Torjägerkanone

Zwischen Angstzuständen und Torjäger: Empen ist ein Vorbild

Die Torjägerkanone® für alle

Zwischen Angstzuständen und Torjägerkanone: Empen dient als Vorbild

Einer von Nico Empens größten Erfolgen: Landespokal-Sieger 2021 mit Weiche Flensburg

Einer von Nico Empens größten Erfolgen: Landespokal-Sieger 2021 mit Weiche Flensburg imago images/Holsteinoffice

DIE TORJÄGERKANONE® FÜR ALLE

Nico Empen dürfte in Norddeutschland vielen Fußballbegeisterten ein Begriff sein. Er war in der Saison 2014/15 Torschützenkönig in der A-Junioren-Bundesliga. Im Dress des FC St. Pauli gelangen ihm damals 26 Treffer. Empen absolvierte zudem ein Länderspiel für die deutsche U-18-Nationalmannschaft und konnte zusätzlich in zwei Einsätzen für die Kiezkicker 61 Minuten lang Zweitligaluft schnuppern. Zudem kann der 27-Jährige beachtliche 144 Spiele für den SC Weiche Flensburg sowie sechs Spiele für den SV Rödinghausen in der Regionalliga vorweisen. "Ich bin dankbar, das alles miterlebt zu haben. Bei mir überwiegt der Stolz, das alles geschafft zu haben und ich schaue deshalb selten reumütig zurück. Aber die Gesundheit überwiegt", so der gelernte Erzieher.

Das gute "Näschen"

Seit dieser Saison kickt er bei Rot-Blau Obere Treene, ein Verbandsligist und Fusionsverein (7. Liga) in Schleswig-Holstein, der vor der Saison aus dem FC Tarp-Oeversee und dem TSV Großsolt Freienwill entstand. Und das ziemlich erfolgreich: 28 Tore in elf Spielen stehen für den Mittelstürmer auf dem Torekonto. Damit ist er aktuell der bestplatzierte Siebtligatorjäger in Deutschland. "Ich denke, ich habe ein gutes Näschen, wo der Ball im Strafraum oftmals hinkommt und treffe dann die richtigen Entscheidungen. Das ist mein Erfolgsrezept.", so der noch immer leidenschaftliche St. Pauli-Fan.

Doch es stellt sich die Frage nach dem Wieso? Empen ist 27 Jahre alt, eigentlich im besten Fußballeralter. Zusätzlich wollte sein langjähriger Verein, der SC Weiche Flensburg, seinen auslaufenden Vertrag vergangene Saison mit ihm verlängern. Wieso also der Rückschritt in die Verbandsliga?

"Meine Erkrankung war nicht der Hauptgrund für meinen Wechsel. Ich habe in dieser Zeit gelernt, mehr auf mich zu achten und habe den Preis der Belastung mit dem Ertrag abgewogen und dann entschieden, einen neuen Schritt zu wagen", erklärt der gebürtige Husumer. Jene Zeit, war die schwerste seines Lebens, betont Empen.

Ich wollte nur schlafen, konnte kein Auto mehr fahren, geschweige denn Fußball spielen.

Nico Empen (27) über seine Angstzustände

Denn er litt an Angstzuständen, die ihm erst auf dem Fußballplatz begegneten und schließlich auch im privaten Leben. Empen kennt den Auslöser für seine Ängste. Der Herzinfarkt von Christian Eriksen während der EM 2021, die der Stürmer im TV verfolgte, veränderte etwas in ihm. Ein paar Wochen später hatte er auf dem Rückflug einer Urlaubsreise seine erste Panikattacke. Es war der Startschuss für nun immer wiederkehrende Angstzustände. Empen traute sich zeitweise nicht mehr vor die Haustür: "Ich wollte einfach nicht nach draußen, ich hatte immer diese Angst, dass mir etwas passieren könnte. Ich wollte nur schlafen, konnte kein Auto mehr fahren, geschweige denn Fußball spielen. Zusätzlich hatte ich diese einschneidenden Gedanken, die mich täglich begleitet haben", berichtet Empen. 

Freundin als Ankerpunkt

Doch Empen kämpfte mit Unterstützung dagegen an: "Meine Freundin, jetzt Verlobte, war mein Ankerpunkt. Sie hat alles hautnah mitbekommen und mich unterstützt, genauso wie meine Familie". Er unterbrach seine Fußballerkarriere und besuchte mehrere Wochen eine Tagesklinik, in der er lernte, mit seiner Angst umzugehen. "Ich habe dort viel abgenommen, wenig gegessen, sehr viel geschlafen. Aber das wichtigste war die Erkenntnis, dass meine Angst die Kraft hatte, Symptome auszulösen und meine Gedanken kontrollieren konnte. Das habe ich gelernt zu verstehen."

