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Umfrage an der Basis: Wo steht der DFB?

Umfrage von Hochschule Ansbach und JMU Würzburg

Wo steht der DFB?

Kritik war nicht nur, Kritik ist auch noch: Der DFB.

Kritik war nicht nur, Kritik ist auch noch: Der DFB. Bongarts/Getty Images

Am 11. März findet im World Conference Center in Bonn der 98. Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes statt. Seit Mitte 2021 ist der DFB ohne gewählten Präsidenten, die Wahl ist dort vorgesehen. In Interviews mit dem kicker gaben die Kandidaten Bernd Neuendorf und Peter Peters (mit seinem Team) Einblick in ihre Ideen. In einer breit angelegten Umfrage gaben die Hochschule Ansbach und die Julius-Maximilians-Universität Würzburg nun der Basis die Möglichkeit, ihre Sicht auf den DFB darzulegen.

Der kicker bot diese Umfrage auf seiner digitalen Plattform an. Hier dargestellt sind die nach Meinung der Redaktion interessantesten Ergebnisse. Die vollständige Erhebung finden Sie hier.

Vergleich zur DFL?

Knapp mehr als die Hälfte (52,2 Prozent) der Befragten sehen die DFL im Vergleich zum DFB als die kompetentere und leistungsfähigere Organisation für den Fußball. 23 Prozent widersprechen dieser These.

Mehr Transparenz?

90,3 Prozent der Befragten wünschen sich, dass der DFB vor den nächsten Wahlen mehr Transparenz bezüglich des Verfahrens schafft. Lediglich 2,7 Prozent der Studienteilnehmer haben diesen Wunsch nicht.

Mehr Diversität?

Über die Hälfte (56,8 Prozent) wünscht sich mehr Diversität im DFB-Präsidium. Während ein Viertel (25,2 Prozent) hier unentschlossen ist, geben 17,9 Prozent der Befragten an, diesen Wunsch nicht zu haben.

Ich beurteile das Image des DFB als ...

90,9 Prozent der 11.725 Befragten beurteilen das Image des Deutschen Fußball-Bundes als schlecht oder sehr schlecht. Dieses Antwortverhalten ist wie bei den meisten Fragen nahezu identisch bei DFB-Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern.

Sehr gut (0,2%) - Gut (2,0%) - Neutral (6,9%) - Schlecht (49,6%) - Sehr schlecht (41,3%)

Der DFB ist hilfreich für die Organisation des Fußballs in Deutschland

Dass der DFB hilfreich ist für die Organisation des Fußballs in Deutschland, findet lediglich knapp ein Viertel der Befragten (23,7 Prozent). Mehr als die Hälfte der Teilnehmer (50,8 Prozent) widersprechen dieser These, die ja das Kerngeschäft des DFB betrifft.

Stimme voll zu (2,2%) - Stimme zu (21,5%) - Stimme nicht zu (38,6%) - Stimme überhaupt nicht zu (12,2%) - unentschlossen (25,5%)

Die DFB-Spitze vertritt die Interessen des Amateursports gut

Nur 4,4 Prozent der Befragten stimmen der These zu, dass die DFB-Spitze die Interessen des Amateursports gut vertritt. 83,7 Prozent stimmen dieser These nicht zu. Die DFB-Mitglieder (86,5 Prozent) sind hier deutlich kritischer mit der DFB-Spitze als die Nicht-Mitglieder (76,9 Prozent).

Stimme voll zu (0,5%) - Stimme zu (3,9%) - Stimme nicht zu (47,7%) - Stimme überhaupt nicht zu (36,3%) - unentschlossen (11,9%)

Die DFB-Spitze sollte über eine Urwahl an der Basis gewählt werden

Fast drei Viertel der Befragten (73,9 Prozent) befürworten eine Urwahl an der Basis, um die DFB-Spitze zu ernennen. 11,2 Prozent der Studienteilnehmer stimmen einer Wahlberechtigung für jedes Verbandsmitglied nicht zu.

Stimme voll zu (33,7%) - Stimme zu (40,2%) - Stimme nicht zu (8,7%) - Stimme überhaupt nicht zu (2,5%) - unentschlossen (14,9%)

Neuendorf, Peters, Koch

11,1 Prozent der Befragten trauen Bernd Neuendorf das Amt des DFB-Präsidenten zu. Vor der Kandidatur war er 12,4 Prozent der Befragten bekannt.

13,4 Prozent der Befragten trauen Peter Peters das Amt des DFB-Präsidenten zu. Er war 69,7 Prozent der Befragten vor seiner Kandidatur bekannt.

Da Interimspräsident Dr. Rainer Koch beim DFB im Vergleich zu allen anderen Top-Funktionären seit mehr als einem Jahrzehnt eine herausragende Rolle im deutschen Fußball einnimmt, haben die Wissenschaftler auch die Beurteilung seiner Arbeit abgefragt. Im Spektrum der Schulnotenskala von 1 bis 6 beurteilten die Teilnehmer die Arbeit von Koch beim DFB allgemein mit der Durchschnittsnote 5,08, im Amateurbereich des DFB mit 5,10 und als deutscher Vertreter in der UEFA mit 4,91.

