Nationalelf

Wenig Stabilität, viel Anlass zur Sorge

Warum das 2:3 gegen die Türkei ein empfindlicher Rückschlag ist

Wenig Stabilität, viel Anlass zur Sorge

Konnte die defensiven Probleme bislang nicht abstellen: Bundestrainer Julian Nagelsmann.

Konnte die defensiven Probleme bislang nicht abstellen: Bundestrainer Julian Nagelsmann. IMAGO

Defensive Stabilität hatte der neue Bundestrainer in den Mittelpunkt seines zweiten Lehrgangs gerückt und muss konstatieren: Zumindest im ersten Teil dieser Periode ist sein Plan nicht aufgegangen. 15 sehr engagierten und schwungvollen Minuten samt früher Führung folgte zunächst der Verlust von Dominanz und nach einer halben Stunde auch der jeglicher Kontrolle. Das deutsche Spiel war ungeordnet, vor allem auf der rechten Seite stimmten weder die Abstände noch die Abstimmung. Das mündete vor der Pause in zwei Gegentreffern und auch danach immer wieder in Situationen totaler defensiver Unordnung.

Die defensiven Probleme halten an

Bei der Ursachenforschung für die Niederlage gegen einen Gegner aus der europäischen Mittelklasse darf keinesfalls im Vordergrund stehen, dass der letztlich entscheidende Handelfmeter keine Entscheidung im Sinne des Fußballs war. Entscheidend ist vielmehr, dass es zu einfach bleibt, gegen die DFB-Auswahl Tore zu erzielen. Das war unter Hansi Flick so und ist bislang unter Nagelsmann noch nicht anders. In einer einzigen Partie dieses Kalenderjahres blieb Deutschland bislang ohne Gegentor - beim 2:0 gegen das zweitklassige Peru. In drei Partien unter dem neuen Bundestrainer gab es nun bereits wieder sechs Gegentreffer. Das ist zu viel für Aufbruchstimmung. Und erst Recht für höhere Ansprüche oder gar Titelträume bei der Heim-EM.

Nagelsmanns Arbeit an der defensiven Stabilität ist in der abgelaufenen Lehrgangs-Woche verpufft, ebenso wie ein Experiment gescheitert ist. Denn so zweifelhaft die Handelfmeterentscheidung gegen Kai Havertz auch war, so deutlich wurde dennoch, dass weder dem Offensivmann noch der Mannschaft ein Gefallen damit getan ist, ihn als Linksverteidiger aufzubieten. Der Trainer hatte seinen Versuch damit erklärt, dass sich Havertz nicht permanent auf dieser Position aufhalten solle - wann immer er es tat, war indes Gefahr in Verzug, weil der frühere Leverkusener nicht kaschieren konnte, dass er eben kein Verteidiger ist. Dass er seine stärkste Aktion vor dem gegnerischen Tor - mit dem Treffer zum 1:0 - hatte, ist symptomatisch.

Die Rolle von Havertz und die Suche nach einer Position für den zweifellos Hochbegabten ist gleichzeitig auch symptomatisch für den Zustand der deutschen Mannschaft rund sieben Monate vor Beginn der Endrunde im eigenen Land: In der Theorie schlummern einige Potenziale, in der Praxis gelingt es auch nach dem Trainerwechsel nicht, die gerade für ein Turnier eminent wichtige Stabilität zu erzeugen. Und genau das gibt Anlass zur Sorge.

"Es bleibt die Erkenntnis, dass noch viel Arbeit auf Nagelsmann wartet"

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