Empen ging offen mit seiner Erkrankung um. Das half ihm: "Mir persönlich hat das Sprechen mit anderen und die offene Kommunikation über das Thema sehr geholfen. Das mag vielleicht nicht für jeden Menschen der beste Weg sein, aber mir hat es den Weg zur Besserung geliefert. Durch meine Krankheit habe ich auch gelernt, mehr auf mich selbst zu achten."

Empen stand nach sieben Monaten Pause wieder auf dem Platz und bekam in der Schlussphase der Saison 2022/23 noch Einsatzminuten für den SC Weiche. Im Anschluss an die Spielzeit entschied er sich zum Wechsel zu RB Obere Treene. "Ich habe das Projekt dort gesehen und war begeistert. Vor allem die Gemeinschaft ist klasse und es macht mir unendlich Spaß, mit meinen Jungs Fußball zu spielen", so der 27-Jährige. Er betont: "Ich bin allen beim SC Weiche aber unendlich dankbar dafür, was sie für mich dort getan haben und was ich für Erfolge mit ihnen feiern konnte."

Nico Empen

Nico Empen: 34 Tore in 150 Regionalligaspielen stehen für ihn zu Buche. imago images/KBS-Picture

Stolz überwiegt

Jene Erfolge können sich durchaus sehen lassen: Zwei Meistertitel in der Regionalliga Nord mit den Flensburgern in den Spielzeiten 2017/18 und 2021/22. Zudem konnte er mit dem SC in diesen Jahren jeweils den Landespokal in Schleswig-Holstein erringen. Rückblickend auf seine Jugendzeit, die er im NLZ von Holstein Kiel und dem FC St. Pauli verbrachte, wird er nicht mehr traurig, dass ihm der ganz große Durchbruch verwehrt blieb: "Ich hatte eine sehr schöne Zeit bei St. Pauli. A-Junioren-Bundesliga-Torschützenkönig zu werden, ist schon etwas Besonderes. Auch zwei Spiele am Millerntor in der 2. Bundesliga zu machen, war großartig." Seine Lehren zog Empen aus dieser Zeit aber ebenfalls: "Vielleicht hätte ich damals auch geduldiger bleiben und als junger Profi auf meine Chance warten sollen, aber so etwas wird in den Nachwuchsleistungszentren auch nicht gelehrt. Dennoch bin ich stolz auf das, was ich erreicht habe."

In seinem neuen Umfeld geht es etwas anders zu: "Wir sind einfach Freunde hier im Verein und das Bier nach dem Training darf natürlich auch nicht fehlen." Diese Gemeinschaft macht sich auch in Zahlen bemerkbar: RB Obere Treene hat bisher alle 13 Saisonspiele gewonnen und ein Torverhältnis von 67:16 zu Buche stehen. Die Mannschaft liegt im Soll, denn das Saisonziel war vorher klar formuliert: "Wir haben schon Ambitionen hier und wollen diese Saison aufsteigen. Was danach passiert, müssen wir dann schauen, aber diese Saison wollen wir hoch", lässt Empen verlauten.

"Tief in ihrer Schuld"

Wie wichtig ihm das ist, wird schnell deutlich: "Ich bin noch nie aufgestiegen in meiner Karriere, das wäre etwas Besonderes und ich würde es genauso feiern wie eine Regionalligameisterschaft." In diesem "Projekt" ist Empen ein wichtiger Bestandteil: "Wir wollen hier auch mit der Art und Weise unseres Spiels begeistern. Es kommen oft alte Mannschaftskollegen von Weiche vorbei, um sich Spiele von uns anzuschauen. Da sieht man, wir sind auf dem richtigen Weg."

Auf dem richtigen Weg befindet sich Empen auch im Ranking der Torjägerkanone: Sechs Treffer Abstand weist seine Führung derzeit auf den Zweitplatzierten auf. Dazu hat er ein Spiel weniger absolviert. "Ich habe von der Aktion gehört und als Stürmer liebe ich natürlich diese Competition und deswegen würde ich mich freuen, die Kanone vielleicht am Ende zu gewinnen." Sein Erfolgsrezept gibt der 27-Jährige ebenfalls preis: "Ich muss locker bleiben und meinen Teamkollegen vertrauen. Nur mit der Mannschaft zusammen kann ich das schaffen, und wenn das klappt, stehe ich tief in ihrer Schuld und irgendwas müsste auf mich gehen", erklärt er lachend. 

David Funk

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