10,17 kann eine beachtliche Zahl sein. Vor allem wenn das Maximum bei elf liegt. Durchschnittlich 10,17 Mal verändert Hans-Jürgen Boysen seit dem Re-Start seine Startelf im Vergleich zur vorigen Partie. Eine "zweite Garnitur" gibt es für den Trainer der SG Sonnenhof Großaspach also nicht mehr. Nur Aspachs bester Offensivspieler Panagiotis Vlachodimos darf fast immer starten, der Grieche ist unverzichtbar.
Mit dieser radikalen Rotation begeht Boysen einen anderen Weg als die meisten anderen Drittliga-Klubs. Zwischen 7,67 und 2,17 Wechseln bewegt sich die Spanne bei der Konkurrenz. Zwölf der 19 anderen Trainer verändern dabei im Schnitt weniger als viermal ihre Startelf.
Deren Argumente liegen auf der Hand: eine eingespielte Mannschaft mit besseren Automatismen sowie die höhere Qualität der ersten Garde. Genauso drängen sich aber auch die Nachteile auf: Kräfte lassen bei zwei Spielen je Woche spürbar nach, das Risiko für Verletzungen erhöht sich.
Welcher Ansatz zahlt sich eher aus?
Der kicker hat die Punkteschnitte der Vereine bis zum 28. Spieltag und seit dem 29. Spieltag ausgewertet. Am 28. Spieltag (dem Re-Start selbst) gab es nach fast drei Monaten Wettkampfpause noch keinen Anlass zum Rotieren. Anschließend wurde die durchschnittliche Zahl der Veränderungen an der Startelf ermittelt. Wenn auch die Zahl der Partien seit dem Re-Start überschaubar und somit die Aussagekraft nicht zu überschätzen ist, die Tendenz kristallisiert sich dennoch klar heraus: Jene sechs Mannschaften, die am häufigsten rotierten, verbesserten allesamt ihren Punkteschnitt.
"Haben uns vor dem Re-Start einen Plan gemacht"
Neben Großaspach zeichnet man sich vor allem in Braunschweig (7,67 Wechsel) als rotationsfreudig aus, was angesichts des für Drittligaverhältnisse hochkarätig wie breit besetzten Kaders nur folgerichtig ist. "Vor dem Re-Start haben wir uns innerhalb unseres Trainer-Teams einen Plan gemacht, wie wir die Vielzahl an Spielen innerhalb kurzer Zeit angehen wollen", sagte Eintracht-Trainer Marco Antwerpen dem kicker: "Wir haben viele Gespräche mit den Spielern geführt und sowohl im Kleingruppen- als auch im Mannschaftstraining und im Trainingslager die Einheiten entsprechend gestaltet."
Wechselte meistens achtmal - und zwar ganz bewusst: Braunschweigs Coach Marco Antwerpen imago images
Mit dieser Strategie haben sich die Niedersachsen seit dem Wiederbeginn von Platz neun auf den direkten Aufstiegsrang zwei vorgearbeitet. "Wichtig ist uns, dass ein guter Mix aus Führungsspielern und jüngeren Jungs auf dem Platz steht. Bislang setzen wir diesen Plan sehr gut um."
Kurios: Auch die beiden Teams, die am wenigsten rotierten, nämlich Waldhof Mannheim und der FC Ingolstadt, schnitten besser ab als vor der Corona-Pause. Zuletzt hatte Mannheims Coach Bernhard Trares vor dem 3:2 gegen Großaspach, als die grundverschiedenen Philosophien aufeinandertrafen, gar überhaupt nicht an seiner Startelf geschraubt - und dieselben elf Akteure wieder aufs Feld geschickt. Die geringe Anzahl an Wechseln habe einfach damit zu tun, dass zurzeit viele Stammspieler fehlten, teilte Waldhof auf kicker-Anfrage mit.
Die vollständige Liste:
| Verein | Ø Wechsel seit 29. ST | Ø Punkte 1.-28. ST | Ø Punkte seit 29. ST |
|---|---|---|---|
| SG Sonnenhof Großaspach | 10,17 | 0,75 | 1,33 |
| Eintracht Braunschweig | 7,67 | 1,57 | 2,33 |
| Viktoria Köln | 5,67 | 1,25 | 1,5 |
| FC Bayern München II | 5,5 | 1,57 | 2,33 |
| 1. FC Magdeburg | 5,17 | 1,18 | 1,5 |
| FC Hansa Rostock | 4,33 | 1,5 | 2,17 |
| Würzburger Kickers | 4 | 1,57 | 2,17 |
| KFC Uerdingen | 4 | 1,5 | 0,67 |
| TSV 1860 München | 3,83 | 1,61 | 1,17 |
| SpVgg Unterhaching | 3,67 | 1,68 | 0,33 |
| 1. FC Kaiserslautern | 3,67 | 1,32 | 1,67 |
| Carl Zeiss Jena | 3,67 | 0,61 | 0,33 |
| FSV Zwickau | 3,5 | 1,18 | 0,67 |
| Hallescher FC | 3,5 | 1,18 | 1,17 |
| SV Meppen | 3,17 | 1,5 | 1,17 |
| Chemnitzer FC | 3,17 | 1,32 | 0,5 |
| MSV Duisburg | 3,17 | 1,68 | 1,67 |
| Preußen Münster | 3 | 1,07 | 0,83 |
| SV Waldhof Mannheim | 2,5 | 1,57 | 1,67 |
| FC Ingolstadt | 2,17 | 1,5 | 2 |
