Nationalelf

Für Timo Werner wird die DFB-Auswahl zur Wohlfühloase

Für den Chelsea-Stürmer wird die DFB-Auswahl zur Wohlfühloase

Werner: "Sich verrückt zu machen, ist der falsche Ansatz"

Timo Werner bekam durch seine jüngsten Tore, hier gegen Armenien, eine gewisse "Lockerheit".

Timo Werner bekam durch seine jüngsten Tore, hier gegen Armenien, eine gewisse "Lockerheit". imago images/ULMER Pressebildagentur

Von der Nationalelf berichten Oliver Hartmann, Sebastian Wolff und Matthias Dersch

Chelsea-TV, der klubeigene Sender des FC Chelsea, hat jüngst eine besondere Erhebung angestellt: Die Mitarbeiter der "Blues" untersuchten sämtliche Treffer, die Timo Werner seit seinem Wechsel nach London im Sommer 2020 vom VAR aberkannt wurden - und kamen am Ende auf die erstaunliche Zahl von 16 Toren, die nicht zählten. Meist deshalb, weil Werner zuvor knapp im Abseits stand. Die Frage darf durchaus erlaubt sein, wie der deutsche Nationalstürmer heute wohl von der Öffentlichkeit bewertet würde, wenn auch nur die Hälfte der aberkannten Treffer gezählt hätte - und wie es in diesem Fall um sein Selbstvertrauen bestellt wäre.

Werner erlaubt sich einen positiveren Blick nach vorne

Auch Werner selbst hat sich diese Frage gestellt, als er mit dem Fakt konfrontiert wurde. Das sei "natürlich im Hinterkopf", gibt er am Mittwoch zu, als sich der 25-Jährige in einer kleinen digitalen Medienrunde, an der auch der kicker teilnahm, über sein aktuelles Befinden äußerte. Vor der ersten Länderspielreise im September habe das Selbstvertrauen gefehlt, "auch durch das Pech, dass mir der VAR 16 Tore aberkannt hat". Doch das ist passé, Werner erlaubt sich nun einen positiveren Blick nach vorne - auch dank des neuen Bundestrainers Hansi Flick, der seinen Angreifer auffällig oft beiseite nimmt, um ein paar Worte zu wechseln.

"Es geht darum, wie man sich in bestimmten Situationen verhalten kann auf dem Platz, etwa wenn man den Ball offen bekommt oder mit dem Rücken zum Tor", sagt Werner über diese Gespräche, die ihm konkrete Hilfestellungen geben, vor allem aber auch das Gefühl, wichtig zu sein: "In der Situation, in der ich vor der vergangenen Länderspielreise gesteckt habe, in der ich, auch wenn es zuletzt besser wurde, vielleicht auch noch ein wenig drinstecke, ist es immens wichtig, wenn man hierherkommt und einen Trainer hat, der dir von der ersten Minute an zeigt: 'Ich finde dich nicht schlecht, ich finde dich nicht blind. Wenn wir zusammenarbeiten, dann kann es gut werden'."

Erster Ligatreffer 2021/22 gegen Southampton

Flicks Worte zeigten Wirkung, als man sich im September erstmals traf: Werner erzielte sowohl gegen Liechtenstein (2:0) als auch gegen Armenien (6:0) und Island (4:0) je einen Treffer - und erspielte sich so eine gewisse "Lockerheit", wie er es beschreibt. Und die habe er mitgenommen nach Chelsea. Die Folge: "Dort lief es dann auch etwas leichter von der Hand." Im Heimspiel gegen den FC Southampton (3:1) gelang ihm am vergangenen Samstag sein erster Liga-Treffer in dieser Saison.

Grund zum Ärgern habe man als Stürmer eigentlich immer

Vergebene Torchancen, die Werner früher oft noch lange beschäftigten, hakt er laut eigener Aussage jetzt schneller ab. Stattdessen versucht er, Kraft aus den Szenen zu ziehen, die gelingen. "Es geht darum, sich zu sagen, dass man in jedem Spiel sein Tor gemacht hat, und nicht darum, dass man in dem einen Spiel eine Chance vergeben hat", sagt er mit Blick auf die zurückliegenden Länderspiele. Grund zum Ärgern habe man als Stürmer eigentlich immer. "Sich aber deshalb verrückt zu machen, ist der falsche Ansatz."

Zugute kommt Werner beim DFB, dass Flick auf eine klare Rollenverteilung setzt. Der Chelsea-Stürmer spielt im Zentrum, Leroy Sané und Serge Gnabry attackieren links bzw. rechts von ihm. "Ich glaube, jeder spielt jetzt auf seiner besten Position", sagt Werner, der Flicks Entscheidung begrüßt: "Für unser Spiel ist es gut, dass jeder seine Position hat und jeder weiß, was er für Aufgaben hat." Auch die generelle Ausrichtung des DFB-Teams auf intensives Pressing, eine hohe Verteidigung und direktes Umschaltspiel liege ihm und seinen Sturmpartnern. "Deshalb", sagt er, "kann das jetzt gut klappen." Zunächst in den kommenden Länderspielen gegen Rumänien (Freitag) und in Nordmazedonien (Montag), vor allem aber auch mit Blick auf die WM in Katar, für die sich das DFB-Team bereits in den kommenden Tagen qualifizieren kann.