3. Liga

3. Liga, 1. FC Kaiserslautern: Boris Schommers auf der Kippe

Zieht Kaiserslautern nach dem Fehlstart die Reißleine?

Besorgniserregender Trend: Schommers auf der Kippe

Fehlstart in die neue Saison: Boris Schommers und der FCK.

Fehlstart in die neue Saison: Boris Schommers und der FCK. picture-alliance

Selbst für die Verhältnisse des pfälzischen Traditionsvereins ist eine Trainerdebatte schon nach dem 1. Spieltag etwas Außergewöhnliches. Zumal der FCK unter Schommers die abgelaufene Saison mit drei Siegen und zwei Remis beendete. Ein Festhalten im Sommer war also auf den ersten Blick nachvollziehbar, erst recht unter dem Licht des laufenden Insolvenzverfahrens. Zudem war der Fehlstart alles andere als absehbar. Doch in der Debatte in Kaiserslautern geht es aktuell nicht nur um die null Punkte, 0:4 Tore und den letzten Tabellenplatz in der 3.Liga, auch die Begleitereignisse spielen eine Rolle.

Siegesserie im vergangenen Winter - mit Doppelsechs

Zunächst bedarf es einem Blick zurück: Als der FCK sich im Winter 2019 mit fünf Siegen und einem Remis in die Weihnachtstage verabschiedete, war die Fußballwelt auf dem Betzenberg so heile, wie sie das in der 3. Liga beim stolzen Klub noch sein kann. Die Siegesserie fuhr Schommers mit einer Grundformation im 4-4-2 mit Doppelsechs ein, die Mannschaft wirkte darin sichtlich stabilisiert und fühlte sich wohl, wie auch aus Spielerkreisen zu vernehmen war. Schommers jedoch war noch nicht zufrieden, wollte "variabler" sein und ließ in der Folge meist mit in verschiedenen Varianten eines 4-3-3 agieren - mit zunächst deutlich weniger Ertrag. Dass es zum Ende der Rückserie wieder besser lief, war auch anderen Faktoren zu verdanken, die hier jedoch zu weit führen.

Rund neun Monate und eine Sommertransferphase nach der Einführung dieses Systems offenbarte die FCK-Elf aber in aller Deutlichkeit, dass sie Schommers' Plan vom Spiel noch immer nicht verstanden hat. Das pausenlose 90-minütige Coaching des Trainers an der Seitenlinie mag die Verwirrung bei manchem Spieler zusätzlich perfekt gemacht haben. Was sich beim Auftakt gegen Dresden (0:1) in einigen Teilen bereits andeutete, wurde im Grünwalder Stadion schonungslos offengelegt. Die Zuordnung in der Defensive gab ebenso wie die Raumaufteilung zahlreiche Rätsel auf. Das größtenteils planlose Offensivspiel und fehlende Anspielstationen bei eigenem Ballbesitz kommen da noch hinzu. Offensiv wie defensiv versucht der FCK das Zentrum dicht zu machen, die Flügel sind den Außenverteidigern vorbehalten, die jedoch nicht das erste Mal damit überfordert sind. Schommers sprach auf der Pressekonferenz nach der 0:3-Pleite beim Aufsteiger Türkgücü von "gravierenden individuellen Fehlern". Wenn jedoch fünf Spieler hintereinander Fehler begehen, kann kaum noch von "individuell" gesprochen werden, vielmehr es ist ein Versagen des Kollektivs, des Systems. Doch Kritik an der Ausrichtung, die auch intern geäußert wurde, widerspricht Schommers stets.

Selbstkritik nur selten zu vernehmen

Mit dem Eingestehen von Fehlern ist es ohnehin so eine Sache. Selbstkritik war von Schommers nur selten zu vernehmen. Zuweilen musste man annehmen, der Trainer habe manchmal ein anderes Spiel gesehen als die meisten neutralen Beobachter. Ein Aspekt, der ihm in puncto Glaubwürdigkeit und seinem generellen Standing bei den Anhängern keine Pluspunkte einbrachte. Auch innerhalb des Teams rumorte es mehrfach. Einige Spieler fühlten sich im vergangenen Jahr nicht fair behandelt. Hinzu kam der in der Kündigung für Torwarttrainer Gerry Ehrmann gipfelnde Zwist mit der einstigen Vereins-Ikone. Baustellen, die man mit einer anderen Kommunikation nach außen durchaus hätte vermeiden können, oder zumindest anders moderieren müssen.

Doch zurück zu diesem Sommer: Zwar mussten die Abgänge von Florian Pick, Christian Kühlwetter und Timmy Thiele verkraftet werden - Letzterer wäre zwar gerne geblieben, hatte sich aber mit Schommers überworfen. Doch die Neuzugänge konnten sich durchaus sehen lassen. Eine Entwicklung war jedoch nicht zu erkennen, selbst die so gut wie nicht veränderte Defensive machte einen Schritt zurück. In den Verbandspokalspielen gegen teils sechstklassige Mannschaften entgingen die Pfälzer mehrfach nur knapp der totalen Blamage, die Leistungen in den Vorbereitungsspielen waren stark von Einzelleistungen und weniger vom Kollektiv geprägt. Hinzu kommen einzelne Personalentscheidungen, die intern wie extern für Kopfschütteln sorgten: Etwa der zuletzt regelmäßige Einsatz des Defensivspielers Janik Bachmann im rechten Mittelfeld oder das konsequente Verzichten auf den im letzten Jahr meist so starken Linksverteidiger Philipp Hercher, obwohl Neuzugang Adam Hlousek auf dessen Position noch kein überzeugendes Spiel ablieferte.

Blamabler Auftritt in München

Der Trend zeigt spätestens seit dem blamablen Auftritt in München nach unten. Es bedarf einer gehörigen Portion Optimismus, zu glauben, dass dem FCK in dieser Konstellation zeitnah die Trendwende gelingt. Und erst recht, dass im Anschluss konstante Leistungen gezeigt werden. Denn die noch zu erwartenden Neuzugänge, zwei Offensivkräfte sollen noch kommen, beheben vielleicht die Torflaute, gegen ein Fehlerfestival wie am Sonntag dürften sie jedoch wenig ausrichten können.

Die branchenüblichen Bekenntnisse zum Trainer, die unter der Woche noch unter anderem von Sportdirektor Boris Notzon zu hören waren, blieben am Sonntag aus. Nach kicker-Informationen steht an diesem Montag eine intensive Analyse der Geschehnisse auf dem Programm. So oder so: Noch wäre Zeit, das Ruder rumzureißen, zumal der Kader von der individuellen Qualität her einen Spitzenplatz hergibt. Ob Schommers dies jedoch noch zugetraut wird und er auch am kommenden Montag beim Auswärtsspiel in Wiesbaden die Aufstiegsmission der Roten Teufel leiten darf, bleibt abzuwarten. Schommers selbst bezeichnete die Debatte um seine Position noch am Sonntag als "Schwachsinn". Auch in diesem Punkt haben seine Vorgesetzten offenbar eine andere Meinung.

In einer ersten Version des Textes wurde versehentlich die fixe Trennung zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und Boris Schommers vermeldet. Wir bitten diesen redaktionellen Fehler zu entschuldigen.

Moritz Kreilinger

Die Trainer der 3. Liga für die Saison 2021/22