Junioren

Onur Cinel, der Knappenschmied

34-Jähriger gilt als großes Trainertalent

Onur Cinel, der Knappenschmied

"Von großer Bedeutung für die Knappenschmeide": Schalkes Nachwuchstrainer Onur Cinel.

"Von großer Bedeutung für die Knappenschmeide": Schalkes Nachwuchstrainer Onur Cinel. imago images

Wer aus schlechten Situationen gerne das Beste zieht, dem bietet sich dazu als Kind oder Jugendlicher selbst während dieser Corona-Zeit in der Schule eine gute Chance: Niemandem, so hieß es und so wird es praktiziert, soll durch die erschwerten Bedingungen ein Nachteil entstehen - Noten werden "aufgerundet", in Sachen Versetzung wird ein Auge zugedrückt. "Solche Vergünstigungen gibt's bei uns nicht", sagt Onur Cinel lachend.

Und dieses Privileg hat er auch gar nicht nötig, obwohl der Mann aus der Knappenschmiede, also der Nachwuchsabteilung des FC Schalke 04, vor Corona selbst quasi eine Schulbank gedrückt hat und seit vergangenen Montag die ersten Prüfungen zum Fußballlehrer abgelegt hat. Sein erstes Gefühl ist sehr gut. Im aktuellen Lehrgang finden sich neben Cinel mit Tim Borowski, Christian Rahn, Steven Cherundolo oder Dino Toppmöller bekannte Mitstreiter.

Mentor Elgert, von Asamoah befördert

Diesen Promi-Status weist Cinel noch nicht auf, doch das könnte sich künftig ändern, denn er gilt als großes Trainertalent - auch wenn er derzeit kein Team coacht. Nachdem er im März 2017 von Gerald Asamoah zum U-23-Trainer berufen worden war, aber den Abstieg in die Oberliga nicht verhindern konnte, wurde er ab Juli 2018 mit anderen Aufgaben auf Schalke betraut: Cinel ist für Methodik, Spielkonzeption und Individualisierung verantwortlich. Das sind erst mal Schlagwörter, die er langfristig, aber auch täglich an der Schnittstelle zwischen Trainern und Youngstern mit Strategie und Leben füllt. So sollen die Talente "initiativ, mit Intensität und Spielintelligenz" agieren, so Cinel, dem auch "Spielfreude und Dominanz" wichtig sind. All das beinhaltet seine Philosophie, stets ein großes Wort im kleinen Fußball-Kosmos, doch präziser wird sie, wenn er seine Gedanken zum Begriff "DNA" in diesem Kontext vorträgt: "Erfolgreich sind die Vereine, bei denen durch eine DNA und eine eigene Identität die Durchlässigkeit zu den Profis besonders hoch ist. Wie bei Ajax."

So etwas sei vorbildlich, doch auch der Schalker Weg hat im Schatten längst geschlossener Zechen natürlich große Namen zutage gefördert: wie Manuel Neuer, Thilo Kehrer, Leroy Sané. Die beiden Letztgenannten hatte Cinel als Assistent unter seinen Fittichen. Über Sané, aktuell bei Manchester City, vielleicht bald beim FC Bayern, sagt der Knappenschmied: "Ich habe mit ihm in der U 19 gearbeitet. Er war fröhlich, offen, ein Wettkämpfer. Er ist als Persönlichkeit gereift. Situationen, in denen er sich Konkurrenz stellen muss, liebt er."

Sané wurde auf Schalke primär geprägt durch einen der bekanntesten Jugendtrainer Deutschlands, Norbert Elgert. Diesen wiederum bezeichnet Cinel als seinen "Mentor", und dieses Lob gibt Elgert zurück: "Onur ist ein positiv Fußballbesessener. Er ist extrem fleißig, motiviert, wissbegierig und loyal. Allgemein für unseren Klub und speziell für die Knappenschmiede ist er mit seiner Expertise von großer Bedeutung."

Da plätschert keine einzige Einheit so dahin

Onur Cinel über seine Hospitanz bei Pep Guardiola

Und Cinel lernt permanent dazu, nicht nur beim Lehrgang für angehende Fußballlehrer. Er referierte 2016 vor Jugend-trainern von Juventus Turin, hospitierte 2018 bei Chelsea, 2019 bei Ajax und bei Pep Guardiola in Manchester. "Dieser Trainer", das hat Cinel von seinem Ausflug zu den Skyblues mitgenommen, "schraubt jeden Tag an seiner Spielidee, da plätschert keine einzige Einheit so dahin." Gleiches gilt für La Masia, die Talente-Produziermaschine Barças. Auch dort erweiterte Cinel 2015 seinen Horizont und sah zudem, wie eifrig Lionel Messi trainiert: "Er hat dort in der Länderspielpause im Herbst wie ein Besessener mit den Jungs der zweiten Mannschaft gekickt, war der Erste, der kam, der Letzte, der ging."

Derartiger Fleiß liegt auch Cinel im Blut, nun soll der nächste Schritt folgen. Was schwebt ihm vor? Er sei glücklich auf Schalke, "ich erfahre eine hohe Wertschätzung", doch schließt er einen Wechsel nicht aus, um auf "Top-Level als Co-Trainer im Profifußball" zu arbeiten. Nur Träumerei? Oder ist das realistisch? Elgert: "Für Onur ist nach oben alles offen: U-17- oder U-19-Bundesligatrainer, aber auch Assistent bei einem nationalen oder internationalen Profiklub. Er wäre für jeden Profitrainerstab eine absolute Bereicherung. Ich persönlich hoffe sehr, dass er dem FC Schalke erhalten bleibt."

Auch das ist möglich, schließlich ist er bereits seit 2012 dort. Jetzt jedoch soll aus dem Trainer Onur erst mal der Fußballlehrer Cinel werden. Aber - anders als in der Schule - ganz ohne Corona-Bonus.

Thomas Böker

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