Champions League

Als der FC Bayern erstmals im Camp Nou spielte

Ein Europapokal-Halbfinale vor 26 Jahren

Das "Wunder von Barcelona" und seine Folgen: Als Bayern erstmals im Camp Nou spielte

Gemeinsam und allein: Der FC Bayern und Trainer Otto Rehhagel.

Gemeinsam und allein: Der FC Bayern und Trainer Otto Rehhagel. imago images (2)

In der jüngeren Vergangenheit duellierten sich der deutsche und der spanische FCB nicht selten auf eine solch einseitige Weise, dass sich der Verlierer hinterher wie im falschen Film vorgekommen sein muss. Mit 4:0 und 3:0 führte Barcelona 2009 und 2015 die Bayern vor, um es 2013 oder 2020 noch übler zurückzubekommen.

Hollywood war in München schon im Frühjahr 1996 zugegen, als die beiden Schwergewichte des europäischen Fußballs erstmals aufeinandertrafen. Nicht im jeweils besten Moment, fand dieses Halbfinale doch nicht in der Champions League, sondern im UEFA-Cup statt. Und doch war es ein Kräftemessen, das besonders in München mit großer Spannung erwartet wurde.

Es war die Saison, in der Otto Rehhagel den FC Bayern trainierte - eine Konstellation, die sich trotz sieben Siegen zum Bundesliga-Auftakt schnell als unglückliche Ehe erwies. Mit seiner Devise "Der Star ist die Mannschaft" kam der nach eineinhalb Jahrzehnten aus Bremen losgeeiste Übungsleiter nicht weit. Mit den Stars, die seine neue Mannschaft unweigerlich hatte, war "König Otto" bald spinnefeind.

Scholl wird im kicker deutlich

"Ich ziehe das konsequent durch: Rehhagel oder ich. Jetzt tut's einen Schlag", griff Mehmet Scholl im kicker seinen Trainer an. "Wir spielen seit acht Wochen und haben noch immer keine Taktik. Wir stehen doch nur so gut da, weil wir so gute Einzelspieler haben", fauchte der Leistungsträger. Selbst diese Ansage nahm der sture Rehhagel, der sich auch von der Klubführung nicht reinreden ließ, relativ stoisch hin.

Weil Rehhagel in seiner Mannschaft, die allmählich ein Eigenleben entwickelte, über diese Spieler wie Scholl oder Goalgetter Jürgen Klinsmann verfügte, stand der FC Bayern nach Platz sechs im Vorjahr trotzdem an der Spitze der Bundesliga, als er im April im UEFA-Cup-Halbfinale auf den FC Barcelona traf. Anders als jene nach einer langfristigen Weiterbeschäftigung Rehhagels stellte sich nun die Frage: Wie gut war diese Mannschaft wirklich?

Aber wie gut waren denn die Katalanen noch, die den europäischen Fußball unter Trainer Johan Cruyff Anfang der 90er Jahre auf den Kopf gestellt hatten? Das konnte kicker-Kolumnist Udo Lattek 1996 leicht beantworten: "Der FC Barcelona von heute ist nicht mehr die große Mannschaft, sondern absoluter Durchschnitt", schrieb Bayerns einstiger Meistertrainer trocken, "Cruyff geht es nur noch um die Demonstration seiner Macht im Verein und nicht mehr um die Entwicklung der Mannschaft."

Eine Mannschaft, in der immerhin noch Gheorghe Hagi, Pep Guardiola oder der junge Luis Figo spielten - und wie. In der ersten Hälfte des Hinspiels in München wurden die Bayern teilweise vorgeführt. Weil es am Ende aber trotzdem 2:2 stand, war im Rückspiel zwei Wochen später noch alles möglich. Und der deutsche Rekordmeister machte dank Toren von Markus Babbel und Marcel Witeczek das möglich, was als "Wunder von Barcelona" das kicker-Cover zierte. "Ein historischer Sieg", jauchzte auch Rehhagel nach dem Finaleinzug.

Jürgen Klinsmann, Pep Guardiola

Eine Szene aus dem Hinspiel: Jürgen Klinsmann gegen Pep Guardiola (re.). imago images/Kicker/Liedel

"Ich will hier keineswegs als Miesmacher auftreten, doch wer das 2:1 des FC Bayern in Barcelona als historischen Sieg bezeichnet, der überzieht bei weitem", blieb Lattek hart, in dessen Augen sich für seinen Erben rein gar nichts geändert hatte. "Weil der Karren zwischen Trainer und Mannschaft verfahren ist", wusste die 2015 verstorbene Bayern-Legende nicht gerade exklusiv.

Auch Cruyff muss gehen

"Er kann siegen, siegen, siegen, bei Bayern hat er keine Chance mehr", urteilte Lattek über den Störenfried - oder waren das die Spieler und Funktionäre? Drei Siege aus den nächsten drei Ligaspielen hatte noch auf dem Bankett in Barcelona jedenfalls Präsident Franz Beckenbauer gefordert - doch der König sollte den Kaiser enttäuschen. Nach einem 1:1 gegen Frankfurt und einem 0:1 gegen Rostock wurde Rehhagel - keine zwei Wochen nach Barcelona - vorzeitig rausgeworfen. "Otto musste für unsere Alibi-Leistung büßen", gestand Thomas Helmer später. Beim anderen FCB erwischte es kurz darauf auch Cruyff.

Die Meisterschaft war futsch, ein zweites Jahr in Folge wanderte die Schale nach Dortmund. Aber zumindest das UEFA-Cup-Finale gegen Girondins Bordeaux konnte der deutsche FCB für sich entscheiden - ausgerechnet mit Präsident Beckenbauer an der Seitenlinie, der interimsweise noch mal ins Trainergewand geschlüpft war. Dieses Skript hätten sie wahrscheinlich selbst in Hollywood abgelehnt.

Niklas Baumgart

Robert Lewandowski und Eric Maxim Choupo-Moting

Außergewöhnlicher Karriereweg: Choupo-Moting tritt aus dem Schatten

alle Videos in der Übersicht