall Sverko anders gelagert ist, könnte die Sache für Saarbrücken teurer werden. Der Aufsteiger hat Post erhalten vom Kontrollausschuss des Verbandes, der eine Stellungnahme fordert. "Es besteht der Verdacht auf Verstoß gegen § 12a Nr. 4.1. an den ersten neun Spieltagen der laufenden Saison", teilt der DFB dem kicker mit. Der genannte Paragraph definiert das U-23-Soll. Ein Punktabzug gegen den Spitzenreiter ist höchstens in einem Fall denkbar, weil Verstöße gegen diesen Sachverhalt spätestens zwei Wochen nach dem Spieltag erfolgen müssen. Exakt 14 Tage, bevor die Problematik am Samstag erstmals beim DFB aufschlug, siegte der FCS mit 2:1 gegen Dynamo Dresden. Folglich wäre höchstens diese eine Partie gemäß Statuten betroffen. Beim darauffolgenden 2:0 bei Viktoria Köln wirkte Sverko nicht mit. Er war bei Kroatiens U 21.

Benni Hofmann