WM

One Love-Binde verboten: "Das ist ein Kartellrechtsverstoß"

FIFA will "One Love"-Binde sanktionieren

"Das ist ein Kartellrechtsverstoß"

Darf nicht getragen werden: Die "One Love"-Kapitänsbinde.

Darf nicht getragen werden: Die "One Love"-Kapitänsbinde. IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Denn es gibt bereits einen Präzedenzfall in einer vergleichbaren Sache, dabei geht es um die "Rule 40" des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die besagt: Während der Spiele dürfen Athleten nicht werben. Erfolgreich attackiert hat sie der Bundesverband der deutschen Sportartikel-Industrie (BSI). Daher dürfen Athleten in der DACH-Region nun in begrenztem Umfang werben, beispielsweise bei stehenden, nicht aber bewegten Bildern, ohne dass sie mit sportlichen Sanktionen rechnen müssen.

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Kurios: In den IOC-Regeln ist das Ganze nicht verankert, aber das oberste Sportkomitee der Welt erteilt den Athleten des DOSB die entsprechende Ausnahme. Auch andere Nationalverbände haben die Bestimmungen für ihre Sportler in der Folge gelockert. "Das IOC hat sich auch verpflichtet, bei Überschreitung der gerade noch zulässigen Werbetätigkeit des Athleten, nicht sportlich zu sanktionieren", sagt Mark E. Orth, einer der führenden Kartellrechtler Deutschlands, im Gespräch mit dem kicker. "Bei Kapitänsbinden mit einer Aussage darf in meinen Augen ebenso keine sportliche Sanktion erfolgen, sonst läge ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vor."

Mehrere Nationalverbände, auch der DFB, wollten in ihre Kapitäne während der WM in Katar mit der "One Love"-Binde aufs Feld schicken, um für Gleichberechtigung und Vielfalt zu demonstrieren. Am Samstag hatte FIFA-Boss Gianni Infantino gesagt: "Wir haben klare Regeln für die Kapitänsbinden: Sie werden von der FIFA gestellt." Nach einer Beratschlagung zwischen einer UEFA-Arbeitsgruppe und der FIFA haben die Verbände an diesem Montagvormittag erklärt, aufgrund der Androhung von sportlichen Sanktionen auf die One-Love-Binde zu verzichten.

In diesem Fall liegt für mich ein Kartellrechtsverstoß vor.

Dr. Holger Jakob, Sportrechtler

Doch wäre eine Gelbe Karte gegen DFB-Kapitän Manuel Neuer wegen dieser Binde überhaupt rechtens? Eingangs erwähnter Entscheid lässt daran zweifeln, und auch der Berliner Sportrechtler Dr. Holger Jakob meint: "Die Einheitlichkeit der Kapitänsbinden könnte ein legitimes Ziel für die FIFA sein im Sinne der Einheitlichkeit des Sports. Allerdings wäre dies nur dann der Fall, soweit die FIFA diesen Nachweis auch führen könnte. Da es in der Vergangenheit anders gehandhabt wurde, wird ihr dieser Nachweis schwerfallen. In diesem Fall liegt für mich ein Kartellrechtsverstoß vor."

Zwist wegen eines Turniers in Katar zwischen einem Weltverband und deutschen Sportlern gab es übrigens schon einmal. Die Beachvolleyballerinnen Karla Borger, Präsidentin der Athleten Deutschland, und Julia Sude hatten wegen der Kleidungsvorschriften - Spielerinnen sollten statt der üblichen Bikinis in knielanger Hose und T-Shirts starten - ihre Teilnahme am 2021-er Masters in Doha abgesagt. Erst danach hatte der Weltverband FIVB die Vorschrift aufgehoben. Dennoch waren Borger/Sude nicht in Doha gestartet, sie fuhren ins Trainingslager nach Spanien.

Benni Hofmann