Nationalelf

Das Aus für Koch als "Lehrstück in Sachen Demokratie"

Sinnings Wahl macht auch Peters zu einem Gewinner

Das Aus für Koch als "Lehrstück in Sachen Demokratie"

Bittere Abschied aus dem DFB-Präsidium: Rainer Koch.

Bittere Abschied aus dem DFB-Präsidium: Rainer Koch.

Der DFB künftig ohne den langjährigen 1. Vizepräsidenten und polarisierenden "Strippenzieher" Dr. Rainer Koch - das schien bis zur Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses den allermeisten  unvorstellbar. "Auch für mich ist das eine Überraschung", kommentierte DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke, der in den letzten vier Wochen gemeinsam mit Koch als Interims-Doppelspitze den DFB geführt hatte.

Aber, so Watzke: "Es war auch ein Lehrstück in Sachen Demokratie. Wer immer behauptet hat, die Delegierten seien nur Stimmvieh, wurde eines Besseren belehrt." Offenbar hatte nicht zuletzt Koch selbst seinen Rückhalt speziell im Lager der Landesverbände kolossal überschätzt.

Sinning tritt auf Bitten "von verschiedensten Seiten" an

Die Nominierung von Gegenkandidatin Prof. Dr. Silke Sinning - ausgerechnet durch den von Koch geführten Bayerischen Fußballverband - war schließlich als ein klar erkennbares taktisches Manöver angelegt. "Wir stehen einer solchen demokratischen Wahl nicht im Wege, das ist die Botschaft", hatte BFV-Vizepräsident Reinhold Baier verlauten lassen.

Dass Sinning nach der erwartbaren Wahlniederlage von Peters ihre Kandidatur tatsächlich aufrechterhalten würde, hatte dabei längst nicht jeder im Kalkül. Sie selbst sei genau darum aber "von verschiedensten Seiten" gebeten worden, erklärte die Sportpädagogin in ihrer Vorstellungsrede, deshalb nehme sie die Herausforderung an. Der Applaus speziell von Vertretern der Profiklubs ließ da bereits erahnen, dass es für Koch knapper werden könnte als gedacht.

"Strippenzieher" Koch verhedderte sich gewaltig

Letztlich ausschlaggebend war aber wohl Kochs eigene Rede. Er erklärte zunächst, warum Sinning für den betreffenden Vizepräsidentenposten gar nicht die geeignete Besetzung sei und berief sich anschließend darauf, vom süddeutschen Verband ursprünglich ohne Gegenkandidaten nominiert worden zu sein. Die Delegierten mögen deshalb seine Wahl schlicht "bestätigen" oder "sich nicht an der Wahl beteiligen".

Eine Aufforderung, die im Saal für hörbaren Unmut sorgte - und Koch gewiss keine zusätzlichen Stimmen einbrachte. Am Ende stand die Erkenntnis: Mit einem fulminanten Eigentor hat sich ausgerechnet der mit allen Wassern gewaschene Multifunktionär Koch selbst ins Abseits katapultiert. Mit einem Ergebnis von 68:163 Stimmen verlor der 63-Jährige gegen Sinning nicht viel weniger deutlich als sein Gegenspieler Peters gegen Neuendorf (50:193).

Wehrle: "Das bedeutet einen echten Neuanfang"

Dass der Bundestag insgesamt einen geordneten bis harmonischen Verlauf nahm, sei zum Abschied aber auch Kochs Verdienst gewesen, hebt Watzke hervor: Gemeinsam habe man in inhaltlich harten, aber konstruktiven und sachorientierten Verhandlungen die Voraussetzungen geschaffen, "dass die Züge DFB und DFL nicht mehr aufeinander zurasen".

Ganz im Sinne auch des neuen Präsidenten Neuendorf, den Watzke als "verbindlich und verbindend" charakterisiert. In Personalien und Sachfragen demonstrierten die Delegierten der Landesverbände und Profiklubs in der Tat fast maximale Einigkeit. Dem Fazit des scheidenden Kölner Geschäftsführers und künftigen Stuttgarter Vorstandschefs Alexander Wehrle schlossen sich viele an: Die jetzige Personalkonstellation an der Spitze von DFB (mit Neuendorf und mit Sinning an Stelle von Koch) und DFL (Watzke sowie Geschäftsführerin Donata Hopfen) "bedeutet einen echten Neuanfang".

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Neuendorf lässt Besetzung der UEFA-Exekutive offen

Koch übrigens verließ den Saal unmittelbar nach Abschluss der Veranstaltung ohne weiteren Kommentar. Symbolträchtiger Weise durch eine Seitentür mit der Aufschrift "Notausgang". Welche Konsequenzen sich nun für seine Tätigkeit in der UEFA-Exekutive ergeben, bleibt vorerst offen. Ursprünglich hatte sich Neuendorf für den Fall seiner Wahl festgelegt, dass Koch diesen Posten ebenso behalten soll wie Peters den Platz im FIFA-Rat.

Auf der Pressekonferenz nach der Wahl beschied der frischgebackene Präsident indes: "Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, darüber zu reden, wer welche Perspektiven im DFB hat. Wir werden das Thema im Präsidium besprechen müssen. Und ich würde zunächst gerne mit Rainer Koch nochmal persönlich darüber reden. Diese Gelegenheit hatte ich jetzt noch nicht."

Kochs Scheitern und Sinnings Wahl kommentierte Neuendorf generell betont sachlich: "Das ist ein demokratischer Prozess, ich betrachte das nüchtern. Es ist eine Situation, mit der wir umgehen müssen und umgehen werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass Frau Sinning gut und loyal mit allen zusammenarbeitet im Präsidium. Das Ergebnis zeigt, dass die innerverbandliche Demokratie funktioniert."

Was eindeutig mehr ist als mancher Kritiker in der Vergangenheit unterstellt hat.

Thiemo Müller