Für einen DFB-Präsidenten unverzichtbar?

Unabhängig von den zur Wahl stehenden Personen haben die Studienteilnehmer über das Kompetenzprofil des künftigen DFB-Präsidenten abgestimmt und eine klare Hierarchie aufgestellt. Dabei rangieren "Kenntnis der Strukturen im nationalen und internationalen Fußball" mit Abstand auf der Spitzenposition (80 Prozent) und die Erfahrungen als Politiker mit 3,5 Prozent weit abgeschlagen am Ende des Kompetenzprofils.

Kenntnis der Strukturen im nationalen und internationalen Fußball (80,0%) - Managementerfahrungen (60,6%) - Netzwerk im Fußball (57,4%) - Langjähriges ehrenamtliches Engagement (51,0%) - Führungserfahrung in anderen Feldern (z.B. Wirtschaft, Kultur, Medien) (46,3%) - Persönliche Spielpraxis im Fußball (41,4%) - Berufserfahrung außerhalb des Fußballs (34,0%) - Bundesliga-Erfahrung im Fußball (24,3%) - Erfahrungen als Politiker (3,5%)

Wichtig für die Studie "DFB 2022" zu wissen

Insgesamt 11.725 Fragebögen wurden beendet. Die Studie filtert, so die Urheber, Einstellungen und Ziele der Basis rund um den größten Sportverband der Welt, liefert somit ein Stimmungsbild und konstruktive Ansatzpunkte für Veränderungen - vor allem für den DFB selbst. Rund jeder Zweite (47,6 Prozent) der Teilnehmer ist zwischen 36 und 60 Jahre alt.

Die Forschungskooperation der Hochschule Ansbach und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erläutert: "Das Forschungsprojekt entstand durch den Zusammenschluss von vier Wissenschaftlern. Die unterschiedliche Verortung (Soziologe Tim Frohwein, Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Dr. Jana Wiske, Sportwissenschaftler Prof. Dr. Harald Lange und André Siebe) und die verschiedenen Anknüpfungspunkte zum Fußball ermöglichen den sachlichen Austausch von Bedenken und schärfen den Blick für eine unabhängige Studie.

Diese Studie entspringt mehreren aufeinander bezogenen Forschungskontexten (Amateurfußball, wertebezogene Fußballforschung) und wurde in dem seit 2020 an der Uni Würzburg eingerichteten Seminar "Welchen Fußball wollen wir?" mit Doktoranden und auch externen Expertinnen und Experten validiert. Finanziert wurde die Studie aus Hochschulmitteln.

Aufgrund der offen konzipierten Onlinebefragung konnten sich gemäß der Umfragestruktur sowohl (Vereins-)Mitglieder der Landesverbände und des DFB wie auch interessierte Nicht-Mitglieder beteiligen. Mithilfe dieses Verfahrens entstand eine Kontrollgruppe. Die Mehrzahl der Teilnehmenden (mehr als 70 Prozent) ist im DFB organisiert. Das gewählte offene Vorgehen hat sich als Vorteil gegenüber etwaigen Manipulationsversuchen erwiesen, weil sich interessierte Nicht-Mitglieder explizit einordnen konnten. Die Aussagen der "DFB-Mitglieder" und "Nicht-Mitglieder" weisen kaum Unterschiede auf. Entsprechend wird für eine erste Ergebnisdarstellung der Gesamtdatensatz mit allen Teilnehmenden berücksichtigt.

Die gewählte Methodik (Online-Befragung) gilt in der quantitativen Sozialforschung als Standard und garantiert eine anonyme Beteiligung von Personen, die sich zur interessierten Basis des DFB rechnen. Diese offene Herangehensweise hat sich gerade für Studien, in denen sich die Teilnehmenden wertend (positiv wie negativ) äußern können, bewährt.“

Stellungnahme des DFB: "Tendenziös"

In seiner Stellungnahme wertet der DFB die Umfrage noch vor Veröffentlichung der Ergebnisse und ohne Einblicke in die Forschungskonzeption und Datenauswertung als "tendenziös", sie sei "mit seriösen wissenschaftlichen Methoden nicht in Einklang zu bringen". Es gehe "keineswegs um eine wissenschaftliche Untersuchung, sondern vielmehr darum, den Ablauf des Bundestags zu beeinflussen, zu polemisieren und gegen den DFB sowie seine Führungspersonen gerichtete Schlagzeilen zu generieren und zeitgenau medial zu platzieren".

Und weiter: "Alleine durch die Möglichkeit der Mehrfach-Teilnahme ist einer Manipulation Tür und Tor geöffnet." Die Fragen ordnet der DFB als "bewusst suggestiv, manipulativ und einseitig formuliert" ein. "Im Hinblick auf zentrale Compliance-Grundsätze" sei "besonders bemerkenswert", dass es "persönliche Verflechtungen zwischen dem Initiator, Prof. Harald Lange von der Uni Würzburg, und Prof. Silke Sinning gibt." Sinning kandidiert im Team Peters' als Vizepräsidentin. Weiter sagt der DFB, aufgrund von Unzulänglichkeiten besitze die Umfrage mit Blick auf den Bundestag "keine Aussagekraft".

kon