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WM 2022: Eine vertane Chance gegen die FIFA-Diktatur

Kommentar

Eine vertane Chance gegen die FIFA-Diktatur

Verzichten auf das Tragen der One-Love-Binde": DFB-Kapitän Manuel Neuer und Englands Spielführer Harry Kane.

Verzichten auf das Tragen der One-Love-Binde": DFB-Kapitän Manuel Neuer und Englands Spielführer Harry Kane. imago mages

Die definitive Entscheidung und Antwort auf die im September gestellte Anfrage kam extrem kurzfristig, wenige Stunden vor dem Anpfiff der Partie der Engländer gegen den Iran (Montag, 14 Uhr, LIVE! bei kicker). Deshalb passt sie zum Stil der FIFA, die diktatorisch die Bedingungen dieser WM in Katar ganz im Sinne des Gastgebers vorschreibt.

Erst war es auf die ganz Schnelle - eher eine Lappalie - das Bierverbot, jetzt ist es die Spielführerbinde. Mit dem Logo "One Love" wollten sich sieben europäische WM-Teilnehmer bei diesem Weltturnier für Menschenrechte und Diversität sowie gegen Homophobie, Rassismus und Antisemitismus aussprechen. Der Weltverband hat diese Aktion nun untersagt und bei Zuwiderhandlungen sportliche Sanktionen angedroht.

Die Gruppe der sieben Verbände, zu denen auch die an diesem Montag spielenden Niederländer und Engländer gehörten, fügte sich.

Einerseits sind diese nationalen Fußball-Assoziationen damit eingeknickt, denn sie haben sich der Allmacht der FIFA gebeugt. Wer sich vorher so deutlich positioniert, muss auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Weil Protest in der Regel wehtut.

Wie hätte die FIFA reagiert gegen solidarische Teams?

Und wie hätte der selbstherrliche Weltverband reagiert, wenn die Teams aus Belgien, Dänemark, England, den Niederlanden, der Schweiz, Wales und eben Deutschland ihre gute und wichtige Aktion durchgezogen hätten? Gelbe Karte für den Träger? Dann hätte in jedem Spiel ein anderer die Binde übernehmen können. Ausschluss der Teams aus dem Turnier? Dann wäre die große Fußballinszenierung hier in Katar schnell zu Ende gewesen.

Es wird höchste Zeit, dass sich die Verbände und die großen Vereine endlich verbünden und das autoritäre Selbstverständnis dieses Weltverbandes brechen. Diese WM muss dazu der letzte Anstoß sein. Vielleicht macht sich doch alsbald Solidarität im Fußball breit, nicht nur bei der Frage nach dem großen Geld.

Ein historisches Zeichen verpasst

Es ist aber nachvollziehbar, dass die deutsche Mannschaft bei dieser Weltmeisterschaft den Fußball in den Vordergrund stellt und den Pokal gewinnen will. Es wäre von den Spielern schon sehr viel verlangt, dass sie korrigieren sollen, was auf der politischen Ebene krass schiefläuft.

Der DFB hätte jetzt bei der One-Love-Thematik unbeugsam vorangehen können, in Absprache zwischen Verbandsspitze, Bundestrainer und Mannschaftsrat. Es wäre ein historisches Zeichen gewesen.