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"Vielleicht sollte der Klub meine Jobbezeichnung ändern"

Tottenham-Trainer Pochettino vor Audi-Cup-Finale frustriert

"Vielleicht sollte der Klub meine Jobbezeichnung ändern"

Frust vor dem Finale: Mauricio Pochettino beim Audi Cup.

Frust vor dem Finale: Mauricio Pochettino beim Audi Cup. imago images

Die Empfehlungen des Sicherheitschefs? Sind Mauricio Pochettino einigermaßen egal. Also posiert er in der Lobby des Teamhotels in München trotz Bedenken der gestrengen Security mit Fans für deren Selfies. Später aber schaut Tottenhams Trainer nicht mehr so fröhlich in die Kameras. Dabei hatte seine Mannschaft doch Real Madrid besiegt und steht am heutigen Mittwochabend (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker.de) im Audi-Cup-Finale gegen den FC Bayern.

Die Fans der Spurs warten. Natürlich auf Titel und Pokale - aber auch auf Neuzugänge. Und Pochettino geht es kaum anders. Die Mannschaft, die es bis ins Finale der Champions League schaffte und seit Jahren fast in gleicher Besetzung spielt, kann frisches Blut gebrauchen. Ob und wann es noch Neue gibt, vielleicht ja doch Gareth Bale, der 2013 für die damalige Rekordsumme von 101 Millionen Euro zu Real Madrid ging? Oder ob sogar Abgänge zu verkraften sind, etwa Danny Rose? Das alles kann Pochettino nicht sagen. "Das liegt nicht in meiner Verantwortung, ich weiß nichts über die Situation meiner Spieler", erklärt der Argentinier in München nach dem 1:0-Sieg über Real und wirkt ein wenig frustriert.

Von wegen "Manager": "Ich bin nur der Boss auf dem Platz"

Von wegen allmächtiger Manager, wie in England lange üblich. Immer mehr wird der Job auch hier von immer mehr Vorständen und Sportdirektoren auf den des Trainers reduziert. "Ich bin nur der Boss auf dem Platz und dafür zuständig, dass meine Spieler im Kader besser werden", sagt Pochettino, unter dem die Spurs immerhin die sportlich beste Phase seit Jahrzehnten erleben. "Vielleicht sollte der Verein meine Berufsbezeichnung ändern."

Dass die Spurs hingegen kaum ihren Kader verändern, hat in den letzten Jahren fast Tradition. Für den 60 Millionen Euro teuren Mittelfeldspieler Tanguy Ndombelé aus Lyon wurde diesen Sommer zwar die teuerste Ablöse der Klubgeschichte bezahlt, es war bisher aber auch der einzige nennenswerte Neuzugang. Auf der Gegenseite wechselte Kieran Trippier für 22 Millionen Euro zu Atletico Madrid. Und mit Danny Rose könnte ein weiterer englischer Nationalspieler gehen, auch Christian Eriksen beschäftigte sich offen mit einem Abschied, fand bislang aber keinen passenden Klub.

"Das liegt nicht in meinen Händen, sondern in denen des Klubs und denen von Daniel Levy"

Nur noch bis zum 8. August sind in England Einkäufe möglich - und die erledigt bei den Spurs eben nicht Pochettino, sondern Daniel Levy, offiziell Hauptgeschäftsführer, der zudem auch Anteile am Verein besitzt. Haupteigner Joe Lewis, ein britischer Milliardär, der auf den Bahamas lebt, bleibt zumeist im Hintergrund. "Spieler verkaufen, Spieler kaufen, Verträge unterschreiben, Verträge nicht unterschreiben - das liegt nicht in meinen Händen", so Pochettino, "sondern in denen des Klubs und denen von Daniel Levy."

Immerhin gelang mit der vorhandenen Mannschaft ein verdienter Erfolg über ein zugegeben schwächelndes Real Madrid. Torschütze Harry Kane ist nicht nur deshalb zufrieden. "Eine sehr, sehr gute Vorbereitung war das bisher." Auf der Asien-Tour hatten die Spurs gegen Juventus 3:2 gewonnen, gegen Manchester United aber 1:2 verloren, stets war Kane einer der Besten, und er kennt den Grund: "Ich hatte kein Turnier im Sommer, bin jetzt verheiratet, alles entspannt, alles bestens." Das verlorene Champions-League-Finale gegen Liverpool? Abgehakt, sagt Kane. "Es stärkt vielmehr unser Selbstvertrauen, dass wir es überhaupt erreicht haben."

Kane glaubt an eine Chance im Meisterrennen - doch reicht der Kader?

Nun also der nächste Anlauf für die erste Meisterschaft seit 1961. "Wir waren Zweiter, Dritter, Vierter, nur Platz 1 fehlt uns noch. Aber dafür müssen wir endlich mal konstant über eine Saison sein." Und dann sieht er auch Chancen, gegen Liverpool und vor allem Manchester City zu bestehen. "Dass viele Leute nicht an uns glauben, ist nur noch mehr Motivation." Ob aber der bestehende Kader reicht, kann auch Kane nicht sagen. "Das entscheidet der Verein."

Und damit also Levy, der als beinharter Verhandler gilt. Verteidiger Toby Alderweireld sieht all die Diskussionen um Transfers ohnehin nicht ganz so dramatisch: "Wir kaufen nicht, nur um zu kaufen." Die jungen Talente im Kader hätten sich zuletzt doch ganz gut präsentiert. Juan Foyth (21) zum Beispiel, der gegen Real Rechtsverteidiger spielte und mehrfach Eden Hazard einbremste. Richtig fröhlich aber stimmte selbst das Pochettino nicht.

Martin Gruener/Jörg Wolfrum

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