DFB-Pokal

Aus München nichts gelernt: BVB vorne und hinten desolat

Zweite große Enttäuschung innerhalb von fünf Tagen

Aus München nichts gelernt: BVB vorne und hinten desolat

Schreck, lass nach: Der BVB um Kapitän Marco Reus enttäuschte in Leipzig.

Schreck, lass nach: Der BVB um Kapitän Marco Reus enttäuschte in Leipzig. IMAGO/osnapix

Um ein Haar hätte Borussia Dortmund die 96 Minuten zuvor vergessen lassen. Tief in der Nachspielzeit des Pokal-Achtelfinals bei RB Leipzig brachte Julian Ryerson doch noch eine Flanke in den gegnerischen Strafraum, den strammen Schuss des eingewechselten Jamie Bynoe-Gittens aber wehrte RB-Keeper Janis Blaswich stark zur Ecke ab - in deren Folge der entscheidende Konter in die andere Richtung startete und der Treffer zum 0:2-Endstand fiel.

Der Abschluss des jungen Briten, es war tatsächlich die erste Dortmunder Chance des Spiels, der zweite Torschuss der Partie in der 97. Minute. In den 27 Pokal-Spielen seit dem im Elfmeterschießen gegen den FC Bayern verlorenen Endspiels 2016 hatte der BVB immer mindestens ein Tor erzielt, diesmal erspielte er sich bis kurz vor dem Ende noch nicht einmal eine Gelegenheit auf ein Tor. Der mögliche Ausgleichstreffer, er wäre nach dem phasenweise desolaten Auftritt des BVB völlig unverdient gewesen, Dortmund war dem Gegner in allen Belangen unterlegen und zeigte nach dem 2:4 im Gipfeltreffen bei Bayern München innerhalb von fünf Tagen die zweite enttäuschende Leistung.

Reus: "Leipzig hat uns aufgefressen"

Das zeigte sich von Anfang an: Fünfmal musste der starke Keeper Gregor Kobel bereits in den ersten zwölf Minuten des Spiels teils in höchster Not retten, acht Torschüsse erspielte sich RB bis dahin. Und Dortmund ermöglichte das den spielfreudigen und temporeichen Gastgebern mit fatalen Ballverlusten, haarsträubenden Fehlpässen und riesigen Lücken zwischen den Ketten, Aggressivität, Gegenwehr und Wille fehlten nicht nur in den entscheidenden Momenten. "In der ersten Halbzeit hat uns Leipzig aufgefressen", bekannte Kapitän Marco Reus am ZDF-Mikrofon.

Haben eine katastrophale erste Halbzeit gespielt

Edin Terzic

Und auch Edin Terzic befand: "Wir haben eine katastrophale erste Halbzeit gespielt." Der Trainer wurde deutlich: "Wir mussten uns bei Greg Kobel bedanken, dass es nur 0:1 stand. Wir waren sehr nervös am Ball, wir haben mit zu vielen Kontakten gespielt und den Gegner eingeladen, uns zu pressen, indem wir Querpässe gespielt haben. Wir haben selten die Tiefe gefunden, konnten selten für Entlastung sorgen und haben uns gewundert, dass es Zweikämpfe gibt, sowohl in der Defensive als auch in der Offensive." 37 Prozent der direkten Duelle gewannen die Schwarz-Gelben - ein Armutszeugnis.

"Das ist in so einem Spiel zu wenig"

Wurde die schwache Offensivleistung vor der Pause noch von den defensiven Defiziten überdeckt, war die Planlosigkeit mit Ball nach dem Seitenwechsel offensichtlich, als der BVB mehr vom Spiel hatte. Auch die Dortmunder Umstellung auf zwei Spitzen sorgte nicht dafür, dass die Gäste gefährlich in den gegnerischen Strafraum kamen, die vermeintlich Kreativen Julian Brandt, Reus und Raphael Guerreiro - nach der Pause Linksverteidiger - konnten keine Impulse setzen, das Spiel nach vorne war ein einziger Offenbarungseid. "Wenig bis gar keine Möglichkeit", sah Reus: "Wir waren über 90 Minuten sehr torungefährlich. Wir haben es nie geschafft, in gute Räume hinter die Abwehr von Leipzig zu kommen und uns wirklich in der gegnerischen Hälfte festzusetzen. Wir hatten wenig Tiefe im Spiel." Das bittere Fazit des Kapitäns: "Das ist in so einem Spiel zu wenig."

Terzic fällt hartes Urteil - Wichtiges Duell mit Union

Wenige Tage nach dem ähnlich blutarmen und widerstandsfreien Auftritt in München ist es die zweite Enttäuschung in kurzer Zeit, Erinnerungen an den frustrierenden Herbst 2022 werden wach. Zwei wegweisende Spiele, die weniger wegen mangelnder Qualität verloren wurden, sondern vor allem wegen fehlender Bereitschaft. Der BVB ist gerade dabei, innerhalb kurzer Zeit das zu verschenken, was er sich in den ersten Monaten des neuen Jahres mit starken Spielen und vor allem starken Ergebnissen aufgebaut hat. In München und Leipzig zu verlieren, ist auch für eine Spitzenmannschaft möglich. Die Art und Weise beider Niederlagen war aber erschreckend. "Wir müssen uns vorwerfen lassen, dass wir aus dieser Situation in München nichts gelernt haben", urteilte Terzic.

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"Erneut desolater BVB-Auftritt": Pokalverteidiger Leipzig träumt nach "geforderter Reaktion" weiter

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Die Chance, nach dem Aus der Bayern als Topfavorit ins Halbfinale einzuziehen, wurde viel zu einfach hergegeben, der Druck in der Bundesliga wächst nun. Die beeindruckende Serie nach Wiederbeginn hat das Minimalziel Champions-League-Qualifikation sehr wahrscheinlich gesichert, die eigene Stärke und das Schwächeln des Rekordmeisters aus München sogar die Hoffnung auf noch mehr geweckt. Doch beim nächsten Gradmesser gegen Union Berlin am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) muss der BVB aufpassen, dass innerhalb einer Woche nicht auch die zweite große Titelchance verschenkt wird.

Patrick Kleinmann

Bilder zur Partie RasenBallsport Leipzig gegen BV 09 Borussia Dortmund